@WolfshaagTatsächlich habe ich Auswanderung aus Deutschland auch schon vor der Reichsgründung einberechnet. Immerhin gab es schon zuvor eine deutsche Kultur und ein Zusammengehörigkeitsgefühl, sonst hätte sich die Nation nicht bilden können. Die entstand ja nicht über Nacht aus dem Nichts.
Auch rechnen alle Statistiken die Auswanderer von vor 1871 auch als "Deutsche".
Mir ging es um die Gründe für die Auswanderung, und den offensichtlichen Fehler, den ich (krankheitsbedingt) gemacht habe, den hast Du nicht gesehen: von "frühkapitalistisch" und nicht von "frühindustriell" zu schreiben.
Die Indsutrialisierung setzte schon vor der Reichsgründung ein und war zunächst ein Auslöser der Auswanderungen, wie z.B. die Arbeitslosigkeit der Weber.
Wolfshaag schrieb:Vorher waren die südlichen und südwestlichen Kleinstaaten, von wo die meisten Einwanderer kamen, alles andere als eine reiche Wirtschaftsmacht.
Richtig, aber ich nannte einen Zeitraum von 100 Jahren, und bezog mich nicht nur auf die ersten ganz großen Auswanderungswellen.
Der größte Teil der deutschen Einwanderer kam in der Zeit zwischen der Deutschen Revolution und dem Ende des Ersten Weltkrieges in den Jahren zwischen 1848 und 1918
Wikipedia: Geschichte der Deutschen in den Vereinigten StaatenUnd danach kamen vor allem deswegen weniger, weil es Einwanderungsquoten gab.
Wolfshaag schrieb:Sowohl Afrikaner, wie Indianer haben sich auch gewaltsam gegen die Einwanderung gewehrt und einen modernen Staat, kann man wohl kaum mit einer Stammesgesellschaft vergleichen.
Habe ich auch nicht. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass den Immigranten in den USA und Afrika keine großen Hindernisse im Weg standen ... bis zu der Einführung der Einwanderungsquoten, die bis nach dem 2. Weltkrieg galten und dazu führten, dass viele Juden und andere Flüchtlinge eben kein Asyl fanden. Was zur deutschen Asyl-Gesetzgebung beigetragen hat.
Wolfshaag schrieb: Nebenbei waren es die Deutschen, welche einen Friedensvertrag mit Indianern schlossen, der niemals gebrochen wurde und in den USA von beiden Parteien noch heute gefeiert wird.
Sachlich falsch: Nicht "Die Deutschen" haben den Vertrag geschlossen, sondern eine ganz bestimmte Gruppe eines Ortes. Andere sahen das mit den Indianern durchaus auch mal anders. Ist aber sowieso off-topic - und fragt sich, was Du mir damit sagen wolltest? Waren die Deutschen die besseren Auswanderer?
Wolfshaag schrieb:Auch das ist Quark. Ein "brauchbares Arbeitsrecht" gab es bis zur Industrialisierung nirgendwo
Ähm ... aber das gibt es auch fast nirgends in den afrikanischen Staaten, und ich habe auch nicht behauptet, dass es das irgendwo gegeben habe. Nur, dass es 100 Jahre dauerte, bis man sowas hier hatte. Trotz Wirtschaftsboom, Gewerkschaften u.s.w.
Ich wies darauf hin, dass von den "Wirtschaftsflüchtlingen" (die ja meist ebenso vor politischen Zuständen flüchten) verlangt wird, dort zu bleiben und Revolution zu machen, wie
@babykecks vorschlug. Wollte also nur darauf hinweisen, dass sowas dann immer noch 100 Jahre dauern kann, selbst unter weniger miesen Voraussetzungen als es diese Länder heute haben.
Wie zum Beispiel:
Wolfshaag schrieb:Interesse an deutschen Rohstoffen, Maschinen und Know-How gab es von Seiten besonders Frankreichs und Englands sehr wohl, nur hatten sie nicht die militärische Macht, um irgendwie an das heran zu kommen, was sie wollten.
Eben. Während es heute die eine oder andere militärische und/oder wirtschaftliche Macht gibt, die sich den Zugriff auf die Rohstoffe in Afrika sichern möchte ...
Unter welcher Bedingung es noch schwerer fällt, Gewerkschaften und andere politische Organisationen gegen die (korrupte) Staats- und Wirtschaftsmacht zu gründen.
Wolfshaag schrieb:Auch waren die Gründe für die massenhafte Auswanderung von Deutschen ab ca. 1800 bis eben ca. 1880 oft ganz andere, als heute.
Ach ja? Genannt werden: Religion, Besitzlosigkeit (durch Erbrecht), Arbeitslosigkeit (Industrialisierung) und Hungersnöte (durch Arbeitslosigkeit und Missernten), Kriege b.z.w. Flucht vor Kriegsdienst, politische Verfolgung.
Die Gründe für die USA als bevorzugtes Einwanderungsland der 6 Millionen Deutschen waren: Aussichten auf Arbeit und Landbesitz, Religionsfreiheit und politische Freiheit, sowie Freiheit vom Kriegsdienst.
Kannst Du mir jetzt sagen, wo die Unterschiede liegen?
Wolfshaag schrieb:Weiter waren die Deutschen auch gegenüber den Amerikanern nicht so fremd sozialisiert, wie etwa ein afghanischer, oder auch syrischer Moslem, gegenüber einem heutigen EU-Europäer.
Gegenüber den Indianern schon ...
:troll:Aber natürlich nicht gegenüber den eingewanderten Amerikanern, denn das waren ja allergrößtenteils Europäer, zu 40% zeitweise ja sowieso Deutsche.
Inwiefern man da aber von ähnlicher Sozialisation sprechen konnte, würde ich einem Historiker überlassen. Immerhin haben sich dort auch gerade die religiösen Eiferer und Sekten niedergelassen ... was man noch heute spüren kann. Die eigene Kultur und Sprache haben viele erst durch die Weltkriege abgelegt.
Bloß was hat das jetzt damit zu tun, ob man von den Afrikanern verlangen kann, sie sollten doch bitte erstmal zu Hause bleiben und dort für bessere Verhältnisse kämpfen? Meine Antwort war: Erstens riskiert man damit dort sein Leben, zweitens haben viele Deutsche damals unter ähnlichen Voraussetzungen auch die Auswanderung gewählt.
Jetzt sitzen wir im Speck und verlangen von anderen einen Kampf, der für uns 100 Jahre dauerte, und der für sie noch dazu unter erschwerten Bedinungen stattfindet, denn unser Speck gründet unter anderem auf deren miesen Löhnen, und abgesehen von ihren korrupten Regierungen haben sie es auch noch mit internationalen Syndikaten zu tun, die darauf Wert legen, dass sich an den Arbeitsbedingungen nicht allzu schnell was ändert. Oder möchtest Du mir da wiedersprechen?
Dass die Verhältnisse nicht eins zu eins die gleichen sind, darüber müssen wir wohl nicht diskutieren. Vergleiche sind aber wohl noch erlaubt?
Was wolltest Du mir also eigentlich sagen?