shionoro schrieb:Ne, aber im allgemeinen Diskurs und bei den Wahlen. Damals hatten wir keine Partei die mit Rechtsextremismus liebäugelt auf 15% und kaum einen der offen zugab die NPD zu wählen.
Ist das eine Antwort auf Fiernas Beitrag, und auf meinen bist du bezeichnenderweise überhaupt nicht eingegangen. In den Nullerjahren, als rechte Parteien kein Thema waren, kam es zu Dutzenden von Tötungsdelikten an >Ausländern, praktisch ausschließlich rassistisch bedingt an Dunkelhäutigen, wobei die "Kultur" bzw. Religion noch kein Thema war, d.h. speziell in Ostdeutschland wurde ein Migrant nicht wegen seiner religion, sondern wegen seiner "Rasse" umgebracht. Ich habe noch 800 seiten Medienberichte zu diesem Thema, obwohl ich damals noch nicht systematisch sammelte. Zu Linksextremismus fand man da praktisch gar nix, zum NSU bezeichnenderweise auch nichts, obwohl er in der Zeit voll aktiv war; man las da was über "Dönermorde", aber die wenigsten brachten das mit rechtsextremistischem Terrorismus in Verbindung, während sich in der "heißen" RAF-Periode eine Nation praktisch im Ausnahmezustand befand. Von Linksextremismus und linker Gewalt war auch in den Nullerjahren praktisch nichts zu lesen; gewalt gab es da praktisch ausschließlich auf Demos, aber nicht im Alltag.
Deine "Kausalitäten", dass der hohe AfD Anteil irgendetwas mit "links" zu tun haben könnte, ist völlig an den Haaren herbeigezogen; er beruht ausschließlich an immer weiter zurückgehender Toleranz gegenüber Nichtbiodeutschen und an - um es mal vorsichtig auszudrücken - mangelnder Aktivität des Staats im Kampf gegen Rechtsextremismus. Dies trifft potenziert auf Ostdeutschland zu.
Warum das so ist? In dem ersten Vierteljahrhundert nach dem Krieg war es mangelnde Entnazifizierung, was eine anschwellende Protestwelle von links auslöste, die in "1968" und Berufsverboten gegen Linksaktivisten gipfelte. Die 1970er und 1980er Jahree waren die einzige Phase in der BRD, in der es halbwegs ruhig war (RAF war ein Sonderfall, der mit deren Ende keine Nachwirkungen hatte) von rechts wie von links. Ab der Wiedervereinigung begann dann zunächst die Mordserie (Hoyerswerda, Rostock, Mölln, Solingen) und anschließend die alltägliche rassistische Gewalt.
Wer also rechte und linke extremistische Einflüsse auf die Politik und das Alltagsleben propagiert und dies praktisch anhand einer Skala darzustellen versucht, die die rechten und linken Extreme als gleichrangig schädigend für die Gesellschaft darzustellen versucht, hat den Schuss noch nicht gehört und ist auf dem rechten Auge chronisch blind und abseits jeglicher medialen Berichterstattung und wissenschaftlicher (politologischer und soziologischer) Erkenntnisse.
shionoro schrieb:Dinge, die früher als absolut legitime aussagen galten, gelten heute als rassistisch oder fremdenfeindlich.
Furchtbar, ne?
shionoro schrieb:Das ist auch in Ordnung so, aber deine These, dass im allgemeinen man heute eher weniger PC ist ist falsch.
Nein. heute darf man dank AfD wieder sprechen, wie einem der Schnabel gewachsen ist und muss seine Worte nicht vorher dreimal auf die Goldwaage legen, ehe man sie ausspricht. Weil man weiß, dass es keine Sanktionen gibt und der ganze PC-Apparat, mit dem man Jahrzehnte lang den deutschen Bürger gequält hat, nichts mehr war als linker Gesinnungsterrorismus, eine Art westliche DDR-Sprachpolizei.
:D Man hat das jetzt durchschaut, weiß, dass es ein Papiertiger war, eigentlich nicht mehr als eine Schimäre, und darf jetzt befreit wieder Neger sagen, ohne dass sich irgendwer außer ein paar linken Gutmenschen weiter drüber echauffiert.
shionoro schrieb:Was man eher sagen kann, ist, dass ein Teil von Deutschland extrem sensibel reagiert und der andere Teil irgendwann keinen Bock hat diese Regeln anzuerkennen.
Da hast du tatsächlich mal Recht mit. Und warum? 17 Prozent (im Osten das Doppelte): Man darf wieder ungestraft.
shionoro schrieb:Dann lieber kämpfen, block gegen block?
Nein, nötig ist eine Erziehungsrevolution, weil die Einstellungen im frühesten Kindheitsalter entscheidend geprägt werden. Aber solange man den Eindruck hat, dass der Staat und insbesondere die Gesellschaft tendenziell eher auf dem rechten als auf dem linken Auge blind ist und dass die Toleranz gegenüber Rechts wesentlich ausgeprägter ist als die gegen Links, wird sich auch in der Gesellschaft nichts ändern, sie wird weiterhin latent bis manifest rassistisch und fremdenfeindlich bleiben, weil sie sich gegenüber dem "Bodensatz der Gesellschaft" (Hartzler, Ausländer, Berufsunfähige, Alte, also gegenüber allen Nicht-Steuerzahlern und Nicht-Rentenkasseneinnzahlern, sondern Nettoempfängern) als Menschen erster gegenüber den Menschen zweiter Klasse fühlen und dies auch öffentlich anerkannt und gewürdigt wissen wollen.