Rund zwei Wochen vor dem 10. Jahrestag der Selbstenttarnung des NSU hat der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, der Taz ein aufschlussreiches Interview gegeben wovon einige Passagen so interessant sind das sie nicht unkommentiert bleiben können:
Nicht alle Mitarbeiter schienen so betroffen. Einer, Tarnname Lothar Lingen, schredderte bereits am 10. November 2011 mehrere Akten von Thüringer V-Männern. Können Sie heute sagen, warum?
Thomas Haldenwang: Ich bin da heute auch nicht schlauer als all die anderen, die versucht haben, diesen Sachverhalt aufzuklären. Fakt ist: Das war eine massive Pflichtverletzung, ein Fehlverhalten einer Einzelperson. Diese Aktion war nicht im Bundesamt veranlasst, kein Vorgesetzter hat das angeordnet. Lingen selbst hat sich ja dazu im Untersuchungsausschuss geäußert. Er habe wegen der großen Zahl der V-Leute in Thüringen nicht die Frage aufkommen lassen wollen, warum wir nicht über die Aktivitäten des Trios informiert waren. Das ist nicht unplausibel. Auch ist es uns gelungen, die wesentlichen Inhalte der Akten zu rekonstruieren, so dass wir diese den Untersuchungsausschüssen vorlegen konnten. Dennoch haben wir keine umfassende Klarheit über das Motiv.
https://taz.de/Verfassungsschutzchef-ueber-NSU-Terror/!5809818/ |
Genau diese Tatsache kann man eigentlich gar nicht laut und oft genug wiederholen! Punkt Eins: Die sogenannte "Operation Konfetti", die Vernichtung der T-Akten der Operation Rennsteig im Bundesamt für Verfassungsschutz, kurz nach Auffliegen des NSU am 04. November 2011, war weder eine geplante noch eine autorisierte Aktion seitens des Bundesamtes sondern der völlige Alleingang eines damals zuständigen Referatsleiters!
Punkt Zwei: Die geschredderten T-Akten wurden im Rahmen der Aufklärung rekonstruiert, gesichtet, die Klarnamen der V-Personen festgestellt und im Ergebnis ist davon festzuhalten das diese V-Leute
KEINEN Bezug zum NSU gehabt haben! Das ist auch durch die Aussagen von Clemens Binninger, Mitglied in den NSU-Untersuchungsausschüssen Bundestag I + II, belegt! Also sind auch die damit verbundenen Spekulationen/Behauptungen diese V-Personen hätten etwas berichten müssen, nur weil sie sich im Dunstkreis der V-Leute um den NSU befunden haben, vollkommen aus der Luft gegriffen!
Die Akten betrafen V-Leute aus dem Thüringer Heimatschutz – in dem sich Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe radikalisiert haben. Mit dabei war auch die Akte von V-Mann “Tarif“, der später angab, er hätte das untergetauchte Trio beherbergen und auffliegen lassen können – sei von seinem V-Mann-Führer aber daran gehindert worden.
Thomas Haldenwang: Das haben wir aufgeklärt und weisen diese Behauptung zurück. Weder in den rekonstruierten Akten noch in Aussagen damals beteiligter Mitarbeitender gab es Hinweise, dass dieser Vorhalt des V-Manns zutreffend ist.
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Sehr schön das Haldenwang hier nochmal bestätigt das die Behauptungen von diesem Dolsperg sowohl unbewiesen als auch unglaubwürdig sind. Der Typ ist einfach nichts weiter als ein ehemaliger V-Mann, angeblicher Nazi Aussteiger aber noch immer rechtsgerichteter Desinformant!
Es war ja nicht nur “Tarif“. Im Umfeld des NSU-Trios bewegten sich rund 30 V-Leute. Kaum zu glauben, dass der Verfassungsschutz nichts vom Treiben der Untergetauchten mitbekam.
Thomnas Haldenwang: So ist es aber. Welches Interesse sollte ich haben, Fehlverhalten des Verfassungsschutzes zu decken? Im Gegenteil habe ich, seit ich mit diesen Vorgängen ab 2012 zu tun hatte, alles mir Mögliche getan, um diesen Sachverhalt aufzuklären, und habe auch die verschiedenen Untersuchungsausschüsse unterstützt und Sonderermittlern umfangreichen Einblick in die Akten gewährt. Aber trotz all dieser Bemühungen und des Prozesses gegen Beate Zschäpe können wir heute keine andere Geschichte des NSU schreiben.
