@TussineldaWas du unangebracht findest ist aber zweitrangig, weil rein subjektiv. Ich finde das nicht so, was dir umgekehrt auch herzlich egal sein darf. Wir führen aber keine Diskussion über Geschmäcker, sondern diskutieren an einem objektiven Gegenstand: dem Antisemitismus der Black Lives Matter
-Bewegung und dessen Verharmlosung in dem Artikel.
Der Artikel nimmt nämlich Anstoß an der Kritik, die sich am manifesten Antisemitismus von BLM entzündet und stellt es so dar, als wäre es unangebracht, weil es die "antirassistische Solidarität" untergräbt. Das ist die Message. Ja, BLM hasst Israel und es werden Juden angegriffen, aber da müssen wir im Moment eben drüber stehen, es gibt ja wichtigeres. Nicht die Kritik am Antisemitismus habe auf der Tagesordnung zu stehen, sondern die blinde und bedingungslose Unterstützung. Kadavergehorsam statt Kritik. Zudem betreibt der Autor die gängige antisemitische Täter-Opfer-Umkehr: Wenn Juden BLM kritisieren, nähren sie den Antisemitismus.
Obendrein setzt man mit so einer Geisteshaltung Schwarze auch nicht als gleichwertig. Denn mit jemandem auf Augenhöhe zu interagieren, bedeutet auch, ihn auf Fehler und Dummheiten hinzuweisen, vulgo einen universalen Standard von Kritik einzuhalten. Hier besonders hinzuschauen, da aber nicht, weil das Subjekt angeblich von Kritik zu verschonen sei, ist letztlich auch nur eine Form von Paternalismus, dessen sich der Autor bedient.
Wer mit skeptische Juden gemeint ist, ergibt sich aus dem Text. Es wird Juden, die BLM für ihren Antisemitismus kritisieren, ja allen Ernstes das mit auf den Weg gegeben: "The message black people are getting today from some in the Jewish community is that they think black lives don’t matter." Wer sich gegen Antisemitismus verwehrt, der bringt die Botschaft rüber, das ihn die Leben Schwarzer nicht interessieren? Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Das ist ja ein Markenzeichen poststrukturalistisch inspirierter Gruppierungen und dürfte bei denen auf Wohlgefallen stoßen. Ob an US-Campussen oder auf Demos, bekennst du dich zu Israel, stehst du auf der Mobbingliste ganz oben.
Das Juden sich dagegen verwehren, ist nicht nur recht und billig, sondern zwingend logisch. Und das geht über ein paar Lippenbekenntnisse wie in dem Artikel hinaus. Derweil gibt es kein Recht, aus der eigenen beschissenen Lage den Schluss zu ziehen, seinen Frust an Juden auszulassen. Die Plünderungen sind zwar scheisse, weil sie oft so schon prekäre kleinbürgerliche Existenzen zerstören und es nicht selten Leute aus der eigenen "Community" trifft. In ihnen drücken sich aber überwiegend Ohnmacht und Unzufriedenheit aus, aber kein spezifischer Hass. Das ist der Unterschied zwischen gezielten Angriffen auf Synagogen und Leute, die sich selbst bereichern, so mies das auch ist.