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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

3.315 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Skandal, NPD ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

05.07.2024 um 13:45
Zitat von HansEinAndererHansEinAnderer schrieb am 09.06.2024:Was sind eure Meinungen dazu?

*Der NSU als Terrorzelle- jahrelang gemordet aber zu nichts bekannt, keine Bekennerschreiben, keine Mitteilungen. Die Polizei hat jahrelang nicht in die rechte Richtung gedacht.... warum haben sie sich zu nichts bekannt? Warum nicht auf ihre Ziele aufmerksam machen?

*Warum eine Polizeistreife überfallen? Um eine Dienstwaffe zu rauben? Sie hatten doch genug Waffen und es gibt einfachere und sicherere Wege um an Waffen zu gelangen im Zweifelsfall.

*Keine DNA Spuren der Täter an den Tatorten gefunden? Ist das so korrekt? Soweit ich weiß wurden die Waffengürtel der Polizisten jahrelang nicht ausgewertet und das obwohl die Täter mit großer Kraftanstrengung dort Hand angelegt haben müssen.....auch hier allerdings keine DNA Spuren gefunden von Mundlos und Co.

*Gedanke: diese V- Männer Geschichte ist eine gute Möglichkeit gewesen Geld in die Szene bekommen, gebracht haben sie allerdings nicht viel wie es scheint. Was ist das für eine Verzahnung von Polizei und rechter Szene?
Warum wurden soviele Akten vernichtet?

Bin gespannt auf Eure Gedanken.
Mich fasziniert dieser ganze NSU komplex sehr.
Aber er frustriert mich auch. Es erscheint wie ein Fraktal, schau ich ihn mir im ganzen an, so bleiben viel mehr Fragen und Ungereimtheiten als Antworten. Geh ich in einzelne Teilaspekte oder Morde, so ist dies genauso.
Du hast ja schon vieles aufgelistet.
Es gibt keinen roten Faden, keinen Sinn in diesem ganzen Komplex.
Jahrelange Ermittlungsarbeit, ein gigantischer Prozess, ein Geständnis der Hauptangeklagten und wie sind nicht viel Schlauer als damals.

Das lädt natürlich ein sich selbst einen roten Faden zu suchen und eine innere Logik finden zu wollen und schon schwurbelt man sich seine Verschwörungstheorie, angepasst an sein politisches Weltbild, zusammen.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

08.07.2024 um 22:33
Zitat von FlaxFlaxFlaxFlax schrieb am 05.07.2024:Es gibt keinen roten Faden, keinen Sinn in diesem ganzen Komplex.
Jahrelange Ermittlungsarbeit, ein gigantischer Prozess, ein Geständnis der Hauptangeklagten und wie sind nicht viel Schlauer als damals.

Das lädt natürlich ein sich selbst einen roten Faden zu suchen und eine innere Logik finden zu wollen und schon schwurbelt man sich seine Verschwörungstheorie, angepasst an sein politisches Weltbild, zusammen.
Nein, es gibt keinen roten Faden. Wenn man nicht mystifiziert, den NSU größer macht als er ist, den Staat als willigen Helfer hinzuzieht und aus Kleinigkeiten zu monströsen rosa Elefanten aufbläst.

Das klappt, so lange man nicht akzeptiert, dass der sog. NSU eine lausige kleine Terrorzelle war, die ideologisch inhaltsleer war und vorrangig dazu diente, den Untergetauchten eine Existenzberechtigung und einen Thrill zu verschaffen. Das hatte nichts mit "führerlosen Widerstand" zu tun, denn dafür waren die Taten völlig ungeeignet. Ich bin der Überzeugung, wir müssen das Trio Mundlos, Bönhardt und Zschäpe vorrangig psychopathologisch betrachten. In ihrer Verbindung untereinander wie auch bei der Frage nach der Motivation für ihre Taten.

Denn was bringt ein "Terrorismus", der bei den Betroffenen viel Angst auslöst - aber nicht vor Nazis oder Terrorzellen, sondern vor dem organisierten Verbrechen? Die Richtung, an der sich die ganzen Polizeien jahrelang abarbeiteten. Die ganzen Morde waren doch für die Katz'. Ich kann darin nichts wirklich Politisches entdecken, außer a) den pubertären Hass auf vermeintliche Nichtdeutsche und b) die absolute Ausübung von Macht, die Herrschaft über Leben und Tod, der Zynismus und die Tatbegehung als Hinrichtung. Das mag man als typischen Faschismus sehen - oder schlicht als kriminell wie die Taten eines sexuell motivierten Serienkillers. Zuletzt dann keine Hinweise auf das Motiv, keine Spuren. Innerhalb von 10 Sekunden, die Ceska in einer Plastiktüte, was sollte damit erreicht werden?

Gut, dadurch kam man ihnen nicht auf Spur. Aber was ist da politisch? Welches Ziel wurde erreicht? Die haben sich einfach aufgegeilt. Wurden immer risikobereiter. 2006 in einem Internetcafè, in dem sich zur Tatzeit mehrere Personen aufhielten (eine sogar in dem Raum, in dem die Tat geschah), da richteten sie Hazil Yozgat hin. Was hätten sie gemacht, wenn plötzlich eine blonde junge Frau in der Türe gestanden wäre??? Zum Schluss wollten sie auch über dem Staat stehen, mächtiger als er sein. Und eine Polizistin wurde ermordet, ein Polizist schwer verletzt. Und dann war Schluss. Unerklärlich. So wie es auch zwischen 2001 und 2004 eine mehrjährige Pause gab.

Was ist das nur für eine lausige Terrororganisation?

Der Weg war doch Folgender: 1998 in den Untergrund, um der Verfolgung durch Polizei und Justiz zu entkommen. Recht brutale Überfälle zur Finanzierung.

SpoilerInteressanterweise ist keine Polizei darauf gekommen, dass es sich bei den Banküberfällen um eine Serie handeln könnte - trotz Überwachungskameras usw.).


Zu Hause Ballerspiele am Computer. Rad fahren. Dann der erste Mord. Auch schon risikoreich. Was hätten sie getan, wenn ein Auto am Blumenstand gehalten hätte? Aber sie hatten Spaß an der Sache bekommen, der Mord gab ihnen eine Existenzberechtigung im Untergrund. Ließ sie sich größer fühlen, mächtiger, verschworener. Die Mordserie steigerte sich in der Folge immer mehr, was das unmittelbare Entdeckungsrisiko betraf. Der "Trick", als harmlose Radfahrer zu flüchten, hat ihnen sicher geholfen. Bei Turgut in Rostock, da war der Dönerstand umgeben von Plattenbauten mit Balkonen. Keiner der Bewohner beobachtete etwas. In Nürnberg zum ersten Mal eine Zeugin, der verdächtige Radfahrer beobachtete.

2006 der Doppelschlag, 2007 - wieder an einer gut einsehbaren Stelle und in unmittelbarer Nähe zum Aufbau eines Volksfestes - der Angriff auf die Polizisten. Der ist sehr bemerkenswert, weil die Tat nicht mit der Ceska 83 mit Schalldämpfer ausgeführt wurde, sondern mit Waffen ohne Schalldämpfer. Die auch gehört wurden. Bemerkenswert auch, dass die Täter erstmals versuchten, einen Skalp mitzunehmen: Die Gürtel mit den Waffen der Polizisten. Sie gingen dabei recht brutal vor, besudelten sich mit Blut, konnten aber nur eine Waffe erbeuten. Und flüchteten in ihrem Wohnmobil aus Heilbronn.
Zitat von HansEinAndererHansEinAnderer schrieb am 09.06.2024:*Warum eine Polizeistreife überfallen? Um eine Dienstwaffe zu rauben? Sie hatten doch genug Waffen und es gibt einfachere und sicherere Wege um an Waffen zu gelangen im Zweifelsfall.
Es ging nicht um die Waffen. Das hat eine ziemlich gute OF-Analyse erkannt (leider tippten sie am Schluss dann doch auf "Zigeuner", die einen unerklärlichen Hass auf Polizisten haben mussten). Es ging um Trophäen.

Sie konnten nicht wissen, dass an dieser Stelle Kiesewetter und Arnold Mittagspause machen würden. Die beiden hatten sich spontan entschieden. Aber von einem Wohnmobil aus konnte man sehen, dass dort Polizisten in ihren Fahrzeugen Pause machten. Diese letzte Mordtat ist für mich der endgültige Beweis, dass es alleine um Macht ging. Man stärker war als das verhasste System. Lust am Morden hatte. Auch spontan entschied. Es ging nicht darum, ein politisches Zeichen zu setzen. Es ging um das Ego, die eigene Geilheit und Existenzberechtigung.

Dieser "rote Faden" mag banal und wenig sexy erscheinen. Keine rosa Elefanten, sonder ein paar Psychopaten, die sich radikal von einer RAF der 1970er und 1980er Jahre unterscheiden. Deren einziges Werk als NSU ein Trickfilmchen mit Paulchen Panther war. Das lässt zwar tief blicken, welchen menschenverachtenden Zynismus die Uwes (und Beate) hatten, aber politisch ist das eine Kinderspielerei.

Meine bescheidene Meinung.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

11.07.2024 um 18:08
Heute ist der 6. Jahrestag der Urteilsverkündung im NSU-Prozess 2018. Der BR2 Podcast "Echt und ehrlich! Reden übers Leben" hat dies zum Anlass genommen darüber zu diskutieren aber anstatt das endlich mal über relevante Inhalte, offene Fragen usw. gesprochen wird hat sich nur wieder einmal ein völlig argumentatives Armutszeugnis offenbart:

Thies Marsen
Und eine Frage dich sich natürlich auf aufdrängt ist auch immer noch nicht gelöst, welche Rolle spielte der Staat? Wie sehr wussten die Geheimdienste Bescheid? Also nicht nur im Fall Kassel wo ja ein Mitarbeiter des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz am Tatort zur Tatzeit war…

Jutta Prediger
Im Internetshop… aber er hat komischerweise nichts gesehen…

Thies Marsen
Er hat nichts gesehen und nichts gehört obwohl er ein sehr großer Mann war und definitiv hinter die Theke wo ja der Sterbende, das sterbende Opfer lag geschaut haben muss! Also das ist, alle diese Fragen sind nicht geklärt und man hat so bisschen manchmal den Eindruck okay da haben sozusagen eigentlich der Staat der… die… wenig Interesse an einer umfassenden Aufklärung und ja die angeklagten Neonazis auch nicht.

Seda Basay-Yildiz
Also ich habe im Übrigen damit abgeschlossen dass das jemals aufgeklärt wird und habe meine Mandanten auch darauf vorbereitet also jetzt nicht nur was die staatliche Verstrickung anbelangt, die Rolle der Verfassungsschutzbehörden, da sind ja Akten geschreddert worden und just an dem Tag an dem der NSU sich selbst enttarnt hat, was für ein Zufall und… Also am Ende habe ich damit abgeschlossen das man da, dass da noch irgendwas aufgeklärt wird…
Ab Zeitindex 13.58 Minute

https://www.br.de/mediathek/podcast/notizbuch-freitagsforum/bayern-2-debattiert-kein-schlussstrich-sechs-jahre-nach-dem-nsu-prozess/2095463

Na da wird doch - wieder einmal - die gesamte Bandbreite an Unwissenheit, Inkompetenz und die absolute Unfähigkeit neuere Informationen und Erkenntnisse in den eigenen Standpunkt einfließen zu lassen und diesen dann neu zu bewerten, überdeutlich! Genau DAS ist der zentrale Grund warum Nebenklagevertreter, antifaschistische Initiativen & Co. sowie bestimmten journalistische Berichterstattungen oftmals nicht vertrauenswürdig sind: Sie verbreiteten nämlich immer und immer und immer wieder nur bestimmte festgefahrene Narrative aber ignorieren eisern die Veränderungen welches sich mittlerweile seit dieser Zeit ergeben haben!

