CDU/CSU

Kies-Richard schrieb:Sigmar Gabriel hat natürlich recht, eine Schmutzkampagne wegens eines Flugblattes nach Jahrzehnten ist ein absolutes Unding.

Warum diese Sache komischerweise ausgerechnet vor der Wahl ausgegraben wird, ist natürlich klar - insofern kann man durchaus von einer Kampagne sprechen die der politische Gegner eingefädelt hat.

Aber das ist doch alles eine Sache, die in beide Richtungen funktioniert: Für Konservative ist es natürlich ganz, ganz böse, wenn jemand in jungen Jahren mit der KPD sympathisiert und Mao gelesen hat - darauf wird nur zu gerne hingewiesen, egal ob das vor 30, 40 oder 50 Jahren war.
Aber wenn Aiwanger mit einem üblen antisemitischen Flugblatt herumgelaufen ist, dann ist das natürlich nur eine Jugendsünde, die man ihm nicht vorwerfen darf, und wenn man es doch tut, ist es eine üble Hexenjagd gegen das arme Hascherl.

Mit solchen Kampagnen stehen sich beide Seiten des politischen Spektrums in nichts nach (und damit will ich weder die eine noch die andere Sache an sich irgendwie bewerten).

brigittsche schrieb:Warum diese Sache komischerweise ausgerechnet vor der Wahl ausgegraben wird, ist natürlich klar - insofern kann man durchaus von einer Kampagne sprechen die der politische Gegner eingefädelt hat.

Zeitgleich denkt Merz über eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes nach ...

https://www.wiwo.de/politik/deutschland/steuerdebatte-cdu-chef-merz-offen-fuer-debatte-ueber-hoeheren-spitzensteuersatz/29369284.html

... und hofft sicher auf genau diese Wählerschaft.

brigittsche schrieb:Aber wenn Aiwanger mit einem üblen antisemitischen Flugblatt herumgelaufen ist, dann ist das natürlich nur eine Jugendsünde

Jügendsünde© habe ich bei der grünen Sarah Lee gelernt, aber wozu wurde der doppelte Maßstab erfunden.
Es ist auch voll logisch, die Grünen greifen Aiwanger und Söder an damit nach der Wahl der Söder mit den Grünen koaliert.

@Abahatschi

1. Ist das von Denen die die Kampagne lancieren sehr kurz gedacht
2. schadet es der Demokratie, wenn mit Schmutzkampagnen Wahlen gewonnen werden wollen

@Kies-Richard

Kies-Richard schrieb:Also was da eine Kampagne gefahren wird, gegen eine Partei, die nichtmal die AfD ist, ist einfach ziemlich verstörend und schädlich für unsere Demokratie.

Wo wird denn eine Kampagne gegen eine Partei gefahren? Es gibt ja noch nicht einmal eine Kampagne gegen Aiwanger selbst, sondern lediglich Fragen über dessen Lebenswandel, die nach dessen Auftritten während der letzten Jahre durchaus berechtigt sind. Im Prinzip sollte bereits Aiwangers Aussage "Deutschland sei nur eine formale Demokratie" ausreichen, um ihn als Minister zu entlassen.

@brigittsche

brigittsche schrieb:Warum diese Sache komischerweise ausgerechnet vor der Wahl ausgegraben wird, ist natürlich klar ...

Also mir ist das nicht klar, warum wurde es denn kurz vor der Wahl ausgegraben? Und warum sollte das nicht legitim sein?

Vorschlag: alle Schülerakten aller Politiker im Amt werden offen gelegt, nicht dass da noch paar Nazis oder Demokratiefeinde sind.

Abahatschi schrieb:Jügendsünde© habe ich bei der grünen Sarah Lee gelernt, aber wozu wurde der doppelte Maßstab erfunden.

