EDGARallanPOE schrieb:Wir haben 99,9 % des Marktes gegen eine unbefugte Zufahrt gesichert. Sollte es einem potentiellen Täter allerdings gelingen, diese einzige Schwachstelle auszumachen und für seine Zwecke zu nutzen "haben wir halt Pech gehabt" und müssen das unter Restrisiko/allgemeines Lebensrisiko verbuchen.
Das kann es nicht sein...oder?
Doch. 100%ige Sicherheit gibt es nicht. 99,9% ist schon mehr, als überhaupt realistisch erreichbar ist. Je nach Tätertyp und Tatziel sind die Sicherheitsmaßnahmen mehr oder weniger taterschwerend. Aber nicht zu 100%ig verhindernd. Das ist naiv oder freundlicher illusionär und das wird Dir auch jeder mit Sicherheitsmaßnahmen für größere Veranstaltungen unter freien Himmel Befasste so sagen.
Denn Du konzentrierst Dich alleine auf ein ganz konkretes Szenario. Das, das nun tatsächlich passiert ist. Hinterher ist man immer schlauer und kann klug.... Davor Verantwortung zu tragen und zu handeln, das ist die Herausforderung.
Die Sicherheitsplanungen für einen vielbesuchten Weihnachtsmarkt im Vorfeld müssen viel mehr (unbekannte) Szenarien umfassen. Also werden die klassischen Gefahrenabwehrinstrumente als erstes in den Blick genommen:
- Fluchtwege und Gewährleistung einer schnellen Räumung (Kommunikationsmittel?)
- Zufahrt für Rettungsfahrzeuge
- Polizei (Lautsprecher), Rettungsdienst oder Feuerwehr vor Ort oder kurzfristig vor Ort
- Aufbau von Buden, Sicherheitsabstände, Verkehrsflächen für Besucher
- Brandschutz (ganz wichtig, bei Holzbuden, Gas-Grills und vielen Kerzen)
- Verkehrsregelung im Umfeld (Parkplätze, Überqueren von Kreuzungen durch große Menschenmengen)
- Anti-Panik-Planung (Ausweichmöglichkeiten bei Gedränge)
- Umgang mit (gewalttätigen) Auseinandersetzungen, z.B. unter Alkohol
usw.
Das ist der Pflichtteil. Weil das in der Praxis häufig vor kommt. Buden brennen, es gibt Schlägereien oder eine Oma hat im Gedränge einen Herzinfarkt. Oder ein Kind rennt auf die Straße in ein Auto.
Viel weiter hinten in der Prioritätenliste, weil auch viel unwägbarer und viel seltener viel schwieriger durch konkrete Maßnahmen abzuwehren:
- Bombenanschläge (herrenlose Taschen). Das kann nur im Vorfeld abgewehrt werden.
- wahllose Messerangriffe oder Gebrauch von Schusswaffen (auch nur im Vorfeld), ansonsten: Polizeiliche Taktik/Reaktion bei Amokläufen, Räumung, Sicherung Flucht
- Absicherung gegen unbefugte Kfz- oder LKW-Einfahrten (fahrlässig oder terroristisch)
Die Absicherung gegen Kfz- oder LKW-Einfahrten kann man noch erschweren, indem man bauliche Maßnahmen trifft. Erschweren. Ein Truck wie der von Anis Amri hätte einen Steifenwagen einfach bei Seite oder vor sich her geschoben.
Das Problem der Flucht- und Rettungswege ist ein Prinzipielles. Ist der Täter in der Lage, den potentiellen Tatort zu beobachten, wird er Zufahrtswege identifizieren - und sei es bei Schichtwechsel usw. Ist sein Tatfahrzeug noch ein PKW, dann ist er wendiger und kann wesentlich leichter auf einen Weihnachtsmarkt gelangen, als ein LKW mit über 7,5 t.
Die 0,1% haben sich realisiert. Aber es gibt eben keine 100%.
Justsaying schrieb:Zum Glueck sieht die Realitaet aus, dass die Bekaempfung des Terrorismus beim BGA liegt:
Der Generalbundesanwalt (GBA) hat die Übernehme der Ermittlungen abgelehnt und an die Generalstaatsanwaltschaft (GStA) Halle zurückverwiesen.
Der GBA hält sich wohl für nicht zuständig, da
keine terroristische Tat vorliegt. Juristisch eine vielsagende Erstbewertung.