Tripane schrieb:Aber ich kann es relativ kurz machen: Ich erkenne die Probleme die du da andeutest tatsächlich nicht.
Uff.
Tripane schrieb:Womöglich liegt es ja daran, dass ich in das System freie Marktwirtschaft viel weniger hineinlege als du.
Eher das Gegenteil - du gehst da sofort in eine Systemfrage, wo ich nur von einer sprachlichen Kuriosität schreibe. Okay, das mag dem Thread geschuldet sein und ehrlicher Weise ist das natürlich Teil meiner Haltung. Aber man kann das erstmal voneinander trennen. Aber bevor ich das versuche nochmal auf das eingegangen was du schreibst:
Tripane schrieb:"Frei" bedeutet in diesem Zusammenhang ja weder narrenfrei, noch, dass es keine Gesetzgebung geben kann, welche die Wirtschaft nich hier oder da einschränkt bzw. maßregelt.
Tripane schrieb:Es werden Steuern gezahlt, der Handel mit vielerlei Dingen ist verboten oder stark eingeschränkt (Giftstoffe, Waffen, geschützte Pflanzen oder Tiere u. vieles mehr).
Okay, wir hatte uns darauf geeignet, das man "rentabel" als moralische Wertung betrachten
kann. Aber hier zeigst du deutlich, dass bestimmte rentable Handlungen durch Gesetze (die ja hoffentlich moralische Werte zur Geltung bringen) eingeschränkt, ja sogar verboten werden.
Konkreter: Was für einen Einzelnen rentabel ist, kann aus übergeordneter Sicht moralisch verwerflich sein und das so sehr, dass wir es verbieten. Etwa der Handel mit Waffen oder Drogen, da zeigt sich das sehr deutlich. Ist das für dich verständlich und stimmst du mir darin zu?
Tripane schrieb:Schon alleine dem Glauben, Menschen würden durch die Marktwirtschaft erst gierig und verdorben, seien aber als Apparatschiks in einer alles kontrollierenden Behördenstruktur von Natur aus humanitär und sozial, kann ich mich nicht anschließen.
Das sagte ich doch nie, an keiner Stelle. Ich habe mich gegen die Idee verwahrt, dass es eine wie auch immer geartete "Natur des Menschen" gäbe, die uns diktieren würde wie unsere Gesellschaft auszusehen hat. Vor allem in einem solchen Umfang, dass nur ein kapitalistisches System möglich ist, eben weil die Menschen von Natur aus "gierig und verdorben" sind (oder doch zumindest ein großer Teil). Diese Idee lehne ich entschieden ab, ich halte die Menschen im Allgemeinen nicht für "gierig und verdorben" weder von Natur aus, noch durch "das kapitalistische System" oder die Marktwirtschaft.
Ich halte uns durchaus für begriffsstutzige Affen, nicht in der Lage über denen eigenen Tellerrand zu schauen, aber nicht für bösartig
;)Zurück zu dem was mich da eigentlich reizte und was hier jetzt nur am Rande auftaucht und (kurz) weg von der "Systemfrage". Wenn hinter der Idee des "persönlichen Profits" (rentabel) eigentlich eine moralische Wertung steckt, dies aber durch den Sprachgebrauch in eine ökonomische Wertung umgedeutet wird ergeben sich zwangsläufig Probleme.
Nimm das Freundschaftsgeschenk - du profitierst davon jemandem etwas zu schenken, einfach weil du dich darüber freust. Völlig absurd wäre es, da jetzt berechnend ranzugehen.
Überspitztes Beispiel:
Ich schenke Heinz nur was, wenn mich das richtig freut. Und nur wenn mir die Freude wenigstens soviel wert ist wie der Preis des Geschenks. Eigentlich sollte die Freude sogar mehr wert sein. Also schenk ich was so für 25€. Besser 10€. Und Karl bekommt nix, der hat sich letztes mal noch beschwert über die Socken, da konnte ich mich auch nicht ordentlich freuen, das lohnt nicht.
Eine solche berechnende Haltung stößt die meisten ab, aus gutem Grund, es führt die Idee des "Gewinns für alle durch gegenseitiges Geben & Nehmen" ins Absurde. Und hier sind wir nur auf einer ganz persönlichen Ebene, heben wir das Problem auf eine größere, etwa auf eine institutionelle wird es gravierender.
Etwa wenn sich ein Staat oder eine Firma mit der Rechtfertigung "es würde sich nicht lohnen" einer moralischen Handlung verschließt oder umgekehrt amoralisch handelt, "weil es sich lohnt". Beispiel: wenn eine Firma keine Medikamente in einer Notsituation verkauft, weil der Gewinn zu klein ist oder fröhlich Atombomben vertickt, weil das so profitabel ist.
Kurzum: wenn wir moralische Wertungen ökonomisieren, laufen wir Gefahr in einem berechnenden Egoismus zu landen - schlicht weil wir uns nicht mehr im Klaren darüber sind, dass "Profit" oder "Rentabilität" von den von uns angebrachten Wertmaßstäben abhängt und nicht in der Natur der Sache liegen. Das ist keine Notwendigkeit, sondern eine akute Gefahr, eine moralische Marktwirtschaft damit durchaus möglich.
Ich hoffe, dass was ich sagen wollte ist damit deutlicher und verständlicher geworden.