Rechtsextremismus - Ernst der Lage so hoch wie nie
23.02.2020 um 14:15paranomal schrieb:Lustigerweise betreibst du hier ja selbst "Verzerrung" (Fraimings ist das nicht) da du den Kontext weglässt. In der ganzen Studie geht es nämlich um eine Positionierung der öffentlich rechtlichen Medien in klarer Abgrenzung zu kommerziellen Medien.So weit, so falsch. Ein großer Teil des Manuals dreht sich darum, wie die ARD den Kampagnen, die gegen sie laufen würden - da geht es um Lügen- bzw Lückenpresse-Vorwürfe und alles was dazu gehört - begegnen kann. Die Kampagnen werden weder objektiv von der privaten Konkurrenz initiiert, noch wird das in dem Manual der externene Beratungsfirma "Berkeley International Framing Institute" noch der ARD selbst so dargestellt.
Um politische Standpunkte geht es dort überhaupt nicht.
In dem verlinkten Manual fängt das auf Seite 16 bei "Die Frame-Negierungs-Falle" an, wo sie sich darüber den Kopf zerbrechen, dass nicht alle Darstellungen über die ARD von der ARD gesteuert werden kann, sondern manche Frames negativ und kritisch wären.
Das erstreckt sich dann zunächst bis Seite 20 wo der ARD empfohlen wird keine Angst vor den zu erwartenden Manipulationsvorwürfen zu haben, weil wichtig sei, in der Debatte zu bleiben und auch negative Schlagzeilen bewirkten das.
Ein grosser Teil des restlichen Manuals beschreibt welche der Manipulationstechniken des Framings wie einzusetzen seien, warum sie wirksam sind - da geht es eben um vielerlei neurowissenschaftliche oder statistisch-psychologische Forschung, vor allem mit dem Fokus welche Assoziationsketten durch Verwendung welcher Begrifflichkeiten getriggert werden und welche emotionale Kontext aktiviert wird - und warum es gut und richtig sei, diese Techniken, die auf die unbewusste Rezeption des Konsumenten zielen und nicht sei Ratio ansprechen sollen, zu verwenden und auch warum das moralisch geboten sei.
Der Teil in dem sich das Manual um die privatwirtschaftliche Konkurrenz dreht, ist recht gering und erstreckt sich v.a. über die Seiten 26-30 (von 89). Tenor dieser Abschnitte ist dass die private Konkurrenz aufgrund ihrer Profit-Orientierung nicht die Rolle zuzuschreiben sei, die moralische Führung der Öffentlichkeit zu übernehmen. Die Kompetenz dafür habe nur der ÖRF und darin natürlich führend die ARD.
Um politische Standpunkte geht es sehr wohl, so werden privat-wirtschaftliche Medienanstalten pauschal als nicht-demokratisch bezeichnet. Da geht es nicht um alternative Medien sondern um RTL, SAT1 etc. Und außerdem wird empfohlen, diese ganzen Manipulationstechniken nicht nur Zwecke der Eigenwerbung und der Akzeptanz der kontinuierlichen Gebührenerhöhung einzusetzen, sondern eben auch in der Berichterstattung zu politischen/kulturellen usw Themen, um dort die moralische Wertigkeit für die die ARD stehen will zu vermitteln.
Es wird auch behauptet, der Bürger haben grossen Gestaltungseinfluss auf die Inhalte der ARD, weil es ja Rundfunkräte gäbe die von demokratisch gewählten Parteien entsandt würden, die über die Programmatik mitentscheiden. Und ausserdem dass die Inhalte von ARD und ZDF überall frei zugänglich seien. Was nicht einmal für den Ausdehnungsraum der EU zutrifft.
Wer sich selbst ein Bild machen will hier noch einmal der Link zu diesem "Ratgeber"
https://cdn.netzpolitik.org/wp-upload/2019/02/framing_gutachten_ard.pdf
paranomal schrieb:Zudem wird von Kritikern dieses "Manuals" oft so getan, als sei Framing irgendeine Propaganda-Strategie. Das Wort beschreibt jedoch lediglich wie Informationen in Deutungsraster eingebettet und so überhaupt erst verständlich werden. Das passiert somit immer, wenn man kommuniziert.Nope, kann man so nicht stehen lassen.
Framing als Grundbegriff bezeichnet zwar wirklich nur den Umstand dass menschliche Kommunikation nicht wirklich neutral sein kann sondern immer in einen (wertenden) Rahmen eingebettet ist, der wenn er nicht gezielt, sondern unbewusst/intuitiv gesetzt wird (wie in der Alltagskommunkation), trotzdem immer implizit entsteht, einfach weil alles menschliche Vokabular immer wertbehaftet ist und das Gehirn ausserdem in Assoziationsmustern arbeitet und je nach Trägermedium auch weitere Elemente von Subtext wahrnimmt (Gestik, Betonung zB).
In dem Manual geht es aber darum die Mechanismen der Rahmesetzung gezielt und basierend auf Erkenntnissen der Neuro-Psychologie und entsprechend etablierter Methodik kommerzieller Werbe-Kampagnen zu verwenden, um langfristig beim Empfänger die gewünschten Weltbilder und Einstellungen - insbesondere, aber nicht nur was seine Haltung zur ARD angeht - hervorzurufen.
Das sind schlicht und ergreifend manipulative Techniken wie sie auch in allen Schriften marketings-bezogener und politischer Propaganda, auch der von Extremisten, empfohlen werden bzw auch eingesetzt werden. Und der Charakter der Empfehlungen, den Bürger hier vor allem auf seiner unbewussten Ebene zu erreichen und ihm ein vorgestanztes Meinungsergebnis einträufeln zu wollen, ist nicht nur problematisch, sondern widerspricht dem demokratischen Grundkonzept der Mündigkeit des Bürgers.
paranomal schrieb:Generell wohl kaum haltbar. Inwiefern sind beispielsweise Impfgegner oder Flacherdler (in Bezug auf ihre Meinungsbilder) eine Bereicherung? Pluralismus darf doch kein Selbstzweck sein.Pluralismus hat den Zweck, prinzipiell alle Meinungen zuzulassen und basierend darauf der Öffentlichkeit eine unabhängige Meinungsbildung und einen Wettstreit der Meinungen zu ermöglichen. Das beinhaltet auch obskure Inhalte und Weltbilder und auch solche, die nicht viele Anhänger finden werden, weil sie schräg sind. Auch z.B. Anti-Deutsche oder Maoisten oder Anhänger von Kaiser Wilhelm, Neo-Konservative oder eben Flacherdler, die es Dir offenbar angetan haben. Es hängt unzweifelhaft nicht von der vermeintlichen Qualität der Meinung/des Weltbilds ab, die durch irgendeine übergeordnete Instanz zu definieren wäre.
Ausnahmen kann man eigentlich nur da machen, wo gesetzliche Grenzen überschritten werden, vor allem in Punkto Extremismus, Volksverhetzung usw. Darunter fällt vulgäre menschlicher Dummheit oder die Neigung zum Exotischen/Irrationalen aber nicht.
Wenn man Pluralismus so überzeugt ablehnt, dann verzichtet man für meinen Geschmack schon recht offen auf das wesentlichste Element demokratischer Meinungsbildung. Nicht mein Kaffee.