Rick_Blaine schrieb:Mir missfällt die Äusserung Seehofers auch sehr, denn wenn man das einmal zuende denkt, kommt ganz schnell heraus: die böse Gesellschaft ist an dem Verbrechen Schuld. Hätte sie den armen Mörder nur mal besser integriert, würden alle noch leben.
Nein. Leider gibt es nicht wenige Obdachlose in Seehofers Land, sogar im sonst so glücklichen Bayern, aber wieviele davon entpuppen sich als Massenmörder? Genau, mir sind keine bekannt. Diese Diskussion ist ein typischer smokescreen mit der er von anderen, dringenderen Fragen ablenken will.
Nichtsdestotrotz hat Seehofer nicht ganz Unrecht.
Fehlende Integrationsarbeit (alles was darunter fällt) natürlich insbesondere für besonders schwierige Menschen sind natürlich kontraproduktiv.
Umso mehr Integrationsarbeit es gibt und umso besser die Qualität jeder einzelnen Arbeit davon ist, umso höher auch die Chancen dass Menschen hier auch tatsächlich endgültig ankommen.
Natürlich ist das keine Einbahnstraße. Auch die Flüchtlinge als Oberbegriff jetzt mal müssen natürlich aktiv mitwirken, dass Integration gelingt. Sie müssen als erstes Integration wollen und dann alle Chancen im Rahmen eigener Fähigkeiten nutzen, die Ihnen angeboten werden.
Natürlich ist aber auch die Gesellschaft gefragt. Wenn eine Gesellschaft nur Ausgrenzung und Herabwürdigung praktiziert, umso schwieriger wird es fremden Menschen hier gemacht sich zu integrieren und sogar schon sich überall integrieren zu wollen.
Wie das im Falle des mutmaßlichen Täters von Würzburg ausgesehen hat, weiß ich natürlich nicht, daher kann ich der Gesellschaft, mit der der Mann seit er bei uns ist zu tun gehabt hat, auch keine indirekte Mitschuld geben.
Was für mich allerdings außer Frage steht, das jetzt aber nur allgemein, dass für mich auch eine Gesellschaft zumindest eine indirekte Mitschuld tragen kann, weil falsches Verhalten von Gesellschaften negative Entwicklungen von Einzelnen fördern können.
Juristisch ist das natürlich vollkommen belanglos, aber eine Mitschuld kann man schließlich auch auf rein moralischer Ebene erfüllen.
Amokläufe an Schulen bspw. um anhand dieses drastischen Beispiels zu veranschaulichen was ich meine; auch hier kann ich den Schülern zumindest eine moralische und indirekte Mitschuld geben, wenn diese Schüler in der Vergangenheit regelmäßig nichts anderes getan haben als den dann später zum Amokläufer gewordenen Schüler aus welchen Gründen auch immer zu mobben. Ihn auszugrenzen. Ihm ständig das Gefühl gegeben haben kein Teil der Schule, kein vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft gewesen zu sein.
Oder anderes Beispiel:
Wenn man Menschen grundsätzlich sich selbst überlässt sowohl vom politischen System her aber auch weil sich die Gesellschaft zu einer Ellbogengesellschaft gewandelt hat oder schon immer war, wo nur das einzelne Individuum zählt aber nicht die Mitmenschen oder das Allgemeinwohl zählen - dann darf sich auch niemand wundern, dass dadurch mehr Elend (bspw. in Form von drastischer Armut unter jeglicher Menschenwürde) entsteht und dass das wiederum Sorgen und Ängste bei denen, die davon betroffen sind, schürt und daraus auch Kriminalität aus Verzweiflung entstehen kann und sogar auch Kriminalität aus niedrigen Beweggründen, weil Betroffene nicht nur Sorgen und Ängste sogar auch Hass entwickelt haben. Hass auf Behörden und/oder Hass auf die Ellbogengesellschaft.
(Hier spiele ich natürlich gerade auf die USA an)
Das wollte Seehofer bestimmt nur sagen und damit er hätte nicht so Unrecht. Viele Missstände können unmittelbar oder indirekt Einfluss auf etwas nehmen und können dadurch auch schlimmeres begünstigen oder fördern und das vollkommen unbewusst.