Zum Beispiel hat der NSU-Untersuchungsausschuss Hessen I seinen Abschlussbericht bereits im August 2018 veröffentlicht, wenige Wochen nach der Urteilsverkündung im NSU-Prozess, und räumt mit dem Hirngespinst einer angeblichen Täterschaft des ehemaligen hessischen Verfassungsschutzbeamten total auf! Er war zwar im fraglichen Tatzeitraum anwesend aber das er zum Tatzeitpunkt noch anwesend war ist komplett unbewiesen und darüber hinaus auch extrem unwahrscheinlich. Ergo kann er - wenn der den Tatort bereits verlassen hatte - logischerweise nichts mehr vom Mord mitbekommen haben und ist damit vollkommen unschuldig!

Der NSU-Untersuchungsausschuss Bundestag I hat seinen Abschlussbericht sogar schon 2013(!) veröffentlicht und die Untersuchungen dort haben schon damals ergeben das die geschredderten T-Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) KEINEN, ich wiederhole, KEINEN NSU-Bezug haben, was anhand der Tatsache festgestellt werden konnte das sie vollständig rekonstruiert wurden. Auch die Gründe für die Vernichtung sind hinlänglich bekannt und der Verursacher wurde disziplinarrechtlich zur Verantwortung gezogen! Insofern ist die Geschichte, faktisch, schon längst geklärt aber wie man sehen kann wird die Ursprungsversion bis zum heutigen Tag immer wieder von dem oben genannten Klientel neu herangezogen und muss für vermeintliche Zweifel herhalten während neuere, weiterführende Erkenntnisse die in der Zwischenzeit bekannt wurden konsequent ignoriert und verschwiegen werden eben weil sie nicht in das eigene Narrativ passen!

Wie unsauber dieses Klientel arbeitet kann man schon an der verwendeten Wortwahl erkennen, es wird nämlich oft pauschal lediglich von "staatlichen Verstrickungen", "der Rolle des Verfassungsschutzes" oder ähnlichem gesprochen aber niemals werden konkrete Details genannt wer genau überhaupt damit gemeint ist! Es wird namentlich keine Behörde genannt, kein Dienst, keine Abteilung und auch nicht wessen genau sie sich angeblich schuldig gemacht haben sollen! Stets werden nur phantomhaft irgendwelche nebulösen, dunklen Machenschaften im Schatten skizziert und für möglich gehalten. Dabei ist ja gerade - wie ich kürzlich erst in einem Beitrag festgehalten habe - die Bezeichnung "Verfassungsschutz" total irreführend da es nur den Oberbegriff darstellt und ein bundeseinheitlicher Dienst überhaupt nicht existiert! Insofern ist all das schon eine ziemliche Bankrotterklärung wenn man mehr als 6 Jahre nach dem Ende des NSU-Prozesses, mehr als 10 Jahre nach Auffliegen des NSU im Generellen und bald 20 Jahre nach dem Mord an Halit Yozgat immer noch mit solch längst widerlegtem oder aufgeklärtem Schwachsinn daherkommt!


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

11.07.2024 um 19:47
Eigentlich war sogar schon 2007 dem PP Kassel in den Mordermittlungen im Fall Hazil Yozgat klar geworden, dass Temme von LfV Hessen nichts mit dem Mord zu tun hat.

In dem Internetcafè waren ja zum Zeitpunkt der Tat bzw. kurz davor mehrere Personen, die von dem Mord nichts mitbekommen haben - außer ein undefinierbares dumpfes Geräusch. Vermutlich als das Opfer hinter den Tresen sterbend oder tot zusammen sackte. Sie saßen - wie Temme - in einem Nebenraum mit den Computern, der auch keine Sicht auf den Tatort ermöglichte.

Es gab sogar eine Person, die am Tatort, unmittelbar im Raum, in einer Art hölzernen Telefonzelle telefonierte. Mit dem Rücken zur Türe, die eine Glasscheibe und ein daran befestigtes Plakat enthielt. Diese Person, die am nächsten am Tatgeschehen dran war, hat ebenfalls nur einen dumpfen Schlag gehört, aber weiter telefoniert.

Temme wurde auch sehr schnell von der Polizei als Gast im Café ermittelt. Er hatte seine private E-Mail-Adresse angegeben, um mit fremden Frauen zu chatten, während seine eigene Ehefrau schwanger zu Hause war. Die Zeit des Ausloggens war gespeichert (17.01 Uhr, insg. war er 10 Minuten im Netz). Das war mutmaßlich kurz vor der Tat, deren genauer Zeitpunkt nicht bestimmt werden konnte. Kurz und gut: Für einen LfV-Mann war er sehr dämlich, hätte er eine Beteiligung an dem Mord verdecken wollen. Florian Fuchs, einer der wenigen Journalisten, die kritisch an die Mär von einer Beteiligung "des Verfassungsschutzes" herangegangen ist, schaffte es sogar, Temme und seine Frau vor die Kamera zu bekommen. Das war sehr aufschlussreich und nicht sehr schmeichelhaft für die Personalauswahl das LfV.

Jedenfalls erklärte Temme unwiderleglich, er habe das Geld (50 ct.) für die Internetnutzung auf eine Schale auf den Tresen gelegt und sei gegangen. Die 50 ct. fanden dann später die Ermittler an dem Ort, an dem sie Temme abgelegt hatte. Im Zschäpe-Prozess wurde er vom Vorsitzenden Götzl noch zwei Mal inquisitorisch befragt, aber Temme beharrte darauf, nichts gesehen zu haben. Und das war eben auch möglich, wenn er unmittelbar nach dem Ausloggen gegangen war und sich nicht noch länger im Nebenraum aufhielt.

Ein Politikum wurde der Fall erst, als die Mordkommission von Temme geführte V-Leute des LfV Hessen genannt haben wollte. Kriminalistisch waren die Gründe für dieses Wissen nicht sehr überzeugend. Es war mehr ein Kräftemessen zwischen PP Kassel und LfV Hessen, die sich im Zuge der Ermittlungen gegen Temme immer mehr zerstritten, obwohl das LfV anfangs sogar die Zeitstempel Temmes herausrückte. Jedenfalls erteilte Innenminister Volker Bouffier dem LfV keine Genehmigung. Das PP Kassel war ziemlich stinkig, aber am Ergebnis änderte das nichts: Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO.

--

Das Versagen der Verfassungsschutzbehörden ist ein ganz anderes: Da war das LfV Thüringen, das von einem größenwahnsinnigen Leiter geführt wurde, der den Rechtsextremismus in seinem Zuständigkeitsbereich ignorierte. Stattdessen pamperte man einen bekannten Rechtsextremisten (Tino Brandt) mit Hundertausenden von DM/Euro, der dafür Märchen erzählte und sich ansonsten an kleinen Kindern vergriff.
Da war das LfV Bayern, dass der in Nürnberg ansässigen BAO Bosporus keine Hilfe leistete, als man dort erstmals auf die Idee kam, die Motive für die Morde könnten ausländerfeindlich sein. Man weigerte sich, die Wohnorte bekannter Rechtsextremisten zum Abgleich zur Verfügung zu stellen.
Dann war da das LfV Sachsen, das jedenfalls nach dem Abtauchen der Drei 1998 Informationen über ihren Aufenthaltsort ignorierte.
Und dann das BfV, dass zwar eine "Aktion Rennsteig" ins Leben gerufen hat, aber keine Koordination der V-Leute vornahm. Usw.

Schließlich war da noch das BKA, das bis 2007 eisern an der Theorie festhielt, es müsse sich bei den Morden um Organisierte Kriminalität, vorzugsweise aus der Türkei handeln. Als die Nürnberger BAO immer offensiver die Alleintäterthese (mit Ausländerhass als Motiv) auch in der Öffentlichkeit vertrat, hielt das BKA an der "OK-These" fest.

Wer wissen möchte, wie der Stand 2007 bei der BAO Bosporus war, dem empfehle ich eine ZDF-Doku aus diesem Jahr.

Youtube: ZDF Der Fall: Jagd nach dem Phantom Part 1/3
ZDF Der Fall: Jagd nach dem Phantom Part 1/3
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Sie zeigt sehr realistisch, wie die Polizei versucht hat, den Mördern näher zu kommen. Leider wurden sie dabei ziemlich alleine gelassen. Der "missing link" nach Chemnitz bzw. Zwickau war von den Ermittlungsbehörden mangels Spuren nicht zu ermitteln. Es gab zwar wenige Hinweise auf "Nazis" (viel mehr auf "Türken" oder "Orientalen"), aber das waren Vermutungen ins Blaue hinein. Ohne Anfasser. Es hätte eines "Masterminds" bedurft, der die Morde, die Banküberfälle und die seit 1998 Untergetauchten auf einen Nenner bringt. Der hätte m.E. beim BfV oder einem der genannten LfVs sitzen müssen. Den gab es nicht, weil man sich im Kleinklein verlor, der Informationsaustausch lausig war und man dachte, man habe die Rechtsextremisten unter Kontrolle.

Dagegen ist das, was aus dem Podcast zitiert wird, alter Schwachsinn. Alles widerlegt.

Eigentlich schon mit Bundestagsuntersuchungsausschuss I. von 2013. Ab Seite 71 wird minutiös dargestellt, wie v.a. zwischen 1998 und 2001 die Verfassungsschutz- und Ermittlungsbehörden der Länder, aber auch des Bundes, versagt haben. Ab Seite 491 werden dann die Mordtaten und die Ermittlungen im Einzelnen berichtet. Über den explizit ausgeräumten Verdacht gegen Temme ist ab Seite 622 ausführlich berichtet.

Dieser Sachbericht ist von allen Fraktionen gebilligt worden. Dennoch gab es v.a. eine Abgeordnete und eine Partei, die trotzdem seitdem nicht müde wurden, das Gegenteil zu behaupten. Es gibt auch Anhänger in einer weiteren Partei, die zu oft die Tatsachen ignorieren, denen sie selbst mit zugestimmt haben.

Hier der Bericht:

https://dserver.bundestag.de/btd/17/146/1714600.pdf


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

13.07.2024 um 05:17
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Es hätte eines "Masterminds" bedurft, der die Morde, die Banküberfälle und die seit 1998 Untergetauchten auf einen Nenner bringt. Der hätte m.E. beim BfV oder einem der genannten LfVs sitzen müssen. Den gab es nicht, weil man sich im Kleinklein verlor, der Informationsaustausch lausig war und man dachte, man habe die Rechtsextremisten unter Kontrolle.
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Ab Seite 71 wird minutiös dargestellt, wie v.a. zwischen 1998 und 2001 die Verfassungsschutz- und Ermittlungsbehörden der Länder, aber auch des Bundes, versagt haben.
Ich habe mich nie wirklich intensiv mit allen Einzelheiten und Details des Themenkomplexes befasst aber von meinen Eindrücken her umfassen die zitierten Stellen oben die Kernprobleme - und sind weitaus schlichter bzw. weniger spannend aber doch umso kritischer in der Wesensart als manche ersponnene bescheuerte Verschwörungstheorie die bekloppte Leute, Laien oder gelangweilte Personen sich zusammenreimten.

