JosephConrad schrieb:In der Schweiz gab es auch einmal so einen Fall.
Ja. Den gab es. 2001 in Zug. Im Parlament. 14 Personen wurden erschossen, ehe sich der Attentäter selbst das Leben nahm. Er vermutete ein Komplott gegen sich. Auch eine dieser irren Amokläufe.
Wikipedia: Zuger AttentatKein Wunder, dass jemand, der wieder mit einem Attentat im Zuger Parlament droht, sofort die Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden auf sich zieht. Ich weiß nicht, wie harmlos oder therapierbar der Delinquent in der Schweiz war. Vermutlich hat man begründeten Anlass vom Nutzen einer solchen Auflage gehabt. Warum nicht? Wäre - wie gesagt - auch bei uns möglich und das wird auch getan, zumeist als Bewährungsauflage.
Wäre der Täter von Magdeburg Islamist gewesen und hätte er mit einem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt gedroht, wären die Reaktionen auch andere gewesen. Dann hätte er in ein sehr typisches Raster gepasst. Siehe z.B.
Wikipedia: Anschlag in Straßburg 2018Das Problem hier ist ganz einfach: Der Mann und seine Tat waren untypisch, in jeder Hinsicht. Kein Wunder, dass er durch die gängigen Raster fiel:
- ehm. Muslim, anti-islamisch, klassischer Konvertit, die sind oft 150%ig.
- oppositionell gegen das wahabitische Saudi-Arabien, in dem die Scharia gilt
- Anerkennung als Asylant. Abschiebung wäre nicht möglich gewesen (polit. Verfolgung im Heimatland)
- trotzdem typisch islamistisch Weihnachtsmarkt als Anschlagsziel, (s.o. Strassburg 2018 oder Berlin 2016)
- Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, die meisten Attentäter sind beruflich nicht integriert
- trotzdem Neigung zu Wahn und Paranoia bzw. Fanatisierung (mit rechten Tendenzen)
- kein Krimineller, keine Verbindungen zu terroristischen Organisationen
- kein Anschlag gegen Behörden oder deren Repräsentanten (s.o. Zug oder Mord an Lübke oder Kiesewetter) oder Angehörigen von als minderwertig betrachteten Minderheiten, wie er für rechte Terroristen typisch wäre
- kein Anhänger einer klassisch gewalttätigen Ideologie
- Vorstrafen sind absolute Bagatelldelikte an der untersten Grenze der Strafbarkeit - das lässt darauf schließen, dass man diese Straftaten als nicht schwerwiegend einschätzte
- kein klassischer Amoklauf eines Gedemütigten, Verlierers oder isolierten Erwerbslosen
Wäre mal gespannt, ob sich diese Gefahrenlage die, die jetzt auf den hohen Ross sitzen, vor vier Wochen als mögliches Anschlags- und Täterszenario hätten ausdenken können.
Ich nicht. Außer dem Wissen, dass es ausreichend Wirrköpfe für alle möglichen schrecklichen Dinge gibt, vom Kannibalen von Rothenburg bis Kurt Werner Riechmann, von Robert Steinhäuser bis zu den Uwes Mundlos und Bönhardt. Die Motive sind genauso vielfältig, von sexuellen Fantasien, über Machtgeilheit, persönliche Traumatas und Neurosen, psychische Krankheiten, politische Ideologien bis Fanatismus.
frauZimt schrieb:Ein Mensch kann zum Attentäter werden, weil ein Familienmitglied umgekommen ist - also aus persönlichen Gründen.
Dann rechne noch die Täter dazu, die aus religiösen - oder politischen Gründen handeln.
Rechne Verwirrte dazu.
Ich erinnere an Fritz von Weizsäcker, der 2019 erstochen wurde, "weil Familie Weizsäcker an Agent Orange mitgewirkt hat", glaubte der Attentäter. (Einweisung in Psychiatrie)
Ja. Das auch noch.
Wer im Übrigen denkt, in China & Co. gäbe es absolute Sicherheit dank absoluter Überwachung - der irrt. Dort werden solche Taten einfach unter den Teppich gekehrt. Wie in der DDR. Im Sozialismus gab es kein Verbrechen. Niemand hatte Angst. Die STASI nahm die Sache in die Hand und öffentliche Gerichtsverfahren gab es nur, wenn es opportun erschien.