Mauser schrieb:Auch wenn es sich bisher nicht unmittelbar beweisen lässt – es ist sehr wohl möglich und kann daher nicht ausgeschlossen oder in Abrede gestellt werden!
Nein, eine mittel- oder langfristige Tatplanung kann nicht ausgeschlossen werden - aber sie ist halt auch nicht belegt. Vielleicht ist der Umstand interessant, dass Uwe Bönhardt die Anmietung des Wohnmobils (ursprünglich bis 16.04.2007) offenbar noch kurzfristig bis zur Rückgabe mutmaßlich am 26. oder 27.04.2007 verlängert hat. Im 1. NSU-UA hat der Ermittlungsleiter darauf hingewiesen, dass zwischen dem 16. und dem 25. April 2007 fast täglich gegen Mittag am späteren Tatort ein Streifenwagen Mittagspause gemacht habe (BT-Drs. 17/14600, S. 641).
Man mag daraus diverse Thesen ableiten, aber wir wissen zur konkreten Tatplanung nichts.
Mauser schrieb:Insofern hat der Verweis auf diese ominöse Zeugenaussage überhaupt keine argumentative Relevanz und spricht somit weiterhin mitnichten gegen eine Tatplanung seitens Mundlos und Böhnhardt!
Es ist auch nicht die Aussage, die ich meinte, dort stand das Wohnmobil nicht direkt am Tatort (dem Neckar zugewandt), sondern an der der Hafenstraße zugewandten Seite (Koordinaten: 49.140945, 9.202948). Offenbar hat sie ihren Weg nicht in die Berichte bzw. Prozessmitschriften gefunden. Aber selbst wenn ich sie nachweisen könnte, habe ich damit meine Tatthese, nämlich ein zufälliges Bemerken der Pause machenden Polizisten neben dem Verteilerhäuschen, noch nicht belegt.
Aber für mich war das ein Argument, dass sie dort wohl nicht geparkt hätten, hätten sie von Beginn an vorgehabt, dort Polizisten zu ermorden. Interessant beim Tatort zudem: Im Prozess wies ein Zeuge (der verdächtige Fahrradfahrer bemerkt hatte), darauf hin, dass vom DB-Stellwerk an der Hafenstraße aus von oben der gesamte Tatort gut zu überblicken war. Aber auch hier können wir über die Tatplanung und -ausführung nur rätseln.
Die Tat konnte jedenfalls so oder so ohne jede Hilfe Dritter geplant und durchgeführt werden. Die Aktion war höchst riskant und hat deshalb bei mir immer den Eindruck einer relativ spontan, maximal wenige Tage, geplanten Tat gemacht.
Mauser schrieb:Das alles sind harte Sachbeweise welche die Täterschaft von Mundlos , Böhnhardt und Zschäpe eindeutig nachweisen!
Die steht außer Frage. Bei Zschäpe funktioniert aber die Mittäterschaft nur über die Tatherrschaft im heimischen Zwickau.
Mauser schrieb:Fraglich ist halt ob sie wirklich alles diese vielen potenziellen Ziele und Orte auf der ‚10000’er Liste selbst eruiert haben und wie sie überhaupt auf diese teils doch sehr entlegenen oder untypischen Ziele gekommen sind da ein spezifischer NSU-Bezug nicht erkennbar ist.
Tja. Das Argument kannst Du für oder gegen Hilfe durch Dritte verwenden. Es bleibt eine ungelöste Frage.
Mauser schrieb:Nein weil du eben – bis jetzt – keine logische Erklärung dafür geliefert hast wie das Trio eben auf bestimmte Ziele und Orte außerhalb der Norm gekommen ist.
Doch, ich denke, das habe ich. Ich sehe keinen Anhaltspunkt dafür, warum es nicht so gewesen KANN, wie ich es vertrete. Insbesondere sehe ich keine Norm, was drei Typen tun, die seit 13 Jahren im Untergrund leben, keiner geregelten Arbeit nachgehen, sich finanzieren und sich eine Existenzberechtigung verschaffen müssen. Hauptberuf: Untergrundkämpfer. Kapital: Zeit, Reisen, Waffen.
Mauser schrieb:Darauf musst du eine plausible Antwort geben können.
Plausibel ist meine Antwort auf jeden Fall. Du kannst meine Grundannahme in Frage stellen ( = Helfer vor Ort waren nicht nötig und es gibt auch in keinem Fall konkrete Belege für die Hilfe Dritter im Rahmen der Morde). Was Du ja auch kenntnisreich und akribisch tust und darfst.
Aber das ist halt mein kriminalistischer Gesamteindruck aus meiner Kenntnis des Falles. Ähnlich wie die vor Ort ermittelnden Polizeien, die BAO, das BKA und letztlich auch Götzl im Zschäpe-Prozess versuche ich mich dort in Komplexitätsreduktion, wo es keine gesicherte Erkenntnis gibt oder geben kann, bevorzuge die einfachere Variante, wenn ich spekulieren muss.
Und es ist auch in diesem Fall überhaupt nicht merkwürdig, dass "Rätsel" bleiben. Die Haupttäter sind tot. Auch das ist schon rätselhaft genug:
https://www.bpb.de/343020Zschäpes Einlassungen kann man pauschal als unglaubwürdig bzw. unglaubhaft titulieren - sie lassen sich nicht widerlegen. Genau so sind sie vielleicht auch angelegt. Aber ich kann ihr keine andere gesicherte Wahrheit entgegen stellen - außer den Feststellungen des OLG zu ihrer Rolle als Mittäterin.