Wer sich eine Weile mit Themengebieten Sicherheitspolitik (innen wie außen) schon rein aus Interesse befasst sieht gewisse strukturelle Probleme, ob historisch oder teils aktuell. Ich gehe weiter und behaupte es muss nicht mal das große Themengebiet "Sicherheitspolitik" sein - man könnte strukturelle Probleme oder Vernachlässigungen oder Trägheiten sogar in anderen Bereichen wie Klima oder Netzausbau oder sonst wo finden, bestimmt.

Aber on-topic: Mein Punkt ist, dass manche VT von allmächtig-konspirativen Behörden und Geschwurbel vom "tiefen Staat" der trivialen Realität nicht standhält. Dass im Kern eher ein partiell überforderter oder damals zumindest kaum adäquater oder optimierter Haufen an Institutionen im föderalen Wirrwarr wahlweise im Vergleich zu heute nicht die angepassten Strukturen (oder Leute) für so was hatte...

... und / oder auch partiell nicht das "Glück" hatte so was zeitnah aufzudecken. Der Faktor ist aber schwammig also fokussiere ich mich auf den ersten.

Ich habe genug über die News mitbekommen, dass nach dem NSU und seit 2012 viel getan und optimiert wurde, Austauschplattformen und Methodiken in diversen Behörden etabliert bzw. angepasst wurden, und und und.

Eigentlich ist es wieder mal traurig, dass erst einiges Schlimmes passieren musste damit der Wind der Veränderung wieder weht. Das kann man in vielen anderen Themen beobachten. Das Kind muss immer erst in den Brunnen fallen, bis dahin werkelt man sonst weiter wie man kann oder wie gehabt, solange es halt gut geht.

Während letztendlich alle Verfehlungen aufgearbeitet werden mussten muss man sich allerdings auch von der Vorstellung verabschieden, man könne immer alles zeitnah vollumfänglich aufklären. Selbst nach vielen Anpassungen hat die Sicherheitsarchitektur am Ende halt Lücken und kann - gerade in einem Rechtsstaat und immer mit limitierten Gesamtressourcen und mit gewisser Rechtslage - nicht alles immer aufdecken oder teils verhindern. Auch wenn viel besser wurde.

Aber eigentlich geht alles auch nur halbwegs gut weil es noch den internationalen Austausch gibt. Ohne den hätte es so oder so schon hier viel mehr geknallt. Dieser kommt aber zu einem Preis, aber das Fass ist etwas komplexer und das will ich hier erst mal nicht aufmachen.






Zusammenfassend wollte ich nur noch mal hervorheben, dass es weniger der übermächtige klandestine (tiefe?) Staat war der im NSU "fröhlich mitmordete/deckte" (nach der kuriosen Ansicht mancher die lieber VTs anhängen). Vielmehr ist aus meiner Sicht von strukturellen Problemen und partiell systemischer oder auch personeller/individueller Inkompetenz oder falschen Rahmenbedingungen (nebst Prise Unglück) auszugehen.

Während Föderalismus immer irgendwo diese abstrakt fördern können bzw. im Austausch Hemmnisse darstellen können, war glaube ich auch einfach die Behördenlandschaft voll von Problemen, die oben im Post von @Origines augenscheinlich ja etwas im Detail beschrieben werden.

Man hofft einfach, dass vieles indes wirklich nachhaltig besser wurde. Denn die Zeiten werden auf nicht absehbare Zeit ja erst mal unruhiger und turbulenter. Gerade dann ist man auf eine nachhaltig optimierte Sicherheitsarchitektur angewiesen. Die Schludrigkeit oder so manches (In-)Kompetenz-Gerangel der 2000er usw. können wir uns nicht mehr wirklich leisten.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

13.07.2024 um 17:00
Die Verfehlungen aus dem NSU-Komplex haben vor allem eines deutlich offenbart nämlich die Schwächen eines staatlichen Systems wenn es föderal strukturiert und organisiert ist! Man muss sich vor allem eines vergegenwärtigen: Die Bundesrepublik Deutschland ist ein föderaler Bundesstaat welcher in sechzehn Bundesländer unterteilt ist, ein jedes mit einer eigenen Verfassung, eigenem Parlament und eigener Regierung welche selbständig und vollkommen unabhängig von den anderen Bundesländern agiert. Dazu kommen dann noch die ganzen Bundesinstitutionen welche den Gesamtstaat repräsentieren und fertig ist der Flickenteppich!

All das kann nur dann funktionieren wenn eine fundamentale Bedingung erfüllt ist und die lautet: Zusammenarbeit! Wenn die einzelnen Gliedstaaten dieses Bundesstaats und ihre Institutionen nicht lückenlos, wie ein Uhr- oder Räderwerk, zusammenarbeiten entstehen massive Probleme. Und genau das war ein entscheidendes Defizit in den Ermittlungen während der Mord- und Terrorphase des NSU. Es gab eine bundesweite Mordserie verteilt auf über fünf Bundesländer (der Polizistenmord von Heilbronn in Baden-Württemberg wurde nicht als Teil der Serie erkannt) aber alle Fälle wurden lokal behandelt, es gab bis zum Schluss keine richtige übergeordnete Stelle welche die Ermittlungen zentral übernommen hat. Die erst später eingerichtete BAO „Bosporus“ koordinierte nur die bayerischen Mordfälle und auch die am Ende installierte Steuerungsgruppe hatte keinen verbesserten Einfluss mehr. Nachdem 2004 das BKA eine zentrale Übernahme der Ermittlungen noch abgelehnt hatte wollten 2006 nun die Bundesländer nicht mehr als aus Wiesbaden die Anregung kam eine Ermittlungsübernahme doch als sinnvoll zu erachten so dass dort nur die Waffenspur weiterhin bearbeitet wurde.

Und so ging es am laufenden Band weiter: Informationen wurden nur spärlich oder gar nicht ausgetauscht, wenn Daten ausgetauscht wurden war die Einpflege in die Fallbearbeitungssysteme schwierig weil die Länder jeweils unterschiedliche Programme benutzen und last but not least darf man auch nicht außer Acht lassen das zwischen den einzelnen Behörden, Diensten und Ämtern zum Teil große Rivalitäten bestanden! Es gab während der NSU-Mordserie keine einheitliche Ermittlungslinie oder Einigkeit darüber wer hinter diesen Taten stand sondern es existierten vielmehr verschiedene Theorien nebeneinander angefangen bei der OK-Theorie über die Organisationstheorie bis hin zur Einzeltätertheorie. So waren z. B. Hamburg und Nordrhein-Westfalen fest davon überzeugt dass es sich um das Werk einer Organisation handeln müsse weil nur eine solche die Kapazitäten als auch die Mittel habe bundesweit solche Mordtaten zu begehen. In Bayern hingegen kam man insbesondere nach der 2. OFA davon ab und favorisierte stattdessen die nun aufgestellte Einzeltätertheorie. Aus diesem Missverhältnis wiederum kam es ja dann zur 3. OFA aus Baden-Württemberg welche heute insbesondere von Nebenklagevertretern, Linken und Antifaschisten als vermeintlich rassistisch abgestempelt und verunglimpft wird. All das – und noch vieles mehr – zeigt deutlich auf dass das staatliche Versagen im NSU-Komplex auf eine ganze Reihe zentraler Faktoren zurückgeht welche zur Katastrophe geführt haben und nicht etwa auf das herbeifantasierte Schwachsinnskonstrukt einer staatlichen Verschwörung der „Geheimdienste“ – das funktioniert nur in der literarischen oder cinematischen Fiktion aber nicht in der harten Realität!

Die entscheidende Frage welche Lehren und Konsequenzen man aus dem NSU-Verbrechen ziehen muss/sollte sind dagegen bis heute brisant wie aktuell. Die Empfehlungen aus bisher 13 Untersuchungsausschüssen sind zwar sehr umfangreich aber all das geht nicht an die Grundsubstanz. Das schafft man nur wenn man endlich mal eine längst überfällige und vor allem notwendige Reform der Sicherheitsarchitektur und der damit verbundenen Kommandohierarchie vornimmt! Es muss ein für alle Mal genau festgelegt werden welche Stelle der anderen übergeordnet und damit weisungsbefugt ist, wer wem, wann, wo, wie, was, worin zu sagen und anzuordnen hat und wer für was, wo, wie zuständig ist. Eine Macht von einer Stelle aus, also weg vom störenden Föderalismus und hin zum notwendigen Zentralismus. Bereits § 31 des Grundgesetzes benennt in einem einzigen Satz klipp und klar: „Bundesrecht bricht Landesrecht“. Sprich die Bundesinstitutionen, gerade bei den Exekutivorganen, sollten immer Vorrang haben vor den Landesinstitutionen und diesen weisungsbefugt sein!

Solange man immer nur an den Symptomen herumgedoktert, die Sache zwischen einzelnen Stellen aufgesplittert wird, man Kompromisse eingeht und sich nichts fundamentales ändert kann nie völlig ausgeschlossen werden das sich nicht dieselben Fehler aus der Vergangenheit wiederholen. Angesichts der rechtsextremen Vorfälle von Halle, Hanau, München oder die Ermordung von Walter Lübke, und das ist nur die Spitze des Eisberges, wurde deutlich das der Rechtsterrorismus nach wie vor nicht nur die größte Gefahr für dieses Land darstellt sondern auch wie lebenswichtig eine gut funktionierende Sicherheitsarchitektur ist denn wenn dort Fehler passieren verlieren Menschen ihr Leben und das darf einfach nicht sein!


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

20.07.2024 um 07:03
Zitat von WardenWarden schrieb am 13.07.2024:Gerade dann ist man auf eine nachhaltig optimierte Sicherheitsarchitektur angewiesen.
Zitat von MauserMauser schrieb am 13.07.2024:Die Verfehlungen aus dem NSU-Komplex haben vor allem eines deutlich offenbart nämlich die Schwächen eines staatlichen Systems wenn es föderal strukturiert und organisiert ist!
Zitat von MauserMauser schrieb am 13.07.2024:Und genau das war ein entscheidendes Defizit in den Ermittlungen während der Mord- und Terrorphase des NSU.
Zitat von MauserMauser schrieb am 13.07.2024:Informationen wurden nur spärlich oder gar nicht ausgetauscht, wenn Daten ausgetauscht wurden war die Einpflege in die Fallbearbeitungssysteme schwierig weil die Länder jeweils unterschiedliche Programme benutzen und last but not least darf man auch nicht außer Acht lassen das zwischen den einzelnen Behörden, Diensten und Ämtern zum Teil große Rivalitäten bestanden!
Dito.

In der Soko Heilbronn wurden ab 2007 z.B. von anderen Polizeien übersandte Listen mit Kfz-Kennzeichen per Hand (!) mit den Kennzeichen abgeglichen, die die Heilbronner Polizei bei ihrer Ringfahndung nach dem Mord an der Polizistin ermittelt hatte. Wie sah diese Ringfahndung aus? An den Ausfallstraßen standen im Feierabendverkehr Polizeiautos, die per Hand (!) die Kfz-Kennzeichen aufschrieben, deren Fahrzeuge an ihnen vorbei rauschten. Das ging natürlich nicht lückenlos und es war Glück, dass ein Wohnmobil mit Chemnitzer Kennzeichen aufgeschrieben wurde. Das half der Heilbronner zu dieser aber gar nichts. Woher sollten sie wissen, dass da der NSU drin saß??? Dann hat man sich hunderte von Fotos aus Geschwindigkeitskameras ausgedruckt und ebenfalls per Hand nach Übereinstimmungen gesucht...