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So und nicht anders wird ein Schuh draus! Und der bloße Umstand das sich eine gewisse Anzahl an V-Leutem im Umfeld des NSU befunden haben beweist zudem überhaupt nichts! Denn V-Personen sind nun mal
KEINE verdeckten Ermittler oder Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sondern bezahlte Informanten einer politischen, religiösen, kriminellen, gewaltbereiten oder sonstigen extremistischen Szene!
Es ist keinesfalls sichergestellt das die Informationen die sie liefern immer der Wahrheit entsprechen, vollständig sind oder überhaupt einen Wert besitzen. Eine V-Person kann genauso gut ein linkes Ding abziehen da seine Loyalität nicht zwangsläufig bei dem Dienst liegt für den er Informationen beschaffen soll. Das ist ein ständiges Katz-und-Maus-Spiel bei dem jeder den anderen zu übervorteilen versucht. In einem solch undurchsichtigen Sumpf und Wust an Informationen ist es schon für einen Dienst schwer den Überblick zu behalten und wenn man dann noch bedenkt das es im Deutschland über sechzehn Landesämter für Verfassungsschutz plus dem Bundesamt gibt, die auch nicht immer zusammengearbeitet haben, bekommt man einen Eindruck wie schwer es ist Informationen richtig zu filtern. Darüber hinaus gibt es auch nicht eine einzige Meldung, gleich welchen Amtes, die besagt hätte was das Trio konkret vorgehabt hätte. Insofern ist es viel zu einfach immer nur auf die Anzahl von V-Leuten im Dunstkreis des NSU zu verweisen und so zu tun als wäre damit schon alles bewiesen - die Wahrheit sieht doch um einiges differenzierter als auch komplizierter aus!
Sie könnten den Betroffenen helfen, indem Ihr Amt die NSU-Akten vollständig offenlegt. Das ist – anders als es eben klang – bis heute nicht passiert. Und in Hessen wurden NSU-Akten anfangs ja gar für 120 Jahre als geheim eingestuft.
Thomas Haldenwang: Diese Einstufung würde ich nicht teilen und ich war froh, als die Akten dann heruntergestuft und dem hessischen Untersuchungsausschuss vorgelegt wurden. Klar aber ist auch: Wenn wir alles offenlegen, bestünde die Gefahr, dass unsere Quellen enttarnt würden, was in der Vergangenheit auch schon geschehen ist. Das kann zur Gefahr für Leib und Leben dieser Menschen führen, und dann würde künftig auch niemand mehr mit uns zusammenarbeiten. Insofern muss Quellenschutz für uns Vorrang haben.
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Erwähnenswert wäre an dieser Stelle vor allem das die hessischen NSU-Akten nichts aber auch gar nichts beinhalten was das offizielle Narrativ vom NSU in irgendeiner Form radikal verändern würde! Wenn es das gäbe dann hätte es der NSU-Untersuchungsausschuss Hessen I oder irgendeine andere Stelle welcher diese Akten vorliegen schon längst kundgetan aber nichts dergleichen ist passiert! Insofern ist und bleibt es ein Zirkelschluss das in den Akten auch nur irgendetwas drinsteht was die offizielle Version ändern würde und man deshalb die Akten unter Verschluss halten müsse. Das ist vollkommener Blödsinn. Zuallererst muss der Inhalt der Akten bekannt sein bevor man darüber urteilt ob sie überhaupt relevant sind und eine Geheimeinstufung etc. erforderlich ist.
Die Opferfamilien sind auch überzeugt, dass es jenseits des Trios Helfer gab, gerade an den Tatorten. Die Behörden halten dagegen an der Trio-These fest. Sie auch?
Thomas Haldenwang: Wir wissen von zahlreichen Personen im Umfeld des Trios, die es unterstützt haben. Und auch für mich ist die Frage offen, wer eigentlich die Auswahl der Opfer getroffen hat und wer die Täter logistisch bei ihren Reisen durchs ganze Bundesgebiet unterstützte. Aber: Weder die Sicherheitsbehörden noch die Untersuchungsausschüsse oder die Gerichtsverfahren haben Anfasser für weitere Täter gefunden. Seien Sie sicher: Sollten sich neue Spuren ergeben, würden die Behörden diesen nachgehen.
