paxito schrieb:Konkreter: Was für einen Einzelnen rentabel ist, kann aus übergeordneter Sicht moralisch verwerflich sein und das so sehr, dass wir es verbieten. Etwa der Handel mit Waffen oder Drogen, da zeigt sich das sehr deutlich. Ist das für dich verständlich und stimmst du mir darin zu?
Ja.
Ich hatte auf diesen gesamtheitlichen Beitrag von dir grade selber eine seitenlange Antwort auf dem Bildschirm. Habe sie aber wieder verworfen, weil sie mir zu langatmig wurde. Ich versuche den Kern zu entdecken, wo wir den Dissens haben.
Und ich denke, es ist mir nun (zumindest halbwegs) klar.
paxito schrieb:du profitierst davon jemandem etwas zu schenken, einfach weil du dich darüber freust. Völlig absurd wäre es, da jetzt berechnend ranzugehen.
Ja, richtig. Aber es gibt keine exakte zu ziehende Grenze zwischen Berechnung und Freude. Das "Paradoxon" ensteht erst, wenn man diese scheinbaren Widerspruch sprachlich so süffisant zerlegt. Die Wahrheit ist doch, dass wir sehr wohl "rechnen". Nur eben nicht immer mit Bilanzen und Mathematik. Dennoch laufen in unserem Hirn Dutzende oder Hunderte Erwägungen und Gewichtungen ab, wenn wir Alltagsentscheidungen treffen, ohne dass wir uns jeweils dessen bewußt werden.
paxito schrieb:Eine solche berechnende Haltung stößt die meisten ab, aus gutem Grund, es führt die Idee des "Gewinns für alle durch gegenseitiges Geben & Nehmen" ins Absurde. Und hier sind wir nur auf einer ganz persönlichen Ebene, heben wir das Problem auf eine größere, etwa auf eine institutionelle wird es gravierender.
Nein, ich denke jetzt sind wir "mittendrin" im Dissens. Denn genau für diese Passage habe ich so gut wie kein Verständnis.
Hier offenbart sich mMn massivstes Vollkaskodenken.
Erstens ist der Unterschied zwischen den verschiedenen Arte des Profits sehr fließend. Niemand tut etwas, wenn er sich dadurch nicht in
irgendeiner Weise einen Verbesserung seiner Situation erhofft. Ob diese Verbesserung (der "Profit") in Aktiengewinn oder durch Wohlgefühle erfolgt, mag zunächst recht unterschiedlich erscheinen, aber ich halte es keinesfalls für eine gute Basis, daraus alleine moralische Wertungen zu ziehen.
paxito schrieb:Kurzum: wenn wir moralische Wertungen ökonomisieren, laufen wir Gefahr in einem berechnenden Egoismus zu landen - schlicht weil wir uns nicht mehr im Klaren darüber sind, dass "Profit" oder "Rentabilität" von den von uns angebrachten Wertmaßstäben abhängt und nicht in der Natur der Sache liegen. Das ist keine Notwendigkeit, sondern eine akute Gefahr, eine moralische Marktwirtschaft damit durchaus möglich.
Ich sehe nach wie vor den Widerspruch nicht. Besser gesagt, ich sehe ihn, aber hat für mich keine besondere Qualität, da wir mit solchen Widersprüchen ständig umzugehen haben und das normalerweise auch ganz gut hinbekommen. Statt schwarz oder weiß entscheidet man sich eben manchmal für grau. Manche Widersprüche sind eingfach nur Abwägungsfragen. Das wissen wir, und sind daher ständig aufgerufen, Kompromisse zu machen. Und das machen wir doch auch. Die Details handeln wir jeden Tag aufs Neue aus. Manchmal gemütlich, seltener mit Drohungen, noch seltener mit Gewalt oder vor Gericht.
Ich sehe keine Systemänderung, die grundsätzlich mehr Moral in den Handel oder in die Wirtschaft bringen könnte!
Nochmal dazu:
paxito schrieb:Beispiel: wenn eine Firma keine Medikamente in einer Notsituation verkauft, weil der Gewinn zu klein ist
Das sind sicher üble Situationen. Einfach wegen des Interessenkonfliktes. Aber wenn einem darauf nur einfällt (was ich dir persönlich jetzt nicht unterstelle), dass alle Schuld für diesen Konflikt ausschließlich beim Konzern zu suchen ist, dann sehe ich da eher erstmal eine höchste dekadente Gesellschaftshaltung, die natürlich immer auch einen Preis hat.