Es gab ja nach 2011 eine Reihe von Gesetzesänderungen, die die Zusammenarbeit erleichtern bzw. den Informationsaustausch zentralisieren. So wurden die §§ 1 bis 7 des Bundesverfassungsschutzgesetzes neu gefasst und dem BfV erheblich mehr Rechte eingeräumt, die LfVs der Länder zu koordinieren oder Fälle zu übernehmen und die LfVs zu beauftragen. Das setzt natürlich voraus, dass das BfV auch personell und informationell dazu in der Lage ist. Mittlerweile sind BfV und BND personell so aufgestockt worden, dass sie ihren Personalbedarf nicht decken können. Zugleich gehen viele altgediente Beamte in den Ruhestand. Und es ist nicht so, dass die Arbeit dort 007-Charakter hätte. Es sind Behörden, mit Dienstweg, Vorschriften und den Verwaltungsgerichten im Nacken.

Eine Diskussion über Sinn und Zweck des Föderalismus würde zu weit führen. Z.B. gab es einen Bundestagsabgeordneten Binninger, selbst Polizist, der wünschte sich ein deutsches FBI, d.h. eine bundesweit agierende Behörde, die gleichzeitig Geheimdienst und Polizei ist. Sagen wir mal so: Der Föderalismus bringt eine Menge Nachteile, aber Vorteile mit sich.

Zudem halte ich die Trennung in Nachrichtendienstbehörden und Exekutivbehörden ("Trennungsgebot") nach wie vor für elementar für den deutschen Rechtsstaats. Und damit sind wir bei einem Punkt, den ich für sehr bedeutsam halte:

Auch der Rechtsstaat, der Datenschutz und das Verfahren bei der Verfolgung von Strafverfahren behindern eine Aufklärung um jeden Preis. In Nichtrechtsstaaten stürmt dann halt einfach das SEK los und durchsucht, nimmt fest und verwertet nach Lust und Laune. Der Rechtsstaat schützt dagegen die Täter. Aber es schützt auch uns alle vor ungerechtfertigter Verdächtigung, Verfolgung und Gewalt. So musste der StA in Nürnberg für eine (letztlich erfolglose) Rasterfahndung über 160 Anträge an das zuständige Gericht stellen. Der gute Mann machte das, weil auch er den Fall lösen wollte. Wir sollten also wirklich darüber nachdenken, ob wir es mit dem Datenschutz nicht übertreiben und ob wir Sicherheitsbehörden mehr oder weniger waffenlos ins digitale Zeitalter schicken.

Aber es gab halt kein "Polizei-Google", wie es sich der ehemalige bayerische Ministerpräsident Beckstein wünschte. Der hatte übrigens schon beim ersten Mord an einen Zeitungsartikel geschrieben "ausländerfeindliches Delikt?" Und dann von seinen Beamten die Antwort bekommen: "Keine Anhaltspunkte." Und so war es ja auch.

Ich hatte mal das "Vergnügen", bei einer Veranstaltung der "Rosa-Luxemburg-Stiftung" anwesend zu sein, wo die Mären und Mythen der NSU-Morde, der "tiefe Staat" und die Verbindung aus Verfassungsschutz und Rechtsextremismus beschworen wurden. Deshalb müsse der Verfassungsschutz völlig abgeschafft werden. Als ich fragte, wie dann die Sicherheitsarchitektur in Deutschland gestaltet werden müsse, wer denn die Nazis jagen solle und die Spione, dann hieß es die Polizei. Ich entgegnete, unsere Polizei arbeite offen (bis auf verdeckte Ermittler), dann bräuchten wir eine Geheimpolizei, eine Geheime Bundespolizei. Mir schlug blanke Empörung entgegen, es ließ sich nicht mit Ideologen und Sektierern diskutieren...


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

20.07.2024 um 07:33
PS: 2013 wurde dann die nächste Sau durch's Dorf getrieben. Nun war es die NSA und die bösen Amis, die uns alle überwachten.

Ein kleinere, aber wichtiger Unterschied wurde aber nicht beachtet: Es ist was Anderes, ob eine ausländische Behörde meine Verbindungsdaten speichert oder ob es eine deutsche Behörde ist. Denn die NSA hat keinerlei hoheitliche Befugnisse in Deutschland. Sie kann mich nicht verhaften, durchsuchen oder mir sonstiges Ungemach bereiten. Im schlimmsten Fall darf ich nicht einreisen.

Sie kann Informationen an deutsche Behörden übermitteln, aber dann gelten die strengen deutschen Datenschutzgesetze. Eine Überwachung durch Polizei oder Verfassungsschutz darf nur erfolgen, wenn entweder zusätzlich eigene Erkenntnisse vorliegen oder eine Gefahr für Leib und Leben besteht. Der BND ist nur für das Ausland zuständig und konzentrierte sich seinerseits auf ausländische Anschlüsse.

Also warum die ganze Aufregung?

Der "Held" Snowden (eigentlich eine arme Sau) hat sich ja ursprünglich gegen die nach US-Gesetzen rechtswidrige Überwachung von US-Bürgern gewendet. Nicht gegen die Überwachung von Merkels Handy (das bei einer strategischen Überwachung eh nur mit seinen Verbindungsdaten gespeichert worden wäre). Siemens ist nie überwacht worden und Wirtschaftspionage gab es nicht. Seit 10 Jahren ist Snowden von Putins Gnaden abhängig und die Frage, ob er russischer Agent war oder ist ist müßig.

In der Praxis sind jedenfalls die US-Informationen für die deutschen Sicherheitsbehörden extrem wichtig. Und auch ein Trump hat zum Glück daran nichts ändern können. Oft kommen diese Informationen erst nach einem Ereignis, weil auch die USA nicht in der Lage sind, jeden durchgeknallten Islamisten zu identifizieren. Aber sie können z.B. erkennen, wer im Internet Bauteile und Stoffe für eine große Bombe bestellt. Und solche Informationen sind sehr wichtig.

Zurück zum Thema: Zum NSU kam von den USA nichts. Niente. Die Drei hatten sich schwedische Prepaid-Handys mit falschen Personalien besorgt und auch nie an ihren Tatorten telefoniert - sondern die Handy ausgeschaltet. Und damit war die digitalen Spur am Ende.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

20.07.2024 um 10:56
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Ich hatte mal das "Vergnügen", bei einer Veranstaltung der "Rosa-Luxemburg-Stiftung" anwesend zu sein, wo die Mären und Mythen der NSU-Morde, der "tiefe Staat" und die Verbindung aus Verfassungsschutz und Rechtsextremismus beschworen wurden. Deshalb müsse der Verfassungsschutz völlig abgeschafft werden. Als ich fragte, wie dann die Sicherheitsarchitektur in Deutschland gestaltet werden müsse, wer denn die Nazis jagen solle und die Spione, dann hieß es die Polizei. Ich entgegnete, unsere Polizei arbeite offen (bis auf verdeckte Ermittler), dann bräuchten wir eine Geheimpolizei, eine Geheime Bundespolizei. Mir schlug blanke Empörung entgegen, es ließ sich nicht mit Ideologen und Sektierern diskutieren...
Ich finde das auch immer witzig. Ich, jemand der an SiPo (Sicherheitspolitik) sehr interessiert war, bekam schnell die Illusionen dieser dogmatisch tickenden Ränder mit die lieber sinngemäß irgendwelche Gespenster jagen und daraus hanebüchene Lösungen ableiten als sich der Realität zu stellen.

Ich will nicht zu sehr ins OT abdriften aber das ist teils auch die gleiche "crowd", also der gleiche Typus Mensch der sich in Zeiten steigender Bedrohungen von außen (siehe Russland-Ukraine-Krieg) immer noch in nicht mehr zeitgemäße Modelle wie den Pazifismus der 69er oder so flüchtet und glaubt man könne immer alles verhandeln und so verhindern und "Militär immer böse". Naiv hoch zehn.

Ob diese Leute oder Ultralinke die im NSU überall den "tiefen Staat" sahen: Es sind realitätsfremde Schwurbler die teils in Echokammern hocken und nur gegenseitige Bestätigung wollen. Weil "der Staat" und Sicherheitsbehörden immer das Feindbild sei müssen, für die. Das ist die schlichte Realität. Denn anzuerkennen, dass es eher Behördenversagen und Wirrwarr war, hieße denklogisch für stärkere Behörden zu sein um Extremismus zu bekämpfen. Gut gegen Rechtsextremismus, blöd wenn man teils selbst radikal oder extremistisch tickt. Ne, dann lieber stumpf alte Feindbilder hochhalten und in Verschwörungstheorien abdriften.



Zitat von OriginesOrigines schrieb:PS: 2013 wurde dann die nächste Sau durch's Dorf getrieben. Nun war es die NSA und die bösen Amis, die uns alle überwachten.
Ich muss leider zynisch auch hier eine Blase zerstören und vielen Leuten eine Realitätspille (auch wenn sie das nie hier sehen werden) geben. Ich habe mich über Vorträge etwa des CCC intensiv damit befasst und komme zu dem Ergebnis, dass viele Deutsche an sich in einer Art Blase leben die in die Richtung geht "Wasch mich aber mach mich nicht nass."

Ich formuliere es mal so: Es hätte "im Westen" an sich, nicht nur in Deutschland, noch viel mehr geknallt wenn alle Staaten im Grunde nicht "cheaten" würden. Jeder westliche Staat hat im Grunde gewisse Restriktionen was Überwachung usw. den eigenen Bügern ggü. angeht. Teil eines rechtsstaatlichen Prinzips und im Kern gut!

Das heißt aber, dass ggü. Terroraufklärung automatisch mehr blinde Flecken entstehen als wenn man die "Handschuhe ausziehen würde und viel mehr könnte". Irgendwo logisch. Wenn man weniger kann/darf entstehen mehr Spielräume für die "Bösen". 100% Sicherheit gibts eh nicht.

Trick 17: Was du selbst teils nicht darfst, übernehmen zumindest bei SIGINT dann andere Staaten da Datenverkehre zunehmend international wurden. Notfalls teilen dir andere Staaten mit wenn sie was Verdächtigtes sehen bzw. das selbst genug verifizieren konnten, was du niemals oder nur kaum hättest selbst erheben können.

Eigentlich ist das, wenn auch irgendwo "cheaten" oder fragwürdig, genial. Man selbst bewahrt relative Standards aber hat noch das Auffangnetz internationaler Kooperation, die eigene Lücken halt absichern kann. Nicht immer, aber öfter. Das ist die Realitätspille die ich meine: Ohne ausländische "Zusatzüberwachung" und Filterung hätte es in Deutschland viel öfter gekracht. Auch bei Rechtsterrorismus, da bin ich mir sicher, gerade aber auch beim Islamismus. Eigene Behörden hätten das nie zeitnah gesehen oder aufklären können. Entscheidende Hinweise kamen oft immer erst aus dem Ausland. Sauerlandgruppe, Rizin-Bomber, etc. Der Rizin-Bomber aus Köln allein ist ein interessantes Beispiel, der hockte wenn es hochkommt einige hundert Meter vom Verfassungsschutz entfernt in seiner Bude und hantierte damit rum. War glaube ich auch ein Hinweis aus dem Ausland.


