Gibt es rationale Gründe an Gott zu glauben? Ich will mal die Sicht eines Agnostikers zum Besten geben:
Mir scheint es fast so, als ob er Begriff "rational" hier im Thread doch sehr vorbelastet und teilweise mehrdeutig verstanden wird. Wenn man mal in einem Wörterbuch stöbert (z.B. dem Duden), dann findet man auch einige Synonyme. Beispielsweise "vernünftig" oder "sinnvoll". Und in diesem Kontext wird klar, dass "rational" eigentlich gar nicht pauschal verstanden werden kann.
Ist es "rational" zu glauben, dass meine Frau mich liebt? Ist es rational, mir ein neues Smartphone zu kaufen? Ist es rational, Physik zu studieren? Diese Fragen lassen sich genauso wenig pauschal beantworten, wie "Ist es rational, an einen Gott zu glauben".
Wieso? Weil die Antwort immer von verschiedenen Randbedingungen abhängt, die in meiner eigenen Person liegen. Von meinem derzeitigen Wissen, von meinen Bedürfnissen, meinen Emotionen, meinem Nutzen aus einer bestimmten Entscheidung usw.
Wenn ich eine Niete in Mathematik bin, dafür aber wunderbar mit Kindern umgehen kann, dann sollte ich lieber Erzieher werden, statt Physik zu studieren. Und wenn ich mir gerade letzte Woche ein neues Smartphone gekauft habe, dann ist es wohl weniger rational, mir heute ein neues Gerät zu kaufen – es sei denn natürlich, mein Altes wurde mir einen Tag danach direkt gestohlen.
Arthur Schoppenhauer schrieb dazu einmal:
"Nicht was die Dinge objektiv und wirklich sind, sondern was sie für uns, in unserer Auffassung, sind, macht uns glücklich oder unglücklich." (oder für die Philosophen – das ist der Unterschied zwischen ontologisch und ephistemisch).
Wie Recht er damit hat! Wenn ich glaube, dass meine Frau mich liebt, dann spielt es hier erstmal keine Rolle, ob dem wirklich so ist.
Und was hat das alles mit Gott zu tun? Nun, die Frage, ob es für mich rational ist, an Gott zu glauben, ist zunächst einmal völlig unabhängig davon, ob es einen solchen gibt oder nicht. Es kann für mich rational sein, an Gott zu glauben, weil ich nicht genug von Naturwissenschaften verstehe – oder womöglich, weil ich mehr davon verstehe als alle anderen. Es kann für mich auch rational sein, an Gott zu glauben, weil es mir Halt gibt im Leben. Weil ich mich nicht damit abfinden kann oder will, dass mein Leben keinen tieferen Sinn hat und ich nur ein kurzer Schluckauf im unendlichen Nicht-Sein bin. Die Gründe sind vielfältig. Aber sie hängen immer vom persönlichen Standpunkt ab.
Ich meine, dass egal wie sehr wir es auch versuchen, wir Menschen immer subjektiv sind. Aus unserer eigenen Sicht macht immer alles absolut Sinn und jeder, der unsere Meinung nicht teilt, liegt zwangsläufig falsch (dies muss ja auch so sein, denn ansonsten hätten wir unsere Meinung ja bereits geändert).
Wenn also jemand Christ sein möchte und dadurch glücklich ist, was spricht denn dagegen? Mal angenommen, es wäre falsch und nach dem Tod ist alles aus. Hat diese Person dann wirklich etwas verloren? In gewisser Weise hat sie zu dem Zeitpunkt "Tod+1" genau dasselbe vom Leben gehabt, wie alle anderen auch. Nämlich nichts mehr. Kann es also falsch sein, wenn man einfach versucht, so glücklich wie möglich zu leben (auf welche Art auch immer?). Wichtig ist daher in meinen Augen lediglich Toleranz. Eine Religion bzw. Weltanschauung, die selbst nicht tolerant ist, kann das im Gegenzug auch nicht erwarten.
@Argus7Ich will hier 2 Punkte als Beispiel herausgreifen, die ich persönlich nicht als rational empfinde, du aber offensichtlich schon:
Immerhin ist die Wahrscheinlichkeit, dass es einen Gott gibt sehr gering, denn Gott ist schließlich nichts anderes als ein Produkt der menschlichen Fantasie.
Ist das so? Wie kommst du darauf? Die Tatsache, dass es viele verschiedene Gottesvorstellungen gibt, hilft uns hier nicht weiter. Um mal eine Analogie zu bemühen: Bei einem Verbrechen gibt es 10 Augenzeugen. Alle haben exakt die selbe Situation beobachtet (natürlich aus unterschiedlichen Blickwinkeln). Und jeder erzählt eine andere Geschichte. Nun mag auch noch einer von den 10 dabei sein, der behauptet, es gab überhaupt kein Verbrechen. Dennoch würde man wohl nicht automatisch diese Version akzeptieren, nur weil sich die anderen 9 ggf. widersprechen. Sprich es mag Argumente gegen einen Gott geben, die Vielfalt der Religion gehört aber sicher nicht dazu. Damit lässt sich bestenfalls begründen, warum eine bestimmte Gottesvorstellung Fantasie ist (und ja, in meinen Augen wird gerade das Christentum dadurch recht schwer getroffen. Aber das ist nur eine persönliche Meinung).
Nicht umsonst ist die Hauptursache für die von der Menschheit geführten Kriege religiös motiviert. Dies zu widerlegen dürfte den Gottesanhängern allerdings schwer fallen.
Damit lehnst du dich aber sehr weit aus dem Fenster. Die Hauptursache aller geführten Kriege soll religiös motiviert sein? Hast du denn Belege für diese Behauptung? Achtung: Oftmals wurden Kriege mit religiösen oder pseudo-religiösen (quasi religiöses Verhalten ist auch ohne Gott möglich) Mitteln gerechtfertigt. Häufig spielte Religion auch in die Motivation mit rein. Die Hauptursache lässt sich aber in meinen Augen nur selten darauf reduzieren. Selbst bei den Kreuzzügen spielten Politik, Macht und Geld eine besondere Rolle. Auch die Ursprünge des Islamischen Staates sind eher politischer Natur. Religion dient(e) hier eher als Katalysator. Wenn du dich darauf beziehst, dann hast du sicherlich Recht.