sacredheart schrieb:Man muss gezielt gewaltbereite Rechtsextremisten bekämpfen, da bin ich sofort dabei. Man darf aber nicht anfangen, sie an jeder Ecke auszumachen. Zum Teil fühlt sich das für mich wie die Hysterie der McCarthy Ära in den USA an, nur mit umgekehrten Vorzeichen.
Die Gruppen, die es zu bekämpfen gilt, sind so hoffe ich klein.
Es gilt nicht nur einzugreifen, wenn sich Gruppen bilden und Gewalttaten geplant werden, sondern gegen den Rassismus vorzugehen, der den Boden für diese Eskalationen bereitet.
Noch tun sich Behörden und Politiker schwer, Taten überhaupt als rechtsextremistisch motiviert einzustufen.
Noch darf bei jeder Diskussion über rechtsextremistische Gewalt darauf verwiesen werden, dass es die Flüchtlingsproblematik sei, die man lösen müsse... als würde dann der Rechtsextremismus verschwinden.
Bone02943 schrieb:Es geht da nicht nur um terroristische Gruppen, sondern vorallem um den Boden der diese Auswüchse bereitet. Es muss endlich erkannt werden, dass Rechtsextremismus viel zu lange verharmlost wurde, viel zu toleriert in unserer Gesellschaft ist. Es gilt auch für jeden Einzelnen, Menschen im eigenen Umfeld, die rassistische Thesen propagieren nicht einfach nur als Spinner abzutun. Sondern klip und klar dann auch als Rassisten zu betrachten.
Vollkommen richtig.
sacredheart schrieb:Ich halte es gerade angesichts von zB dieser 'ausgehobenen rechtsradikalen Terrorzelle' für wichtig, den öffentlichen Diskurs nicht verblöden zu lassen. Die starke Migration der letzten Jahre hat unter anderem auch große Probleme mit sich gebracht. Ich hielt es für fatal, dass sich eine Frau Merkel hinstellt und ihre Kritiker einfach mit dem Totschlagargument der Alternativlosigkeit weggebügelt hat.
Die durchaus entstandenen Probleme müssen offen kommuniziert werden. Und es muss auch offen kommuniziert werden, dass die entstandenen Probleme vielleicht zunächst in Kauf genommen werden mussten, dann aber auch, wie man sie angeht. Eines dieser Probleme ist eine sehr geringe Abschiebequote von Unberechtigten.
Es muss viel mehr offen kommuniziert werden, dass es rechtsradikale Gruppen und Verbindungen seit Bestehen der BRD gibt, dass Netzwerke bis in die Behörden und Bundeswehr reichen und dadurch das Vorgehen gegen Rechtsextremismus jahrzehntelang (!) behindert wurde.
Mein Vater war als SPD-Mitglied Offizier der BW und hat unter anderem politische Bildung gemacht, der berichtete regelmäßig von "Kameraden", die noch der guten alten Zeit in der Reichswehr oder SS nachtrauerten, die waffengeil und rassistisch waren.
Aber suspendiert wurde man viel eher, wenn herauskam dass man schwul war.
sacredheart schrieb:Wenn in der Bevölkerung die Überzeugung vorherrscht: Es gab Gründe warum die Politik sich für diesen Weg entschieden hat. Der Weg hat auch Probleme gebracht. Das sehen die auch. Diese werden jetzt aber entschlossen angegangen, dann nimmt man Menschen mit einer solchen Disposition auch den Impuls, sich zunächst mal 'interessiert' radikaleren Vertretern anzuschließen. Das ist unterblieben. Das hat zB ein AFD stark gemacht. In meiner Überzeugung hat die sicher gut gemeinte Sprachlosigkeit mehr geschadet, als die Probleme der Migration an sich.
Wenn es nicht mehr die Migranten sind, wendet sich die AfD mit dem ganzen rechten Pöbel eben gegen andere Gruppen: Juden, "Asoziale", vermeintliche Geheimbünde, Feminist*innen, Linke, ...
