Die Stelle ist mehrdeutig.
15 Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern, erstehen lassen. Auf ihn sollt ihr hören
16 nach allem, was du vom HERRN, deinem Gott, am Horeb erbeten hast am Tag der Versammlung, indem du sagtest: Ich möchte die Stimme des HERRN, meines Gottes, nicht länger hören, und dieses grosse Feuer möchte ich nicht mehr sehen, damit ich nicht sterbe!
17 Da sprach der HERR zu mir: Sie haben recht getan [mit dem], was sie geredet haben.
18 Einen Propheten wie dich will ich ihnen aus der Mitte ihrer Brüder erstehen lassen. Ich will meine Worte in seinen Mund legen, und er wird zu ihnen alles reden, was ich ihm befehlen werde.
19 Und es wird geschehen, der Mann, der nicht auf meine Worte hört, die er in meinem Namen reden wird, von dem werde ich Rechenschaft fordern. -
20 Doch der Prophet, der sich vermessen sollte, in meinem Namen ein Wort zu reden, das ich ihm nicht befohlen habe zu reden, oder der im Namen anderer Götter reden wird: dieser Prophet muss sterben.
21 Und wenn du in deinem Herzen sagst: `Wie sollen wir das Wort erkennen, das nicht der HERR geredet hat?',
22 wenn der Prophet im Namen des HERRN redet, und das Wort geschieht nicht und trifft nicht ein, so ist das das Wort, das nicht der HERR geredet hat. In Vermessenheit hat der Prophet es geredet; du brauchst dich nicht vor ihm zu fürchten.
In den Versen 16-18 wird auf 5.Mose5,23-33 hingewiesen. Israel fürchtet sich, Gottes Stimme direkt zu vernehmen, daher soll Mose Gottes Worte vernehmen und sie dem Volk weiterreichen. Versteht man Vers 15 darauf bezogen, dann ist nicht gemeint, daß eine bestimmte Einzelgestalt, einen konkreten Mose 2.0, vorausgesagt wird. Sondern daß Israel auch künftig, immer und immer wieder einen Propheten haben wird, wie jetzt eben den Mose. Auf den sollen sie hören, jede Generation auf den Propheten, der zu ihrer Zeit da sein wird.
Auch die Verse 20-22 klingen nicht danach, als ginge es um nur einen einzelnen Propheten. Vielmehr betrifft das Gesagte jeden weiteren Propheten wie Mose, der nach Mose kommen wird.
Das "ein Prophet wie mich" meint in diesem Sinne "ein Prophet, also genau das, was ich ja auch bin".
Selbstverständlich wurde 5.Mose18,15 aber auch immer wieder individuell verstanden, also daß es um eine konkrete Prophetengestalt geht, nicht um jeden folgenden Propheten. Mit dem "wie mich" wäre dann aber schwerlich ne physische oder biographische Ähnlichkeit gemeint, sondern der prophetische Sonderstatus des Mose. Kurz nach dem Aufbruch vom Sinai in Richtung Kanaan begehrten Mirjam und Aaron gegen Moses Sonderrole auf und sprachen
Hat der HERR nur etwa mit Mose geredet? Hat er nicht auch mit uns geredet?
Gottes Antwort darauf war
Wenn ein Prophet des HERRN unter euch ist, dem will ich mich in einem Gesicht zu erkennen geben, im Traum will ich mit ihm reden. So steht [es] nicht [mit] meinem Knecht Mose. Er ist treu in meinem ganzen Haus; mit ihm rede ich von Mund zu Mund, im Sehen und nicht in Rätselworten, und die Gestalt des HERRN schaut er
Wenn dieses "ein Prophet wie mich" nicht generisch gemeint ist, sondern individuell, dann geht es um die vergleichbare Bedeutsamkeit, nicht um ein "der muß meine Nase haben, und sein Bruder muß Aaron heißen".