Brücke zum Thema also: Es hätte hier und da auch sonst noch mehr Fälle wie den NSU gegeben. Am Ende sorgen demnach nationale wie ausländische Behörden für unser aller kollektiver Sicherheit - manchmal ausländische besser als nationale.

Die teils bittere Pille ist also, dass eigene Kommunikation durch zig Filter und Selektoren unterschiedlichster Staaten geht sobald diese international wird. Die teils bittere Pille ist, dass man sich hier teilweise leisten kann die Befugnisse von Behörden immer in einer Gesamtrechnung der "checks n' balances" zu halten, mit potentiellen Lücken, weil notfalls die krassen Hinweise aus dem Ausland kommen, weil die mitgucken. Und halt vice-versa guckt der BND für andere mit. Oder VS. Oder wer auch immer. Das denk ich mir nicht aus, das kann man ergründen wenn man sich mit den Themen befasst. Ein CCC-Vortrag war dahingehend sehr erhellend und basierte auf freigeklagten Dokumenten US-amerikanischer Dienste. Also vollkommen real und nachvollziehbar und belegbar, wenn man sich damit beschäftigt.

Was ich sagen will ist: Leute die sagen "Ich will möglichst wenig bis keine Überwachungsformen, etwa technisch, noch will ich befähigte Sicherheitsbehörden weil böse", die wollen abstrakt auch mehr NSU oder sonst was in Kauf nehmen.

Ergo denklogisch: Wenn man künftig weitere NSUs verhindern will, kommen wir gar nicht um die Debatte um ausreichend befähigte Sicherheits- oder Abwehrbehörden umhin. Zu sehr aufs Ausland will man sich auch nicht immer zwingend verlassen müssen. Eigene Arbeit sollte wo möglich im Vordergrund stehen.

Zum Glück werden alte linke oder naive Dogmata mehr und mehr zu dem was sie sein sollten: Relikte einer Randgruppe, die hoffentlich vom Mindset her fast ganz aussterben. Weil man sich die Spirenzchen einfach nicht mehr leisten kann. Gerade in einer unsicher werdenden Welt, in der sich diverse Wechselwirkungen auch bestärkend auf einen rechtsterroristischen Rand auswirken, ihn abstrakt fördern.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

20.07.2024 um 14:13
@Warden

Grundsätzlich dito. Erlaube mir aber noch ein paar Anmerkungen bzw. Ergänzungen:
Zitat von WardenWarden schrieb:Ob diese Leute oder Ultralinke die im NSU überall den "tiefen Staat" sahen: Es sind realitätsfremde Schwurbler die teils in Echokammern hocken und nur gegenseitige Bestätigung wollen. Weil "der Staat" und Sicherheitsbehörden immer das Feindbild sei müssen, für die.
In der eher linken oder kurdisch geprägten türkischen Community ist der "Tiefe Staat" eine reale Erfahrung. In der Türkei gab und gibt den "tiefen Staat" wirklich. Die "Grauen Wölfe", Faschisten, Rechtsextremisten und Sicherheitsbehörden bis hin in die Regierung hatten und haben den Staat auf allen Ebenen durchsetzt. Denken wir daran, wie es Erdogan gelang, geleakte Korruptionsvorwürfe gegen seine Familie zu unterdrücken. Die ermittelnden Staatsanwälte und Richter wurden umgehend wegen diverser schlimmer Taten ihres Postens enthoben, für Jahre verurteilt, mundtot gemacht. Das war erschreckend.

Genauso erschreckend war es, wie sich die Opferfamilien, v.a. im ersten Mordfall, von den Ideologen missbrauchen ließen. Bei Simcek konnte man noch gar nicht wissen, dass es sich um den Beginn einer Mordserie handeln würde. Also behandelte man den Fall als Einzelfall. Und als die Blumentransporte von Holland nach Nürnberg keine Ergebnisse brachten, hat man die Familie in die Mangel genommen, glaubte an eine Beziehungstag. Mit nicht ganz fairen Methoden.
Später fühlten sich dann v.a. Mutter und Tochter als doppelte Opfer. Und das wurde dann durch bestimmte Anwälte, Medien usw. angeheizt. Die Tochter sprach vor der Kanzlerin und schrieb Bücher, die größtenteils subjektiv waren. Verständlich. Aber als Kronzeugin für den "strukturellen Rassismus" der Polizei war sie völlig ungeeignet (wobei mir niemand erklären konnte, was "struktureller Rassismus" eigentlich ist - wir sind ja eh nach den modernen Definitionen alle Rassisten und Antisemiten und Männer noch Sexisten). Der Fall Simcek war eben kein Fall Hatil Yozgat, bei dem man wusste, womit man es tun hatte. Da war auch das Verhältnis zwischen Familie und Polizei sehr vertrauensvoll und empathisch.
Zitat von WardenWarden schrieb:Ohne ausländische "Zusatzüberwachung" und Filterung hätte es in Deutschland viel öfter gekracht.
Wir hatten verdammtes Glück. Im Vergleich zu London, Paris, Madrid und anderen Ländern. Der durchgeknallte IS-Anhänger, der am Breitscheidplatz 12 Mensch tötete, war im Grunde ein kleines Licht (auch wenn sich hier wieder eine ähnliche Fehlerstruktur bemerkbar machte wie beim NSU).
Zitat von WardenWarden schrieb:War glaube ich auch ein Hinweis aus dem Ausland.
Ja, den USA. Die hatten gemerkt, dass der Junge das Zeugs im Internet beschafft hat. Und in Köln-Chorweiler in Sichtweite zur BfV-Zentrale wohnte. Ob er es geschafft hätte, eine Bombe zu bauen, ist nochmal eine andere Frage. Aber so Zeug in den Händen eines Fundamentalisten geht gar nicht.
Zitat von WardenWarden schrieb:um Glück werden alte linke oder naive Dogmata mehr und mehr zu dem was sie sein sollten: Relikte einer Randgruppe, die hoffentlich vom Mindset her fast ganz aussterben.
Die linken Ideologen, die unseren Staat mit dem NS-Staat vergleichen (wie anno 1968 ff.), die sterben aus. Ja. Aber es gibt nun vom anderen Rand her Staatsfeinde, die die Demokratie und ihre Sicherheitsbehörden als Feinde betrachten. Reichsbürger, Rechtsextremisten, Schwurbler und Impfgegner, Hooligans, Teile der AfD usw. Ihr Hass richtet sich gegen die Demokratie, den Liberalismus, den Parlamentarismus, die Parteien und eben auch gegen die Institutionen, die sie schützen. Dieser Teil ist viel größer und gefährlicher als der gute alte Linksextremismus.

Von den Linken ist nichts mehr zu befürchten (gut, Autonome, die Krawall machen, die gibt es noch, aber denen fehlt auch die Unterstützung). Da lesen sich jetzt schon seit Jahrzehnten die Verfassungsschutzberichte identisch (mit Ausnahme der "Gang" um Lena E., die ich aber mehr als linke Hooligans einordne).

Kurz und gut: Gefahr von Rechts ist aktuell viel größer als das Geschwurbel um den "NSU-Komplex". Die Islamisten geistern auch noch durch die Gegend. Beruhigender ist das alles auch nicht.


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22.07.2024 um 13:14
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Ich hatte mal das "Vergnügen", bei einer Veranstaltung der "Rosa-Luxemburg-Stiftung" anwesend zu sein wo die Mären und Mythen der NSU-Morde, der "tiefe Staat" und die Verbindung aus Verfassungsschutz und Rechtsextremismus beschworen wurden. […] es ließ sich nicht mit Ideologen und Sektierern diskutieren...

Vollkommen richtig! Was will man bei solch ausgekochtem Schwachsinn par excellence wie diesem hier

Markus Mohr
… Und wir haben die Hypothese: Das war ein Einsatz vom Amt da im Internetcafe und das darf nicht angesagt werden weil da hängen ganz viele Sachen daran und deswegen hat Temme das Recht, davon hat er auch Gebrauch gemacht, zu Lügen das sich die Balken biegen, ein paar Lügen sind ja auch Dank von Hermann Schaus und anderen und der Nebenklage ja auch enthüllt worden aber da kann er unendlich weiter… er da darf nur nicht sagen dass das ein Einsatz vom Amt ist weil dann hängen natürlich andere Leute daran

Friedrich Burschel
eine weibliche Generalbundesanwältin hat es noch nie gegeben
Ab Zeitindex 01.06.19 Minute (Mohr) bzw. 01.08.29 Minute (Burschel)
https://www.youtube.com/watch?v=Qyfju0EzzrI

noch groß diskutieren? Und das war jetzt nur ein kleiner exemplarischer Auszug aus dem über eineinhalbstündigem Müll den die da zusammenlabern! An solch triefend roter Grütze kann man erkennen worum es sich in Wahrheit handelt nämlich um linksideologische Propaganda! Es geht ihnen primär nur darum den Staat, seine Institutionen, Behörden und Ämter zu diffamieren und zu diskreditieren mit Unwahrheiten, Unterstellungen und allerlei abstrusen, unbewiesenen, Behauptungen! Das steht natürlich konträr zur Realität, den Fakten und Tatsachen und um das zu unterstreichen sei nur mal diesen Panorama-Artikel verwiesen welcher sich explizit damit auseinandersetzt. Der Artikel ist von 2012 also mittlerweile mehr als zehn Jahre her aber wie man anhand von linksideologischen Propaganda und verschwörungstheoretischer Fiktion ersehen kann nach wie vor aktuell:

NSU-Morde: Fakten und Fabeln

Nichts regt die Phantasie so schön an, wie die Beschäftigung mit dem Geheimen: Deswegen blüht in der Literatur das Genre des Agentenromans, und in unserem journalistischen Gewerbe das Genre der Verschwörungstheorie. Im Agentenroman ist immer alles möglich, auch und gerade das Undenkbare. Gerne werden auf den letzten zehn Seiten aus Helden Bösewichter, aus Regierungen kriminelle Organisationen - eine völlig neue schillernde Welt entsteht.

Das ist sehr unterhaltsam, ebenso wie die journalistische Verschwörungstheorie immer unterhaltsam sind. Denn nichts ist banal, nüchtern und langweilig - alles ist wahnsinnig merkwürdig und atemberaubend unglaublich. In Zeiten der NSU-Affäre etwa werden aus langweiligen Verfassungsschutzbeamten mordende Zombies, aus katastrophaler Unfähigkeit wird bösartige Vertuschung, aus Dummheit Verschwörung. Dafür gibt es viele Beispiele aus jüngerer Zeit. Mittlerweile - siehe unsere Umfrage - ist das entsprechende Gedankengut auch schon Allgemeingut. Alle Verschwörungstheorien folgen übrigens demselben dramaturgischen Muster: Vermeintliche Ungereimtheiten bei Nebensächlichkeiten werden grotesk überhöht, die naheliegenden Hauptfragen geschickt umgangen.

[...]

Soweit einige der Merkwürdigkeiten im Faktencheck. Die Hauptfrage: Wie hat Andreas T. den Cafebesitzer ermordet, beantwortet die ZEIT leider nicht. Wir wollen an der Stelle aber gerne behilflich sein, denn auch wir können unterhaltsam sein: Nehmen wir die Andeutungen in dem Artikel der ZEIT ernst, legen sie uns folgendes Szenario nahe: Andreas T. bekommt einen Anruf von seiner Quelle aus der rechtsextremen Szene mit dem Hinweis, dass ein Mord passieren oder dass T. nun endlich losschlagen soll. T. setzt sich ins Auto, fährt ins Internetcafé.