Ja, und das ist ja das, was ich sage: Wenn es bei den Grünen böse ist, ist es das bei Aiwanger eben auch. Wer sich über den doppelten Maßstab beschwert, sollte immer daran denken, dass das eben auch nach hinten losgeht. Wer auf die Grünen schimpft, muss dann eben auch Aiwanger kritisieren und wer Aiwanger eine Jugendsünde zugesteht, muss das dann auch bei den Grünen...

@brigittsche
Und umgekehrt: wer bei Sarah Lee sagt das war eine Jugendsünde und sie im Vorstand der Grüne Jugend holt, der darf nicht Aiwangers Rücktritt fordern, schon gar nicht aus Sippenhaft.

Abahatschi schrieb:Und umgekehrt:

Eben. Wie haben wir als Kinder immer gesagt: Wer mit einem Finger auf die anderen Leute zeigt, der vergisst, dass die anderen Finger an seiner Hand auf ihn selbst zeigen.

Kies-Richard schrieb:Polemik. Ganz dünnes Eis für unsere Demokratie wenn jetzt jede rechte Partei mit der AfD und Nazis gleichgesetzt wird. Und es gibt wahrlich Schlimmeres als ein dümmliches Flugblatt eines Jugendlichen.

@Kies-Richard
Es geht doch nicht nur um dieses Flugblatt (das keine Jugendsünde ist, sondern den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt),
es geht für mich vor allem, um seine halbherzigen Rechtfertigungen.
Warum zieht er nicht einen klaren Strich und sagt: Was war ich damals für ein Idiot...

Glaubst du, der Text stammt von seinem Bruder?

Abahatschi schrieb:Vorschlag: alle Schülerakten aller Politiker im Amt werden offen gelegt, nicht dass da noch paar Nazis oder Demokratiefeinde sind.

Vernünftige Idee, Lehrer sollten ihre Schüler überwachen und ihre Vergehen aufzeichnen um sie später anschwärzen zu können.

frauZimt schrieb:Warum zieht er nicht einen klaren Strich und sagt: Was war ich damals für ein Idiot...

Ich denke, das ist irgendwie ein Problem von Politikern generell: Das fängt bei so jemandem an wie Filbinger und geht bis zu Guttenberg, beide haben geleugnet, versucht zu Rechtfertigen und hatten nicht das Format, sich hinzustellen und bestimmte Dinge eben zuzugeben.
(Ohne dass ich die beiden jetzt auf eine Stufe stellen will).

Und natürlich gibt es auch aus dem anderen politischen Spektrum Leute, die man als Beispiel bringen könnte.

Wahrscheinlich hat das auch etwas damit zu tun, dass man von seinem politischen Umfeld ständig gesagt bekommt, was für ein toller Hecht man doch ist. Und da geht die Selbstkritik verloren. Mal abgesehen davon, dass sich so mancher politischer "Freund" aus der eigenen Partei klammheimlich die Hände reibt, wenn der Konkurrent ins Messer läuft.....

frauZimt schrieb:Warum zieht er nicht einen klaren Strich und sagt: Was war ich damals für ein Idiot...

Weil das nicht so einfach ist, wenn er es denn war. Wenn er sagt: "Ja, das habe ich als dummer Jugendlicher verfasst, ich distanziere und entschuldige mich dafür", dann stellt sich die Frage ob das Thema für die (nicht immer faire) politische Opposition erledigt ist. Ich denke nicht, man wird nicht etwa sagen: "Ja, gut er hat sich ja entschuldigt", man wird bei jeglicher politisch-rechten Äußerung sagen: "Der Mann war früher ein Nazi und ist heute auch noch einer."

Das Problem ist dass die Politik nicht so fair ist, wie man das teilweise aus dem normalen Leben vielleicht kennt.

Kies-Richard schrieb:Wenn sich Aiwanger von der Sache distanziert, sollte man ihn aus Fairness auch als Opposition gegen diese politische Kampagne unterstützen.

