Issomad schrieb:Wenn man Israel kritisiert, dann kritisiert man immer das Verhalten der israelischen Regierung und ihrer Organe und nicht Juden, Israelis oder den ganzen Staat (wozu die Bevölkerung auch gehört) ...
Die Leute, die da in den Supermarkt gehen und im Geiste ihrer Nazieltern zum Israelboykott aufrufen, sehen sich auch als Menschen, die "das Verhalten der israelischen Regierung und ihrer Organe" kritisieren. Jakob Augstein schreibt, das Berlin stets kuscht, wenn Jerusalem anruft, und versteht das auch als Kritik am "Verhalten der israelischen Regierung und ihrer Organe". Wenn Annete Groth indigniert darüber berichtet, die Israelis vergiften jetzt schon das Mittelmeer, dann versteht sie das als Kritik am "Verhalten der israelischen Regierung und ihrer Organe".
Mit solchen Phrasen dringt man gar nicht zum Kern des Problems vor, im Gegenteil dienen sie nur dazu, das Problem als legitime politische Kritik zu verharmlosen.
ButzLachmann schrieb:Man möchte verhindern, dass sich irgendwelche Menschen sich auf diesen berufen.
Das ist doch kompletter Unsinn. Arte selbst hat die Doku unter dem Vorwand, sie seie "antiprotestantisch" und "antimuslimisch" und zu "proisraelisch" abgelehnt. Man bemängelte, das die Doku nicht "multiperspektivisch" sei, was auch immer das bei der Darstellung von Antisemitismus heissen mag.
Die Verweise auf den Terror in Frankreich zeigen höchstens, wie weit die Europäer mittlerweile bereit sind, sich selbst den Mund zu verbieten, aber als Realgrund für einen Terroranschlag braucht es den Film nicht - dazu sind die islamistischen Terroristen auch ohne ihn bereit. Im Gegenteil verhindert Arte gezielt Aufklärung über modernen Antisemitismus, den der Film in komprimierter Form hervorragend beleuchtet - darauf würden Menschen sich sicher gerne berufen.
Seither verhindert Alain Le Diberder, seines Zeichens Programmdirektor von Arte, dass die 90-minütige Dokumentation ins Programm genommen wird. Er verweist auf das von Anfang an „negative Votum der französischen Mitglieder der Programmkommission“ und moniert mangelnde „Ausgewogenheit“. Ein bizarres Argument. Anders als Le Diberder meine ich, dass Antisemitismus dem „ausgewogenen“ Sowohl-als-auch oder der wohlwollenden Unterscheidung zwischen angeblich gemässigt-tolerablen und abzulehnenden Spielarten nicht zugänglich ist. (...) Nun behauptet Le Diberder, dem Film mangele es an „Multiperspektivität“. (...) Neben den schriftlichen Mitteilungen zu diesem Fall gibt es auch mündliche. Die lauten so: „Der Film ist eine Provokation“; „er schüttet Öl ins Feuer“; „er kann angesichts der Terrorlage in Frankreich nicht gezeigt werden“. Angeblich sei „der Film antiprotestantisch, antimuslimisch und proisraelisch“ und nicht „ergebnisoffen“. Dank ihrer gut recherchierten Klarheit provoziert die Dokumentation in der Tat, insbesondere heimliche Antisemiten, die sich ertappt fühlen. Wer verhindert, dass der Film bei Arte oder im Programm der ARD gezeigt wird, begeht Zensur – sei es aus Wurstigkeit, Feigheit oder „antizionistischem“ Ressentiment.http://www.berliner-zeitung.de/politik/meinung/goetz-aly-arte-verhindert-doku-zu-antisemitismus-26824492Die "formellen Gründe" sind vorgeschoben. Das Ahmad Mansour, der eigentlich zum Filmteam gehören sollte, aus privaten Gründen absagen musste, dem Team in anderer Funktion verbunden blieb, war für die zuständigen Redakteure in der Vor- und während der Produktion kein Problem, wird jetzt aber u.a. als Grund gegen eine Ausstrahlung auf Arte angeführt. Auch Mansour ist davon irritiert.
Arte sind keine Dokus zu antiisraelisch und einseitig, aber eine Dokumentation, die eben jenen Antisemitismus unter die Lupe nimmt, von dem es im Arteprogramm nur so wimmelt, wird als einseitig abgelehnt. Da soll etwas nicht gezeigt werden, weil man Sorgen hat, das es das Problem Antisemitismus bestärkt, sondern weil das sozialdemokratische, grüne, linksliberale und kulturlinke Milieu, das Arte macht und schaut, sich vor den Kopf gestoßen fühlt. Dort gehört israelbezogener Antisemitismus nämlich zum guten Ton.