Dort trifft er Mundlos und Böhnhardt und bekommt die Ceska in einer Tüte überreicht. Ausgerechnet den Betreiber des Internetcafés soll es treffen, bei dem T. seit mehr als zwei Jahren Stammgast ist. Ok, er setzt sich also an den PC, um jede Menge Spuren zu hinterlassen, die ihn identifizierbar machen. Zehn Minuten chattet er mit seiner Internetbekanntschaft "tanymany", dann erschießt er Yozgat, legt noch 50 Cent auf den Tresen und geht. Und dann übergibt er die Ceska wieder an Mundlos und Böhnhardt und fährt nach Hause.
Klingt eigentlich nicht einmal romantauglich - könnte sein, muss aber nicht.

https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama/aktuell/NSU-Morde-Fakten-und-Fabeln,nsu153.html

Ach ja und von wegen angeblich nicht existenter Generalbundesanwältin...

Monika Harms (* 29. September 1946 in Berlin) ist eine deutsche Juristin. Sie war von 2006 bis 2011 Generalbundesanwältin beim Bundesgerichtshof der Bundesrepublik Deutschland.

https://de.wikipedia.org/wiki/Monika_Harms



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30.07.2024 um 21:15
Beate Zschäpe startet einen zweiten Versuch.
Beate Zschäpe will erneut in Aussteigerprogramm aufgenommen werden
[...]
Im Warteraum des Gefängnisses liegen Kinderbücher auf einem Tisch. In einer Vitrine hängt ein Flyer des Extremisten-Aussteigerprogramms des Landes Sachsen. Das hatte Beate Zschäpe vor gut einem Jahr eine Absage erteilt. Nun versucht sie es erneut – vermutlich bei einem anderen Aussteigerprogramm. Solche Beratungen finden dann laut JVA in speziellen Besuchsräumen statt.

Auf die Frage, warum Zschäpe sich um ein Aussteigerprogramm bemüht, schreibt Anwalt Grasel, sie habe mehrfach betont, rechtes Gedankengut spiele für sie keine Rolle mehr. "Nachdem ihre Worte von vielen Prozess-Beteiligten immer wieder kritisch hinterfragt bzw. angezweifelt wurden, möchte sie mit diesem Schritt ein unmissverständliches Zeichen setzen, dass sie es mit ihrer Distanzierung nach wie vor absolut ernst meint."

Linken-Politikerin zweifelt an Zschäpes Aufrichtigkeit
[...]
"Ich habe den Verdacht, dass sie sich davon eine Hafterleichterung oder Haftverkürzung erhofft. Aber dann muss sie mal Fakten auf den Tisch legen, wer sind die weiteren Unterstützer", fordert Köditz. Vor Gericht habe Zschäpe dazu geschwiegen.

Köditz kritisiert zudem, dass Zschäpe auch bei ihren späteren Aussagen entscheidende Fragen offengelassen habe.
Quelle: https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/chemnitz/beate-zschaepe-nsu-jva-chemnitz-100.html

Da es keine weiteren Informationen zur aktuellen konkreten Begründung von Zschäpe für die Aufnahme gibt, vermag ich die Ernsthaftigkeit nicht einzuschätzen. Auf den ersten Blick hat sich jedoch wohl nichts entscheidendes geändert im Vergleich zum ersten, gescheiterten Versuch.

Im verlinkten längeren Artikel werden auch Räumlichkeiten und Tagesabläufe im Frauengefängnis CHemnitz, in dem Zschäpe einsitzt, beschrieben.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

31.10.2024 um 21:39
OLG Dresden lässt Anklage gegen mutmaßliche NSU-Unterstützerin nur teilweise zu

Eine mutmaßliche Helferin der NSU-Terroristin Beate Zschäpe muss sich wegen Beihilfe zu besonders schwerer räuberischer Erpressung verantworten. Nach Überzeugung des Oberlandesgerichts in Dresden hat die Angeklagte von den Raubüberfällen des NSU-Trios gewusst. Eine Anklage wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung wurde dagegen abgelehnt. Laut Gericht kann ihr nicht nachgewiesen werden, dass sie zum Tatzeitpunkt von den Morden des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) gewusst hat. Gegen die Entscheidung des OLG Dresden kann die Bundesanwaltschaft innerhalb einer Woche Beschwerde einlegen.

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/anklage-nsu-unterstuetzerin-olg-100.html

Gleichermaßen bedauerlich wie enttäuschend diese Meldung aber zumindest bleibt dem Staat wie auch der Gesellschaft somit die mögliche Wiederholung eines Skandal-Urteils wie das von 2018 gegen Andre Eminger erspart. Ein fader Nachgeschmack bleibt dennoch übrig...


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

31.10.2024 um 22:23
Zitat von MauserMauser schrieb:Gleichermaßen bedauerlich wie enttäuschend diese Meldung aber zumindest bleibt dem Staat wie auch der Gesellschaft somit die mögliche Wiederholung eines Skandal-Urteils wie das von 2018 gegen Andre Eminger erspart. Ein fader Nachgeschmack bleibt dennoch übrig...
Keine Ahnung, wie die Beweislage ist.

Bei der Gelegenheit erlaube ich mir den Hinweis, dass die Polizeien der betroffenen Bundesländer die Raub- und Banküberfälle, die von 1998 bis 2011 in erheblicher Zahl begangen worden sind, nicht als Serie begriffen. Erst mit den Ereignissen in Eisenach gelang es, die Serie zu erkennen und aufzuklären. Ich finde das erstaunlich und erschreckend zugleich.

Meiner Ansicht nach haben Mundlos und Bönhardt (wie auch Zschäpe natürlich, so auch ihre Einlassung vor Gericht) die Morde von ihrem sonstigen Leben im Untergrund scharf getrennt. Der Kreis, der das Leben im Untergrund unterstützte und von der "Geldbeschaffung" wusste, der dürfte deutlich größer gewesen sein, als der, der von den Morden zumindest eine leise Ahnung bis sichere Erkenntnis hatte.

Meiner Erinnerung nach wurde die lediglich 2 1/2jährige Haftstrafe für den bekennenden Neonazi E. damit begründet, dass er zwar umfangreich Hilfe geleistet, aber von der Begehung von Mordtaten nichts gewusst habe. Angesicht des Umfangs und der Intensität der Unterstützung und des engen Verhältnisses von E. zum Trio wenig überzeugend. Dagegen wurde der Beschaffer (Sch.) der Ceska 83 mit Schalldämpfer zu 10 Jahren Haft verurteilt, weil das OLG der Meinung war, das Beschaffen einer solchen Waffe impliziert, dass damit nicht nur Raubüberfälle begangen würden. Hm. Er konnte von der Serie nichts wissen und war der Einzige, der überzeugend Reue gezeigt hatte.

Kurz und gut: Es ist wesentlich wahrscheinlicher, dass der NSU noch mehr Unterstützer oder Mitwisser hinsichtlich der Raubdelikte hatte als hinsichtlich der Mordserie. Die war selbst aus Sicht eines Rechtsextremen oder Neonazis politisch wenig hilfreich. Terror ohne Sinn. "Hasskriminalität" würde man heute sagen. Und Mitwisser waren da höchst gefährlich. Ein falsches Wort... Die Mordermittlungen waren ein ganz anderes Kaliber als die relativ oberflächlichen Ermittlungen zu den Raubüberfällen. Die Strafandrohung auch. Nicht umsonst - so Zschäpe - hätten Mundlos und Bönhardt beschlossen, Suizid zu begehen, wenn sie auffliegen sollten.

Dagegen halte ich den "NSU-Komplex" mit Dutzenden von Mord-Gehilfen vor Ort für reine Fiktion.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

01.11.2024 um 11:20
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Die war selbst aus Sicht eines Rechtsextremen oder Neonazis politisch wenig hilfreich. Terror ohne Sinn. "Hasskriminalität" würde man heute sagen.
Interessant ist, wenn man das in einen höheren Kontext setzt. Es ist so gesehen klar, dass kleine isolierte (in dem Fall rechtsextremistische) Terrorgruppen nie die Republik kippen oder alle 'Ausländer'/Migranten vertreiben würden. Gleiches wie mit der verschwörerischen Reichsbürgertruppe um diesen "Reuß", wo man glaube ich Pläne mit endlichem Personal hatte, kritische Infrastruktur, das Regierungsviertel oder den Bundestag anzugreifen und sich selbst quasi zur Regierung usw. zu erheben.

Viel Spaß sage ich da nur, bei der Gegenwehr die aufgefahren worden wäre. Die Pläne waren so gesehen nie wirklich umsetzbar oder man wäre in schweizer Käse verwandelt worden, überspitzt formuliert.

(Hier als interessanter Aspekt anbei, der den Punkt der Mitwisser aufgreift, wie du es schon erwähnt hast: Hast du zu wenig sind die Pläne konspirativ langlebiger aber kaum im großen Stil ausführbar - ausser ggf. für Terror ohne Sinn und einzelne Opfer. Willst du mehr im größeren Stile erreichen brauchst du mehr Involvierte, Mitwisser und Unterstützer und riskierst demnach auch viel eher, aufgeklärt und gestoppt zu werden. Es reicht manchmal schon eine Person die etwas aufschnappt oder die kalte Füße bekommt und sich an die Behörden wendet um einen ganzen Komplex aufzudecken bzw. weitgehend nachhaltig zu neutralisieren, auch wenn nicht alle am Ende aufgeklärt oder markant angeklagt werden. Ein umschriebenes 'Wind aus den Segeln nehmen' und Schlimmeres erst mal verhindern; auch wenn irgendwann woanders neue Akteure erscheinen könnten.)

Das Problem ist leider, dass die ideologisch und oft im psychischen Ausnahmezustand handelnden oder planenden Akteure in ihrem ideologisch induzierten Wahn halt glauben, dennoch etwas im großen Stil bewirken zu können oder irgendeinen Grundstein zu legen. Und das fordert, wenn es mal zu Tatausführungen kommt, leider im schlimmsten Fall Opfer. Siehe NSU. Menschen die auch ggf. zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Man sieht das auch bei Anschlägen aus dem islamistischen Bereich sehr gut: Der Gottesstaat wird auch nicht ausgerufen oder wahrscheinlicher, weil ein Idiot oder vom Wahn zerfressender Täter einzelne "Ungläubige" verletzt oder umbringt. Eine Verkettung von Einzeltätern oder Kleinstgruppen wird im großen Maßstab auch nichts daran ändern.

Im Gegenteil schneiden sich solche Akteure eher noch (und deren ideologischen Glaubensbrüdern jedweder Couleur) ins eigene Fleisch, da Druck auf die jeweiligen Szenen sowie Gesetzesänderung eine Art Repression eher noch verstärken. Aber siehe hier erneut obigen Absatz zu den Problematiken und Gefahren für die Gesellschaft.


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Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

01.11.2024 um 12:53
Zitat von WardenWarden schrieb:Das Problem ist leider, dass die ideologisch und oft im psychischen Ausnahmezustand handelnden oder planenden Akteure in ihrem ideologisch induzierten Wahn halt glauben, dennoch etwas im großen Stil bewirken zu können oder irgendeinen Grundstein zu legen. Und das fordert, wenn es mal zu Tatausführungen kommt, leider im schlimmsten Fall Opfer. Siehe NSU.
Ich will Deinen ergänzenden und völlig zutreffenden Ausführungen nur noch hinzufügen, dass im Falle NSU von Dritten immer wieder auf die taktisch-strategische Grundlage von Terror als "führerloser Widerstand" geschlossen worden ist.

