Kokolores82 schrieb: Ich kann als Führungskraft auch keine 4 Wochen am Stück Urlaub machen, da würde mir mein Chef einen Vogel zeigen. Da stellt sich mir auch die Frage, war Ihr Urlaub von irgendwem so abgesegnet worden?
Ich glaube, das Problem liegt tatsächlich auch bei der Konstellation. Ich habe ja drei Kinder - es gibt bei kleineren Kindern einfach Situationen, wo die ihre Mutter brauchen, bzw. klar kannst du deinen Alltag so gestalten, dass deine Kinder dich nicht sehen wollen, weil die gesamte Familiendynamik an dir vorbeigeht. Aber das willst du als Mutter dann auch nicht. Das wäre das System Nahles. Oder auch von der Leyen.
Das System Familie braucht Energie und Zeit. Eine führende Rolle braucht auch Energie und Zeit. Das in der Balance zu halten ist schon schwierig, wenn nicht unmöglich. Daher kann ich mir vorstellen, dass sie, als dann noch die Krise hereinbrach (wobei sie den Urlaub sicher vorher gebucht hatte) nur noch den Gedanken hatte "raus aus der Belastung", das so kommunizierte und daher frei bekam. Eigentlich hätte es aber auch klar sein müssen, dass ihr das auf die Füsse fällt.
klompje1 schrieb: dachte in diese zeit wäre das passiert. Untersolche umstände ein zweitjon anzunehmen fragt man sich wie gut sie in wirklichkeit ist wenn es zu Katastrophe kommt. Da hat sie als Frau wie ich finde nicht gut reagiert.
Kokolores82 schrieb:Ich würde das mal ganz unabhängig vom Geschlecht ansehen.
Ich finde auch, dass hier eine Geschlechtsdebatte entsteht, die keine sein darf. Ich würde die Theorie aufstellen: Wenn ich eine hands-on Mutter sein möchte, schaffe ich es nicht, nebenher noch eine 100% Führungsrolle auszufüllen, weil mir einfach die Zeit und Energie nicht reicht, egal, wie sehr ich jongliere und mir externe Hilfe hole. Da gibt es nur zwei Möglichkeiten (1) warten, bis die Kinder größer sind oder (2) die Kinder "outsourcen", dass müttlicherliche bzw. elterliche Aufgaben von externen Dienstleistern übernommen werden.
shionoro schrieb:Welcher high profile politiker der letzten legislaturperiode hat eigentlich nicht ab und zu mal geflunkert wenn die wahrheit schlecht aussah?
Das Problem sind einerseits die Standards, andererseits aber auch die Ansprüche: Allerdings: Die Politik ist ein ziemlich gut bezahltes Geschäft. Das ist so, damit die Leute unabhängig sind. Die Möglichkeit des Nebenverdienstes besteht ja primär, dass man z.B. Unternehmen, die man vorher aufgebaut hat, weiterführen kann, z.B. eine Kanzlei, eine Firma ...
Was dann aber sonst noch an Einkünften passiert, ist wirklich problematisch.
Frau.N.Zimmer schrieb:Du hast ja Recht und ich bin da auch bei dir. Was bringt das aber nachträglich? Wird doch auch nicht besser, wenn sie ihr alle Bezüge streichen. Mit schlimm meinte ich auch eher die menschliche Komponente. Kinder, Familie, Freunde... da schämt man sich doch wie ein Bettnässer. Für mich wäre das schlimmer als Abstriche beim Gehalt. Aber gut, ich bin auch nicht das Maß aller Dinge :D
Da bin ich bei dir, sie wird das auch nicht mehr los werden: Ach, ist das nicht Frau Spiegel, die ...
Kokolores82 schrieb:Da erwarte ich aber auch eine gewisse Resilienz von Menschen die so einen Posten ausfüllen.
Und wenn ich Politiker werde, weiß ich wohl, dass es in den meisten Fällen kein Kindergeburtstag ist, oder?
Das ist das Problem - Ich (drei Kinder) hatte auch Ambitionen. Es ging einfach nicht. Ein Vollzeitjob + die drei Kinder haben mein Leben zu 120% ausgefüllt, v.a., als das erste Kind in die Schule kam und dort Unterstützung gebraucht hat. Da musste man die Kinder plötzlich in zwei Gruppen teilen und jedes Elternteil war gut ausgelastet.
Ich behaupte: Man schafft es nicht, mehrere Kinder großzuziehen (in einer Art, wo man auch noch Verantwortung hat) + einen anspruchsvollen Posten zu übernehmen. Genau das ist es, was die Politik gerade will, diese "es geht alles" Mentalität. Du kannst ja z.B. auch nicht als Vollzeitärztin arbeiten (mit bis zu 60 Stunden), ohne, dass dein Kind zu kurz kommt.
shionoro schrieb:Der Punkt ist aber, dass an andere Minister und Entscheidungsträger andere Ansprüche als an Frau Spiegel angesetzt werden, und das ist unfair.
Ich finde schon, dass es andere Fälle gibt, die man mit der gleichen Härte hätte verfolgen müssen. Aber: Das hier war gerechtfertigt. Es war nicht zu rechtfertigen, dass Frau Spiegel vier (!) Wochen in Frankreich weilt (während der Rest der Republik übrigens Urlaub auf Balkonien machte, wegen Corona), während eine riesige Umweltkatastrophe in ihrem Zuständigkeitsgebiet stattgefunden hatte.
Bei der Position und dem Gehalt hat sie eine moralische Verpflichtung. So doof das ist. Das ist in vielen Führungspositionen so. Die Firma, in der mein Vater arbeitete, fusionierte - es waren drei Tage total toughe Verhandlungen, da hing auch die Zukunft von x Mitarbeitern daran - es war so, dass die Frau des Seniorchefs am ersten Morgen verstarb - er kam etwas später, sagte kein Wort, fokussierte drei Tage auf die Verhandlungen und nach Vertragsabschluss zog er sich zurück. Man kann das nicht gut finden, für ihn war das sicher auch eine wahnsinnge Kraftanstrengung, aber es gibt Situationen, da muss man das so tun, in einer gewissen Position.
Kokolores82 schrieb: In solch einer Situation wie dem Hochwasser, habe ich mich als Politiker nicht in den Urlaub zu begeben, ganz einfach! Und schon gar nicht für einen ganzen Monat. Sie hat sich über all die Menschen gestellt, die vom Hochwasser betroffen waren/sind.
Hier fehlt jede Sensibilität - ich kenne übrigens niemanden in einer leitenden Funktion, der sich das leisten kann. Vier Wochen sind auch eine sehr krass lange Zeit, mal sieben Tage oder so, da hätte niemand was gesagt.
Tron42 schrieb:Also ich sehe darin persönlich kein Problem. Schliesslich hat uns Corona geleert, dass alles auch im Homeoffice zuerledigen ist. Schon mal was von Internet & Co gehört ? Handys ? Erreichbarkeit 24 Std ? Die Politikerin muss ja schliesslich nicht 24 Std vor Ort sein.
Im Umkehrschluss geht es aber auch nicht, dass sie 28 Tage überhaupt nicht vor Ort ist und fast 1000km entfernt weilt (und dadurch zeigt, dass sie gar nicht vorhat, zu kommen). Du triffst ja auch Entscheidungen, die du vor Ort prüfen musst bzw. du musst ja die Lage prüfen, bevor du diese Entscheidungen triffst. Klar kannst du dir eine Expertenmeinung einholen, aber nicht remote.
Ich erwarte ja von meinem Ministerpräsidenten auch, dass er im Ländle residiert und nicht auf Mallorca, weil es da im Winter schöner ist.