Infidel schrieb:Und dann kommt...oh surprise...nicht der Kommunismus sondern die verbesserte Version von Kapitalismus. Und in dem einen oder anderen Land vielleicht Sozialismus, aber auch dieser hat viele Facetten.
Da müssen wir keine 100 Jahren warten.
Wirtschaftswissenschaftliche Dogmen der letzten 40 Jahren sind in den letzten 10 Jahren reihenweise gefallen und das Resultat ist jetzt ein sehr anderer Kapitalismus als das was wir noch vor der letzten Finanzkrise hatten.
Die Wertedebatte
Wie fünf Ökonominnen Wirtschaft und Politik neu verbinden
Diese Ökonominnen entrümpeln die Wirtschaftswissenschaften von alten Glaubenssätzen und entwickeln neue Theorien für das 21. Jahrhundert: Mariana Mazzucato, Kate Raworth, Esther Duflo, Stephanie Kelton und Carlota Pérez.
https://www.deutschlandfunk.de/die-wertedebatte-wie-fuenf-oekonominnen-wirtschaft-und.1184.de.htmlSozialismus und Kapitalismus schließen sich übrigens nichts gegenseitig aus.
Aus US Perspektive ist Deutschland bereits beides.
Unsere Sozialsysteme sind für US-Standards bereits tief sozialistisch. (bspw. der Umstand, dass bei uns jeder Krankenversichert ist)
Trotzdem ist Deutschland ein kapitalistisches Land.
Ich denke der Hauptunterschied zwischen unserem bestehenden Wirtschaftssystem und einem theoretischen System, dass wir in Zukunft haben werden ist, dass die Wirtschaft jetzt zum Selbstzweck private Profite als zentralen Motivator kennt, während ein zukünftiges System gesamtgesellschaftliche Interessen und den Menschen in den Mittelpunkt stellen wird.
Das Problem das wir jetzt haben ist doch folgendes: Unser Wirtschaftssystem basiert auf der Annahme, dass es letztendlich für alle am Besten ist, wenn sich jeder für sich selbst ökonomisch-rational und egoistisch verhält ("Rising tide lifts all boats") und sich Staaten so weit wie möglich aus den Märkten raus halten sollen.
Das haben wir jetzt 40 Jahre probiert und die Ergebnisse sind Wachstum, extremer Reichtum für ganz wenige, katastrophale Umweltzerstörung, Zersetzung von Demokratien durch die korrumpierende Wirkung des Großkapitals, globale hochskalierte Ausbeutung und extreme Ungleichheit.
Und das Ganze ist so weit davon entfernt nachhaltig zu sein, dass wir, sollten wir so weiter machen wie bisher, den Planeten so dermaßen zerstören würden, das er am Ende dieses laufenden Jahrhunderts nicht einmal mehr die Hälfte der aktuellen Weltbevölkerung ernähren könnte.
Jetzt stellt sich die Frage ob wir das wollen bzw. was wir stattdessen wollen.
Und dann geht es darum gute Wissenschaft zu machen, denn wir müssen Ursachen und Wirkungen genau zuordnen.
Welche Teile unseres aktuellen System sind die Pathologien die zu den Problemen führen die wir sehen? Wie können wir diese Pathologien entfernen und durch besseres ersetzen?
Das sind keine Debatten die man irgendwelchen Ideologen überlassen sollte. Lange genug haben wir neoliberale Ideologen gehört und es hat uns in eine richtige Scheiß Situation gebracht.
Es geht nicht um Kapitalismus oder Kommunismus, sonder darum was wir erreichen wollen, wie wir leben wollen und welche Maßnahmen wir treffen müssen um dieses Resultat möglichst gut zu erreichen.
Ich bin nur überzeugt davon, dass die Lösungen für unsere Probleme in den allermeisten Fälle nach aktueller Einordnung als "sozialistisch"
eingestuft werden würden.
Aber würde man 60 Jahre zurück gehen wären diese Einordnung schon wieder anders.
Über die letzten 40 Jahre wurden die deutsche, aber auch viele andere westliche Gesellschaften einfach extrem stark neoliberal indoktriniert. Das hat unsere Perspektiven stark verzerrt.