Wikipedia: Führerloser Widerstand

Sieht man sich aber genauer an, was dieser "führerlose Widerstand" sein soll (und man nicht jede x-beliebige rechtsextremistisch motivierte oder von Rechtsextremisten begangene Tat dort einordnen möchte) so unterscheiden sich die Taten von Mundlos und Bönhardt fundamental von den Taten des "Werwolfs" 1945, des Oktoberfestattentats, eines Anders Breivik in Norwegen, des Mordes an Regierungspräsident Lübke oder dem Synagogenanschlag in Halle.

Sie unterscheiden sich auch fundamental von den zumeist völlig spontan begangenen Hassmorden in Ostdeutschland Anfang der 1990er Jahre.

Der führerlose Widerstand hat wie jeder Terror ein Ziel: Terror als Mittel zur Umsetzung politischer Ziele. Die beiden Uwes mordeten aber in einer Art und Weise, dass objektiv gar nicht erkannt werden konnte, ob es sich hier um eine politische Tat gehandelt hat.

Die Mordserie wurde selbst in der "Szene" des gewaltbereiten Rechtsextremismus und innerhalb der Neonazis als innerethnischer Konflikt im Rahmen organisierter Kriminalität wahrgenommen. Durchaus mit Häme oder Befriedigung wurde zur Kenntnis genommen, dass sich die "Türken" selbst gegenseitig umbrachten. Es gibt aber keine Anhaltspunkte, dass dort die Taten als politischer Akt von Rechtsextremisten erkannt wurden. Und erst recht nicht als Motivation oder gar Initialzündung für die Bildung weiterer Zellen und Gruppen, die Taten begehen. Hinzu kommen unerklärliche und unerklärte "Mord-Pausen", so zwischen 2001 (München) und 2004 (Rostock) und von 2007 (Heilbronn) und 2011 (Aufdeckung in Eisenach), die keiner logischen Erklärung zugänglich sind.

Damit bricht aber eine elementare Säule des "führerlosen Widerstandes" weg: Sein politischer Sinn. Die Morde waren sinnlos. Ihr Terror wurde als krimineller Akt gesehen, sowohl von der Polizei, den Medien, der Politik, der betroffenen Opfer und auch der politischen Adressaten. Zwar gab es in den betroffenen ethnischen Gruppen Verunsicherung und Angst, aber die wandte sich an die organisierte Kriminalität der eigenen Ethnie, nicht an einen selbsterklärten NS-Untergrund.

So fehlte die Einbettung in ein politisch-terroristisches Konzept, ganz anders als bei den islamistischen oder rechtsextrem motivierten Anschlägen, bei denen der Bezug zum ideologisch-politischen Programm beabsichtigt oder schnell ermittelt ist.

Daher meine Einschätzung des NSU als "lausige Terrorgruppe", deren Taten wesentlich mehr psychopathologische Züge aufweisen, denn politische Sinnhaftigkeit. Selbst der Mord an der Polizistin Michele Kiesewetter in Heilbronn gab zwar den Tätern die Befriedigung, über der Polizei und den Staat zu stehen. Aber die Tötung blieb im luftleeren Raum, niemand in Polizei, Justiz, Medien, Politik erkannte politische Bezüge (ex post waren v.a. Medien und Politik viel schlauer, aber vor 2011 genauso blind wie die Polizei, die v.a. im Fall ihrer eigenen Kollegin nichts unversucht gelassen hat, den Fall aufzuklären. Leider konnte diese Tat 2007 nicht den "Döner-Morden" von 2000 bis 2006 zugeordnet werden, weil in Heilbronn andere Waffen verwendet worden waren. Und an allen Tatorten nie DNA-Spuren gefunden werden konnten.
Zitat von WardenWarden schrieb:Der Gottesstaat wird auch nicht ausgerufen oder wahrscheinlicher, weil ein Idiot oder vom Wahn zerfressender Täter einzelne "Ungläubige" verletzt oder umbringt. Eine Verkettung von Einzeltätern oder Kleinstgruppen wird im großen Maßstab auch nichts daran ändern.
Mit Terror unmittelbar ein politisches Ziel zu erreichen, das dürfte den wenigsten Terroristen vor Augen sein. Die Islamisten haben vielleicht ihr Paradies und die 64 Jungfrauen vor Augen und suchen deshalb den Märtyrertod. Ausnahme ist vielleicht auch die Tötung eine hohen Staatsmanns mit der Hoffnung, einen Umsturz herbei zu führen.

Auch der Lübke-Mord ergibt absolut Sinn, soll er nach dem Vorbild der Fememorde in der Weimarer Republik (Rathenau, Erzberger, Eisner usw.) die politische Klasse in Angst vor den natiional und völkisch Denkenden versetzen (ähnlich wie die RAF bei den Eliten der Bundesrepublik, die sich aber ab 1972 ganz der Gefangenenbefreiuung verschrieben und ihren revolutionär-politischen Anspruch in die Mülltone geworfen hatte). Aber die Ermordung von "ordinary people" ändert erst einmal nichts fundamental. Sie soll politisch und sozial destabilisierend wirken und ist zugleich an die eigenen Anhänger gerichtet: "Tut uns es nach. Wenn wir genug sind, dann wendet sich das Blatt!"

Der NSU hatte keine Adressaten. Der Widerstand war eigentlich kein Widerstand. Sondern die sinnlose Hinrichtung von vermeintlich minderwertigen Menschen, wo man sich als Herr über Leben und Tod fühlen durfte. Das war geil. Dementsprechend stieg das von Beginn an schon sehr hohe Entdeckungsrisiko noch immer weiter an. Kassel und Heilbronn waren eigentlich schon Harakiri. Verdammtes Dussel, dass sie nicht bei der Tatausführung gesehen wurden. Sie brauchten wohl immer mehr den "Kick". Auch das ein Unterschied zu den vielen anderen (Einzel-Terroristen).


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04.11.2024 um 10:05
Zitat von OriginesOrigines schrieb am 31.10.2024:Dagegen halte ich den "NSU-Komplex" mit Dutzenden von Mord-Gehilfen vor Ort für reine Fiktion.

Genau die richtige Einleitung um heute am 04. November 2024, dem Jahrestag der Selbstenttarnung des NSU, mal wieder die Fragen aller Fragen zu stellen. Wir erinnern uns alle an folgende Aussage:

    • Die Morde wurden durch ein Neonazi-Netzwerk ermöglicht. Wie funktioniert dieses?

    Caro Keller: Wie das Netzwerk genau funktioniert hat, wissen wir nicht. Das wurde von der Bundesanwaltschaft beim Prozess einfach ausgeblendet. Wir glauben nicht, dass es nur einige wenige Helfer für das NSU-Trio gegeben hat. Wir denken vielmehr, dass es ein bundesweites Netzwerk gab oder gibt. Aber, wie es genau funktionierte, wer was wusste, wie die Informationen weitergegeben wurden, wie die Ausspionierung funktioniert hat - das blieb ungeklärt.

    Aber eigentlich bin ich ganz optimistisch, dass wir das in den nächsten Jahren herausfinden werden. Wir reden von zehn Morden, von drei Sprengstoffanschlägen, von fünfzehn Banküberfällen, da muss es sich doch bei mindestens einem herausfinden lassen, wie das ganz konkret im Detail funktioniert hat, wer daran beteiligt war. Das wird der Schlüssel sein, das ganze Netz aufzuschließen. Da sind wir und andere dran.
    https://www.heise.de/tp/features/Es-gab-oder-gibt-ein-bundesweites-Netzwerk-hinter-dem-NSU-Trio-4996890.html

    Bitte beachten: Die Aussage von Caro Keller, Sprecherin von NSU-Watch, stammte vom Dezember 2020(!), also inzwischen fast vier Jahre! Zeit genug also sollte man meinen um auch in diesem Jahr wieder einmal nachzuhaken was sich denn in der Zwischenzeit so getan hat in punkto Aufklärung dieses vermeintlichen „Neonazi-Netzwerkes“ beim NSU…

    Die Antwort darauf sollte natürlich nicht überraschen: Gar nichts! Null, nada, niente, zero, absolut gar nichts! Wie immer bei dieser zentralen Frage denn man kann überhaupt nichts zu einem angeblichen „Neonazi-Netzwerk“ aufklären wenn es ein solches Netzwerk niemals gegeben hat. Einfachste Logik! Bis zum heutigen Tag – mittlerweile mehr als 13 Jahre nach der Aufdeckung des NSU – konnte niemand aber auch gar niemand noch nicht mal ansatzweise die Existenz eines solchen „Netzwerkes“ in welcher Art und Weise auch immer beweisen!

    Doch das haben diese ganzen Netzwerkbefürworter seien es nun Opferhinterbliebene, Nebenklagevertreter, Linke, Antifaschisten oder auch nur irgendwelche ahnungslosen User hier auf Allmystery ohne elementare Basiskenntnisse in der NSU-Thematik bis heute nicht begriffen. Sie alle können nicht von der Mär, diesem Mythos, abrücken weil ansonsten ihre ganze Überzeugung, all das woran sie vehement geglaubt haben, schlagartig in sich zusammenbrechen würde. Aber die Wahrheit wird nun mal nicht zur Wahrheit nur weil man möchte dass es die Wahrheit ist, so einfach funktioniert die Welt halt auch nicht. Insofern bleibt nur noch zu sagen dass es von heute an, in genau einem Jahr, dem 04. November 2025, in der Frage nach dem vermeintlichen „Neonazi-Netzwerk“ beim NSU wieder heißen wird: „Und jährlich grüßt das Murmeltier“…

    Zitat von OriginesOrigines schrieb am 31.10.2024:Dagegen wurde der Beschaffer (Sch.) der Ceska 83 mit Schalldämpfer zu 10 Jahren Haft verurteilt, weil das OLG der Meinung war, das Beschaffen einer solchen Waffe impliziert, dass damit nicht nur Raubüberfälle begangen würden. Hm. Er konnte von der Serie nichts wissen und war der Einzige, der überzeugend Reue gezeigt hatte.

    Kurze Korrektur und Anmerkung an dieser Stelle: Carsten Schultze war nicht der Beschaffer der Mordwaffe, das war Ralf Wohlleben, sondern lediglich der Überbringer wofür er letztendlich im NSU-Prozess zu 3 Jahren Haft verurteilt wurde. Das Unverständnis rührt hier vor allem daher das der bekennende Neonazi Andre Eminger zu lächerlichen 2 ½ Jahren verknackt wurde obwohl die Bundesanwaltschaft ja insgesamt 12 Jahre gefordert hat. Man konnte dadurch den Eindruck gewinnen das konsequentes Schweigen belohnt wird wohingegen Reuebekenntnis und Schuldeingeständnis quasi bestraft werden.

    Andererseits sollte man an dieser Stelle aber auch nicht die Schwere des Tatvorwurfs, Beihilfe zum Mord, vergessen und das Schultze definitiv schuldig war wie er selber eingeräumt hatte. Mit einer Verurteilung nach Jugendstrafrecht zu moderaten 3 Jahren Freiheitsstrafe haben Bundesanwaltschaft und Oberlandesgericht ihn eigentlich mit Samthandschuhen angefasst und somit seinen Beitrag zur Aufklärung honoriert. Das mag für so manchen vielleicht unverständlich sein aber man darf eben nicht dem Fehler begehen und aus einem Sünder einen Heiligen machen….