Das ist doch das Problem! Aiwanger distanziert sich nicht von diesen antisemitischen und rassistischen Ausfällen. Dazu kommt noch seine stramm nationalsozialistische Gesinnungshaltung in dieser Zeit.

Ja, das ist alles verjährt und nicht strafrechtlich relevant. Es geht allem aber um die Aufarbeitung der Dinge von damals:
Wer sich glaubhaft davon distanziert, der kriegt immer eine 2. Chance. Das ist das Wesen eines Rechtsstaates und nicht eines rechten Staates.

Das Opfergeheule von Aiwanger ist eklig und entlarvt ihn weiterhin, das bei ihm stabil nationalsozialistisches Gedankengut zum guten Ton im Kuhstall gehört. Widerlich!

Kies-Richard schrieb:Und es gibt wahrlich Schlimmeres als ein dümmliches Flugblatt eines Jugendlichen.

Das ist Holocaust-Relativierung! Wer mit 17 nicht die Tragweite solcher Texte erkennt, ist
a) nicht reif genug für eine weitere Laufbahn in Politik oder anderen Ämtern
b) stabil faschistisch unterwegs, weil man genau weiß, was man geschrieben hat

Africanus schrieb:Es gibt ja noch nicht einmal eine Kampagne gegen Aiwanger selbst, sondern lediglich Fragen über dessen Lebenswandel, die nach dessen Auftritten während der letzten Jahre durchaus berechtigt sind.

Jepp, und genau diese Fragen sind berechtigt. Nach seiner Erdinger Hetzrede haben sich das wohl mehr Menschen in Bayern gefragt und vor allem diejenigen, die schon damals solche widerlichen Ergüsse ertragen mussten.

Söder ist gut beraten, nach der Wahl Aiwanger zurück in den niederbayrischen Sumpf zu schicken.

brigittsche schrieb:Wenn es bei den Grünen böse ist

Das war es halt eben nicht. Frau Heinrich hat sich mit 15 und dann noch im Alter von 18 Jahren rassistisch geäußert und das hatte keine Konsequenzen. Selbst die Medien haben sie verteidigt. Im Alter von 15 hat sie einen antisemitischen Tweet verfasst.

Der ehemalige Außenminister und Vizekanzler Joschka Fischer hat als junger Mensch Steine auf Polizisten geworfen.

Kies-Richard schrieb:Weil das nicht so einfach ist, wenn er es denn war. Wenn er sagt: "Ja, das habe ich als dummer Jugendlicher verfasst, ich distanziere und entschuldige mich dafür", dann stellt sich die Frage ob das Thema für die (nicht immer faire) politische Opposition erledigt ist. Ich denke nicht, man wird nicht etwa sagen: "Ja, gut er hat sich ja entschuldigt", man wird bei jeglicher politisch-rechten Äußerung sagen: "Der Mann war früher ein Nazi und ist heute auch noch einer."

Naja, aber wenn er nun halbherzig herumlaviert und sich in die Opferrolle flüchtet, wird es besser? Das glaube ich nicht, dann wird man eben sagen: "Jaja, der, hat es nicht mal fertiggebracht, sich zu entschuldigen und sich zu distanzieren. Wahrscheinlich weil er immer noch ein Nazi ist...." Wenn er aber offensiv damit umgehen würde, hätte er immerhin den moralischen Vorsprung sagen zu können: "Ja, sicher, das war scheiße. Aber ich habe mich geändert und sehe das ein. Rückgängig machen kann ich es leider nicht, aber ich habe mich dem wenigstens gestellt......" Damit würden dann die Vorwürfe ins Leere laufen.

Nur braucht man dazu eben ein gewisses persönliches Format.