Seidenraupe schrieb:https://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-11/rechtsextremismus-usa-verfassungsschutz-hans-georg-maassen
Maaßen ist weit ins linke Lager hinein unbeliebt und dass trotz seiner eindringlichen Warnungen vor zunehmendem Rechtsextremismus, vor internationaler Vernetzung von Rechtsextremisten....
Maaßen zeigt in dem Interview fahrlässige Ignoranz der Zustände in den USA:
"Wir sehen es nicht nur als ein rein innerdeutsches Problem. Auch die rechtsextremistische Szene vernetzt sich auf europäischer Ebene, teilweise auch mit Verbindungen in den USA", sagte er. Maaßen hofft deshalb auch nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten auf die Zusammenarbeit der Geheimdienste. "Ich glaube, die USA haben ein hohes Maß an Interesse, dass wir im Bereich der Sicherheit nach wie vor eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten."
Trump ist von eben jener rechtsextremistischen Szene und einem rechtsextremistischen Publizisten ins Amt gehievt worden. Seien Verbindung zu Bannon war längst bekannt.
Und gleich im nächsten Satz kommt auch schon die Relativierung:
Die Strukturen seien aber "nichts im Vergleich zum islamistischen Extremismus und Terrorismus."
"Jaja, Rechtsextremismus schlimm... aber vielviel schlimmer ist Islamismus!!!"
Bone02943 schrieb:Ich wüsste nicht das Rechtsextreme gegen Clankriminelle vorgehen würden. Sie vergreifen sich wahllos an Fremde, vermeintlich Fremde, an Minderheiten, Homosexuelle, Behinderte und Andersdenkende.
abberline schrieb:Daher sag ich ja, so richtig die Punkte von Herrn Merz sind, sie treffen den Kern nicht richtig.
Sie sind nicht "im Kern nicht richtig", sondern komplett am Thema vorbei und bis das nicht kapiert wurde, wird sich überhaupt nichts am Rassismus in Deutschland ändern.
eckhart schrieb:Beide Phänomene erforderten „einen starken, durchsetzungsfähigen Rechtsstaat“, sagte Merz der „Welt“. Aber „inhaltlich sind diese Themen natürlich getrennt“
Er widerruft damit übrigens genau gar nichts.
Denn wenn die Themen nur inhaltlich getrennt sind, aber die Lösung für beide die gleiche ist, dann wird eben doch nur über Grenzkontrollen und Clankriminalität diskutiert.
eckhart schrieb:Der frühere Unionsfraktionsvorsitzende im Bundestag erklärte eine Antwort vor der Bundespressekonferenz am Dienstag, in der er die Bekämpfung von Rechtsradikalismus auf die Bekämpfung von Clan-Kriminalität beschränkt hatte, mit der schlechten Akustik in der Phase der Auflösung der Pressekonferenz.
Wer die Aufnahme gesehen hat weiß, dass das nicht stimmt. Es war mucksmäuschenstill, die Frage enthielt sogar die Möglichkeit der Richtigstellung und sie bezog sich auf wörtliche Aussagen, die zuvor schon gemacht wurden.
eckhart schrieb:Dabei habe er sich schon zuvor „ausführlich zum Thema Rechtsradikalismus geäußert“ und „ausdrücklich gesagt, dass das Problem jahrzehntelang extrem unterschätzt worden ist“.
Ja, und dass man darum Grenzkontrollen einführen und Clankriminalität bekämpfen müsse. Darum hat der Journalist ja nochmal mit genau dieser Formulierung nachgehakt.
Und was die Zahlen angeht: Schon 2013 wurde bekannt, dass es sehr viel mehr Opfer rechtsextremen Terrors gab.
https://www.tagesspiegel.de/politik/rechtsextremer-terror-sehr-viel-mehr-opfer-als-bisher-bekannt/9170756.html (Archiv-Version vom 16.03.2020)