    Zitat von OriginesOrigines schrieb:Hinzu kommen unerklärliche und unerklärte "Mord-Pausen", so zwischen 2001 (München) und 2004 (Rostock) und von 2007 (Heilbronn) und 2011 (Aufdeckung in Eisenach), die keiner logischen Erklärung zugänglich sind.

    Ich würde nicht behaupten das diese Unterbrechung bzw. das Ende der Mordserie nach 2007 keine logische Erklärung haben wenngleich es natürlich stimmt das die tatsächlichen Gründe dafür bis heute unbekannt sind. Allerdings lassen sich anhand bestimmter Indizien durchaus gewisse Rückschlüsse ziehen welche man dann zu einer hypothetischen Möglichkeit formuliert werden können, gerade was die Frage anbelangt warum die Mordserie nach 2007 so vermeintlich abrupt endete. Letztendlich braucht es aber, wie im gesamten NSU-Komplex, nach wie vor einfach weitere Ermittlungen, Untersuchungen und Aufklärung um zu einem tatsachenorientieren, faktenbasierenden, Ergebnis zu kommen.


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    Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

    04.11.2024 um 16:36
    Zitat von MauserMauser schrieb:Kurze Korrektur und Anmerkung an dieser Stelle: Carsten Schultze war nicht der Beschaffer der Mordwaffe, das war Ralf Wohlleben, sondern lediglich der Überbringer wofür er letztendlich im NSU-Prozess zu 3 Jahren Haft verurteilt wurde.
    Das ist korrekt. Ich hatte die entsprechende Zeile im Wikipedia-Artikel falsch interpretiert.
    Zitat von MauserMauser schrieb:Ich würde nicht behaupten das diese Unterbrechung bzw. das Ende der Mordserie nach 2007 keine logische Erklärung haben wenngleich es natürlich stimmt das die tatsächlichen Gründe dafür bis heute unbekannt sind.
    Diese tatsächlichen Gründe gibt es sicher. Wir kennen sie halt nicht und auch Zschäpe hat im Prozess nichts dazu beigetragen.

    So können es gruppendynamische Gründe gewesen sein, Phasen von Konflikten oder Krisen, auch die Befürchtung belangt zu werden. Vielleicht stand die Geldbeschaffung im Vordergrund. Genauso sind ideologische Krisen denkbar, die Frage nach Sinn und Zweck. Schließlich - bei Verbannung eines weitgespannten und völlig unerkannt gebliebenen Netzwerkes in das Reich der Mythen und Märchen - die Gelegenheit, die Laune oder der Zufall.

    Das können wir jedenfalls für den Mord an Kiesewetter in Heilbronn annehmen. Aber auch in anderen Fällen (z.B. Rostock oder Kassel) schienen die Taten in ihrer konkreten Gestalt mehr spontan denn langfristig geplant gewesen zu sein. Bei Yozgat in Kassel war nicht nur der LfV-Mitarbeiter im Nebenraum an einem Computer, sondern 2 oder 3 weitere Personen wie auch 1 Person in einer Telefonzelle im Verkaufsraum selbst (was vor lauter Verfassungsschutz-Bashing gerne hinten runter fällt). Der Vater des Opfers betrat auch kurz nach der Tat denTatort.

    Das Risiko bei der Tatausführung "ertappt" zu werden war in Kassel also enorm und hätte zu einem Blutbad führen können. Schließlich ist z.B. der LfV-Mann Temme nachweislich im Sekundenbereich vor oder (wahrscheinlicher) nach der Tat gegangen und hat noch 50ct. Internet-Gebühr auf den Tresen gelegt. Das spricht nicht dafür, dass der Tatort vorher beobachtet oder sonstwie "ausbaldowert" worden ist. Es wäre auch kein Problem gewesen, mit der Ceska 83 in einer Plastiktüte den Verkaufsraum zu betreten - und dann ohne Mord weiter zu ziehen. Vielleicht ist das auch oft passiert.

    Ab April 2007 war der "NSU" meiner Meinung nach ideologisch am Ende. Mit dem Polizistenmord war ein Gipfel des "Widerstandes" erreicht. Eine Steigerung war nicht mehr möglich. Vielleicht wussten sie bei der Tatausführung auch nicht, dass sie eine 22jährige Frau erschießen würden, die in Thüringen aufgewachsen war. Und überhaupt das erste weibliche Opfer. Große Heldentat. Danach (wohl um 2007) wurde dann noch der lächerliche und zugleich perfide Paulchen-Panther-Film hergestellt, vielleicht der Versuch einer Rechtfertigung. Zschäpe versuchte ja noch, CDs mit dem Film in der Republik zu verteilen, was einem auch reichlich unprofessionell und hilflos vorkommt (Zschäpe ging es dabei richtig dreckig, sie wollte auch Suizid begehen, "konnte aber nicht".

    Und dann war Ende - bis zu jenem 4. November 2011. Das Spiel war aus. Und nein, am Tod der beiden Uwes waren keine fremden bösen Mächte beteiligt. Nur sie selbst. Das haben mehrere Untersuchungsausschüsse parteiübergreifend festgestellt.


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    Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

    05.11.2024 um 12:05
    Zitat von OriginesOrigines schrieb:Vielleicht wussten sie bei der Tatausführung auch nicht, dass sie eine 22jährige Frau erschießen würden, die in Thüringen aufgewachsen war
    Also bis heute glaube ich eben nicht, dass M. Kiesewetter ein Zufallsopfer war.
    Beim Prozess wurde dieser Mord damit erklärt, dass der NSU sich Waffen beschaffen wollte. Sorry, das ist ein Märchen.
    Der NSU hatte genug Waffen und wenn man trotzdem auf die Idee käme, sich weitere besorgen zu wollen (von mir aus weil die anderen Waffen zu alt, unzuverlässig oder nicht praktikabel waren), kommt man ganz sicher nicht auf die Idee, eine Polizeistreife mit 2 Polizisten spontan am hellichten Tag, auf einer belebten Festplatzwiese mit 2 Kopfschüssen hinzurichten und deren Waffen zu entwenden. Und zufälligerweise dabei noch eine M. Kiesewetter erschiesst, die aus Oberweißbach/Thüringen kommt und somit unmittelbar aus der räumlichen Nähe des Thüringer Heimatschutzes stammt. Dann noch die Verbindungen ihres Onkels als Polizist/Ermittler in die rechte Szene/Rotlichmilieu von Thüringen, 2 ihrer Kollegen waren bei den European white Knights of the Ku Klux Klan und ihr Vorgesetzter bei Uniter. Dazu die Zeugenaussagen, mehrere blutverschmierte Personen gesehen zu haben, die sich fluchtartig in Tatortnähe bewegt haben.

    Bei dem Polizistenmord von Heilbronn waren für mich mehr als 2 Täter involviert und die Tat selbst war sicher keine Zufallstat.

    Ich glaube auch nicht an einen Deep State oder Verschwörungstheorien. Nur die Behörden haben hier schlecht gearbeitet, schlecht oder gar nicht miteinander kommuniziert und ich behaupte auch, dass Verfassungsschützer/Behörden mehr gewusst haben bzw hätten wissen müssen, als sie behaupten (siehe Aktenvernichtung) oder sie wussten eventuell von den Morden und haben nicht reagiert (siehe A. Temme).


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    Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)

    05.11.2024 um 12:42
    Zitat von Muerto04Muerto04 schrieb:Also bis heute glaube ich eben nicht, dass M. Kiesewetter ein Zufallsopfer war.
    Glauben ist das Stichwort. Wer nicht weiß, der glaubt. Die Fakten sind das andere.

    Bönhardt und Mundlos (B & M) konnten definitiv nicht wissen, dass Kiesewetter und Arnold zu diesem Zeitpunkt an diesem Ort Mittagspause machen würden. Das wusste nämlich niemand. Vermutlich nicht mal sie selbst, weil es gerade keinen Auftrag gab und sie Zeit hatten. Nicht mal die Zentrale, der per Funk nur der grobe Ort und "Wir machen jetzt mal Mittag" mitgeteilt worden ist. Und - Stichwort Funkdisziplin - erwähnten die beiden Streifenpolizisten nicht ihre Namen. Also selbst wenn B & M den Polizeifunk abgehört hätten, hätten sie nicht wissen können, wer dort Mittag machen würde.

    Alle "Spuren" nach Thüringen und all die wüsten Spekulationen gehen ins Leere. Die Soko hat 2011 den Fall nochmals aufgerollt und auch dort alles abgegrast, was Kiesewetters Herkunft betraf. Ihr Familien- und Privatleben ist ein eigenes Thema (die arme Frau hatte es nicht leicht in ihrem kurzen Leben), aber es wurde nichts Relevantes gefunden. V.a. ihre Mutter litt extrem unter den immer neuen Spekulationen und Gerüchten.

    Der Platz auf der Heilbronner Theresienwiese wurde jedenfalls ab und an auch von anderen Polizeiautos angesteuert. Zuletzt ein oder zwei Tage vorher. Vermutlich hatten B & M das von einem Parkplatz in der Nähe aus beobachtet. Und vielleicht beschlossen, einen Angriff zu wagen. Vielleicht gab es einen solchen Plan schon länger, Polizisten anzugreifen. Schweinesystem und so. Ich denke aber, die konkrete Tat war spontan.

    Denn sie waren nicht gut ausgerüstet. Das spricht für eine gewissen Spontanität. Kiesewetter wurde mit einer alten Weltkriegswaffe (9mm) erschossen, Arnold mit einer relativ schwachen Waffe (7,65mm). Deswegen überlebte er den Kopfschuss.

    Dass B & M moderne P2000 von Heckler & Koch erbeuten wollten war meiner Überzeugung nach ein sekundäres, aber nicht primäres Ziel. Primär wollten sie einen "Skalp", ein Ding, das ihnen spüren ließ, über der Polizei, über dem Staat zu stehen. Sie brauchten diese Waffen nicht wirklich, dafür war das Arsenal im Wohnmobil schon groß genug.

    Sie waren jedenfalls für Waffenbeschaffung bei der Polizei schlecht vorbereitet. Polizeiwaffen stecken so im Holster, dass erst eine versteckte Arretierung gelöst werden muss, bevor man die Waffe ziehen kann. Die dient dazu, dass man einem Beamten nicht mal so eben die Waffe entreißen kann. B & M wussten das offenbar nicht. Sie zerrten jedenfalls wie die Blöden am Gürtel der sterbenden Kiesewetter, bis sie aus dem Auto gezogen worden war. Ob sie den ganzen Gürtel mitgenommen oder die Waffe mit brutaler Gewalt gelöst hatten, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls wurde Kiesewetters P2000 am 04.11.2011 im Wohnmobil gefunden.

    Beim schwerverletzten Arnold gelang es ihnen jedenfalls nicht, die P2000 zu lösen. B & M waren ja unter gewaltigen Zeitdruck. Der Platz war weiträumig einsehbar und auch wenn zum Tatzeitpunkt keine Personen zu sehen waren, konnten jederzeit welche kommen.

    B & M flüchteten jedenfalls später am Tag mit ihrem gemieteten Wohnmobil aus Heilbronn. Das hat die Ringfahndung ergeben.


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