Bei Arte ist das der Standard und dabei soll es auch bleiben:
Verhindert der deutsch-französische TV-Sender Arte die Aufklärung über Antisemitismus? Nach Meinung einiger namhafter Experten schon. Doch nicht nur die ablehnende Haltung gegenüber einer Dokumentation zum Thema Antisemitismus in Europa, auch die Programmgestaltung des Senders sprechen eine klare Sprache.
In der aktuellen Auseinandersetzung um die verhinderte Ausstrahlung des Dokumentarfilms „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“ haben zwar die Filmemacher Joachim Schroeder und Sophie Hafner einige Fürsprecher gewinnen können: Die Historiker Götz Aly und Michael Wolffsohn ebenso wie die FilmemacherInnen Esther Schapira, Ahmad Mansour und Georg M. Hafner lobten den Film nach Sichtung und äußerten ihr Unverständnis über das Verhalten von Arte nachdrücklich. Auch die Berliner Zeitung, die BILD, Jüdische Rundschau und FAZ berichteten bereits kritisch. Der Deutschlandfunk sendete jüngst ein aufschlussreiches Interview mit dem Regisseur. Arte jedoch scheint das Problem einfach aussitzen zu wollen und versteckt sich hinter Regularien.
Aber nicht nur das: Seit der Negativbescheid des Senders Anfang Mai öffentlich geworden ist, hat Arte eine ganze Reihe von Dokumentarfilmen gezeigt, die offenbar machen, welch Geistes Kind die Verantwortlichen sind. Allein seit den letzten fünf Wochen ergießt sich auf die Arte-Zuschauer ein unablässiges anti-israelisches Trommelfeuer: „Re: Breaking the Silence“, „Algier – Mekka der Revolutionäre“, „Ben Gurions Vermächtnis“, „Das andere Jerusalem“, „Grenzfahrer“, „18 Kühe zwischen zwei Fronten“, „Waltz with Bashir“, „Töte zuerst! – Der israelische Geheimdienst Schin Beth“, „Zensierte Stimmen“ sowie ganz exklusiv die Webdokumentation „Die Grüne Linie“. Ein wahrer Augenschmaus also für „Israelkritiker“ – wie auch für Gourmets der antisemitischen Gerüchteküche! Bei diesem offensichtlichen Mangel an Objektivität und Ausgewogenheit im Arte-Programm verwundert es daher schon sehr, wenn die Dokumentation „Auserwählt und ausgegrenzt“ mit der Begründung abgelehnt wird, sie sei nicht „ergebnisoffen“ oder „multiperspektivisch“ genug und gieße „Öl ins Feuer“. (...)
Die Dokumentation „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“ dagegen wollte den Fokus auch auf ebenjene aktuelle Erscheinungsform des Antisemitismus richten, der laut aktuellem Antisemitismusbericht der Bundesregierung allein in Deutschland satte 40% anhängen: dem Israel-bezogenen Antisemitismus. Die Zahlen verdeutlichen, dass der Antisemitismus nicht allein ein Problem sogenannter extremistischer Ränder sowie der muslimischen Community ist. Auch jenes Milieu des liberalen Bildungsbürgertums, welches Arte vornehmlich anzusprechen versucht, ist davon betroffen. Die Produktionsfirma der nun beanstandeten Doku hatte dies bereits im Jahr 2013 durch den Film „Antisemitismus heute – Wie judenfeindlich ist Deutschland?“ herausarbeiten lassen.
Die Programmkonferenz des „europäischen Kulturkanals“ und ihr Vorsitzender, Arte-Programmdirektor Alain Le Diberder, täten daher gut daran, sich einmal eingehender mit der Arbeitsdefinition ‚Antisemitismus‘ der Europäischen Union auseinanderzusetzen. Israel-bezogener Antisemitismus beinhaltet demnach u.a. „Das Abstreiten des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, z.B. durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen“ oder die „Anwendung doppelter Standards, indem man von Israel ein Verhalten fordert, das von keinem anderen demokratischen Staat erwartet und verlangt wird.“ Das unverhältnismäßig häufige Aburteilen der israelischen Politik bei Arte führt beim Zuschauer nicht nur fast ganz zwangsläufig zum Befund: „Israel ist an allem schuld!“ – die Dauerpräsenz „Israel-kritischer“ Tele-Visionen bezeugen einen zwangsneurotischen Charakter, wie er schon für den klassischen Antisemitismus festzustellen war.http://dokarchiv.blogsport.de/2017/06/07/dokus-a-la-carte-auserwaehlt-und-ausgegrenzt/ (Archiv-Version vom 13.08.2017)Angesichts dieser Zustände sind solche Statements einfach grotesk:
ButzLachmann schrieb:In deiner miesen Vorstellung ist hier eine perfide Form des Antisemitismus die Ursache.
- Man kann ja schlecht seinen eigene Propaganda Kanal missbrauchen.