Narrenschiffer
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Ist Antisemitismus wieder "in"?
30.11.2024 um 15:20Ich habe nun die komplette Kapitulationserklärung der Uni Leipzig. Sie ist von zwei Personen gezeichnet.
Erklärung zum Ausfall des Vortrags von Prof. Benny MorrisQuelle: Theologische Fakultät der Universität Leipzig
Als Universität sind wir verpflichtet, den respektvollen Dialog und den offenen wie kritischen Austausch von Ideen zu fördern, selbst wenn diese Ideen unsere eigenen Perspektiven herausfordern und ihnen zuwiderlaufen. Es ist die kritische Auseinandersetzung mit Ideen in einem vernünftigen Diskurs, welche hilft Erkenntnisse zu gewinnen. Dies wollten wir durch eine Einladung des israelischen Historikers Prof. Benny Morris erreichen.
Prof. Benny Morris, einer der renommiertesten israelischen Historiker, hat bedeutende Beiträge auf dem Gebiet der Israel/Palästina-Studien und des israelisch-palästinensischen Konflikts geleistet und gilt als der führende Gelehrte auf diesem Gebiet. Sein Buch 1948 wird weithin für seine gründliche und zugängliche Darstellung der Nakba und des arabisch-israelischen Kriegs von 1948 sowie der anhaltenden Auswirkungen dieser Ereignisse auf Israelis und Palästinenser anerkannt. Gerade seine kritischen Positionen gegenüber allen an dem Konflikt Beteiligten machen diese Arbeit lesenswert.
Unsere Einladung an Prof. Morris war motiviert durch den Wunsch über seine früheren Arbeiten zu sprechen, die die historische Forschung tiefgreifend beeinflusst haben. Leider hat Prof. Morris zuletzt in Interviews und Diskussionen Ansichten geäußert, die teilweise als verletzend und sogar rassistisch gelesen werden können. Dies hat zu verständlichen, allerdings in der Art und Weise beängstigenden, Protesten seitens einzelner studentischer Gruppen geführt.
Die Einladung von Vortragenden an der Universität bedeutet prinzipiell keine notwendige Übereinstimmung mit deren Ansichten und wir distanzieren uns entschieden von Prof. Morris‘ kontroversen Aussagen. Der Zweck der Veranstaltung mit ihm bestand in der kritischen Auseinandersetzung, nicht in der Befürwortung seiner Thesen oder gerade auch späterer Aussagen. Wissenschaft gedeiht unserer Meinung nach durch den Austausch vielfältiger Ideen, einschließlich solcher, die herausfordernd oder unbequem sind. Wir vertrauen darauf, dass unsere Studierenden in der Lage sind, sich konstruktiv und kritisch mit dem Gastredner auseinanderzusetzen.
Verschiedene Gruppen haben uns aufgefordert, den Vortrag abzusagen. Zusammen mit entstandenen Sicherheitsbedenken führen die genannten Punkte dazu, dass der Vortrag von Prof. Benny Morris nicht stattfinden wird.
Gleichzeitig wollen wir unabhängig von diesem Fall unsere Besorgnis darüber zum Ausdruck bringen, dass sich eine Doppelmoral etabliert, die auf israelische Gelehrte angewandt wird, die zunehmend marginalisiert und unter dem Vorwand politischer Meinungsverschiedenheiten von Veranstaltungen ausgeschlossen werden, während andere Stimmen ungehinderten Zugang zur Universität erhalten. Dies gilt zum Beispiel in Leipzig für Veranstaltungen von Kolleg:innen die der in Deutschland als extremistischen Verdachtsfall eingestuften BDS-Bewegung nahe stehen. Dabei steht es uns fern, eine Kultur von Absagen zu etablieren, allerdings sollte die Möglichkeit offen bleiben, auch schwierige und kritische Stimmen von beiden Seiten hart diskutieren zu können.
Prof. Dr. Gert Pickel und Jun.-Prof. Dr. Yemima Hadad