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Natürlich gibt es noch offene Fragen im NSU-Komplex denen man weiterhin nachgehen muss dennoch gilt es sich ganz klar abzugrenzen von Schwachsinnfantasien eines angeblichen Netzwerkes welches im Hintergrund die Strippen zieht. Das widerspricht nicht nur den ganzen rechtsextremistischen Strategien sondern auch sämtlichen Regeln der Konspiration. Wenn es so etwas geben würde dann hätte man schon längst eine Spur finden müssen aber entgegen ihrer ständigen Behauptungen können weder die Opferfamilien, ihre Anwälte noch die ganzen antifaschistischen Initiativen und Vereine auch nur eine fundamentale Frage zu diesem vermeintlichen "Netzwerk" in Bezug auf Struktur, Mitgliederanzahl, Organisation, Koordination etc. beantworten. Sie skizzieren etwas Nebulöses im Hintergrund aber bleiben den finalen Beweis dafür schuldig und ignorieren dabei die Tatsache dass weder die Ermittlungen von Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt noch die Untersuchungen von mittlerweile 13 Untersuchungsausschüssen in Bund und Ländern oder der Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht etwas Derartiges zu Tage gefördert haben. Auch unabhängige, renommierte Journalisten oder Medien konnten bisher die Existenz eines solch angeblichen Netzwerkes nicht aufdecken. Insofern wären die Opferhinterbliebenen & Co. endlich mal gut darin beraten von ihrem Glauben abzuweichen und sich mehr auf die Fakten, Tatsachen und Beweise zu konzentrieren!
Beim NSU-Mord an Halit Yozgat in Kassel war sogar ein Verfassungsschützer am Tatort: Andreas Temme. Ist dessen Rolle für Sie heute geklärt?
Thomas Haldenwang: Auch ich kann diesen Vorgang bis heute sehr schlecht einordnen. Generell teile ich die Unzufriedenheit der Angehörigen und der Untersuchungsausschüsse darüber, dass vieles nebulös erscheint. Herr Temme war V-Mann-Führer des hessischen Verfassungsschutzes. Man hat ja schon viele Anläufe unternommen, Herrn Temme zu befragen und das aufzuklären. Wie es wirklich war, könnte nur Herr Temme sagen – aber er sagt es nicht. Also werden wohl auch hier offene Fragen bleiben.
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Nun das Temme unglaubwürdig erscheint hat er sich selbst zuzuschreiben ebenso wie der Umstand das er sich selbst durch sein Verhalten erst in diese Situation gebracht hat. Aber all das ist nicht der Punkt um den es geht. Denn Fakt ist an den bestehenden Tatsachen ändert sich überhaupt nichts und die sagen nun einmal das es keinerlei Beweise für eine Täterschaft von Andreas Temme im Mordfall Yozgat gibt! Ebenso gibt es keine Beweise für eine etwaige Mittäterschaft! Beweise dafür er Beihilfe zum Mord geleistet hat fehlen ebenfalls und last but not least gibt es auch nicht den geringsten Beweis für eine Unterstützungshandlung bei diesem Mord oder das er irgendein Vorwissen zu dieser Tat besaß. Fünf Verdachtsmomente und fünf Mal kann man es mit einem klaren Nein beantworten! Mit anderen Worten wenn man also nichts hat mit dem man eine Person belasten kann dann gilt auch hier die Unschuldsvermutung! Beamte im Staatsdienst haben genauso das Recht das für sie der Grundsatz "In dubio pro reo" gilt wie für jeden anderen auch. Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich!
Darüber hinaus sollte auch endlich mal eine Kehrtwende im Narrativ erfolgen. Das gilt besonders für die Mainstreammedien denn anstatt das sie sich zum Sprachrohr der Opferhinterbliebenen machen und nur einseitig immer wieder deren Sichtweise darstellen wäre es gerade für eine unabhängige und ausgewogene Berichterstattung absolut notwendig auch mal die andere Seite zu beleuchten und zu hinterfragen. Das passiert auch nach fast 10 Jahren leider viel zu wenig. Weil gerade in der Causa Temme könnte man endlich mal dazu übergehen zu schreiben das er im fraglichen Tatzeit
RAUM anwesend war es jedoch umstritten bzw. eher unwahrscheinlich ist das er noch zum Tatzeit
PUNKT anwesend war weil er diesen bereits
VOR dem Mord verlassen hat. Dies lässt sich anhand des Abschlussberichtes des NSU-Untersuchungsausschusses Hessen I sowie der Analyse der Forensic Architectures aufzeigen. Weil bis zum heutigen Tag gibt es in der medialen Berichterstattung Themenschwerpunkte die wie in Stein gemeißelt wirken dabei sind sie teilweise komplett überholt, zweifelhaft oder gar widerlegt. Jetzt nach bald zehn Jahren wäre es endlich mal an der Zeit daran etwas zu ändern.