Kies-Richard schrieb:Das war es halt eben nicht

Ich habe mich nicht auf offizielle Medienberichte bezogen sondern auf die Äußerungen von Aiwanger-Verteidigern hier und in anderen Diskussionsforen (z. B. welt online, kannst Du selbst nachlesen) und die dort geäußerte Argumentation. Wenn es bei Aiwanger für Dich ok ist, dann kannst Dich eben auch nicht auf die Grünen oder andere Parteien beziehen und den Leuten Dinge vorwerfen, die Du bei Aiwanger als Jugendsünde oder eben böse Hetzjagd gegen das arme Hascherl abtust. Damit misst Du dann genauso mit zweierlei Maß wie Du es anderen vorwirfst.
So herum funktioniert Deine Argumentation nämlich auch.

SvenLE schrieb:Das ist Holocaust-Relativierung! Wer mit 17 nicht die Tragweite solcher Texte erkennt, ist
a) nicht reif genug für eine weitere Laufbahn in Politik oder anderen Ämtern
b) stabil faschistisch unterwegs, weil man genau weiß, was man geschrieben hat

Ich erkenne da keine Holocaust-Relativierung, im Gegenteil denn der Verfasser gibt ja mehr oder wenigen den damaligen Kenntnisstand eines Jugendlichen über den Holocaust wieder, natürlich sehr geschmacklos. Damals (1988) waren noch Dachau und Auschwitz die bekanntesten Lager für Westdeutsche. Erst nach der Wiedervereinigung und dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurden die dortigen Archive geöffnet und man hat von den anderen KZ, Vernichtungslagern und den Massenerschießungen im Osten erfahren. Juden werden im Flugblatt auch nicht erwähnt.

a) Du meinst also kein (junger) Mensch macht mal einen Fehler. Und wie ist das mit unserem Strafrecht in Verbindung zu bringen, dass selbst Schwerkriminelle nach einer Verjährung straffrei bleiben?

b) Ich denke nicht dass man mit 17 den großen Überblick hat, über das was man tut. Bei anderen Personen im politischen Bereich wird da ja auch Rücksicht drauf genommen.

Kies-Richard schrieb:Damals (1988) waren noch Dachau und Auschwitz die bekanntesten Lager für Westdeutsche

Blöd, dass der Herr Aiwanger schon 1987 eine Klassenfahrt in der DDR gemacht hat, bei der auch ein KZ (Buchenwald?) besucht worden ist.
Rate mal, wer da negativ mit entsprechenden Sprüchen aufgefallen ist.
https://www.tagesspiegel.de/politik/aiwanger-affare-witze-uber-juden-und-weitere-entgleisungen-10390327.html

Kies-Richard schrieb:Juden werden im Flugblatt auch nicht erwähnt.

Die Erwähnung von Auschwitz ist ein ganz klarer Beleg dafür, das derjenige weiss, was dort passiert ist. Dort wurden Menschen aufgrund verschiedenster Kriterien (Herkunft, Religion, Sexualität) ermordet.

Kies-Richard schrieb:Du meinst also kein (junger) Mensch macht mal einen Fehler.

Wir machen Fehler unser Leben lang. Kluge Menschen lernen daraus und handeln entsprechend und vor allem stehen Sie dazu und können Ihre Handlungen reflektieren.

Das kann und macht Aiwanger nicht.

Kies-Richard schrieb:Ich denke nicht dass man mit 17 den großen Überblick hat, über das was man tut.

What? Man steht kurz vor der Erwachsenenreife, die einem die volle Souveränität und Strafmündigkeit beschert und du behauptest, die meisten Menschen haben kein Überblick darüber, was um Sie herum passiert. Das ist an Einfältigkeit kaum noch zu unterbieten.

Was für mich noch nicht ganz klar ist, wenn Aiwanger ein Nazi ist, was macht er bei den FW?

SvenLE schrieb:er mit 17 nicht die Tragweite solcher Texte erkennt, ist
a) nicht reif genug für eine weitere Laufbahn in Politik oder anderen Ämtern

Ja, richtig, mit 17 war er offensichtlich nicht reif dafür. Gut dass er 52 ist.