@FiernaFierna schrieb:Was ist dein entscheidender Punkt?
Das sind so viele, dass wir die Poltik nach ihnen ausrichten müssen und ändern können wir die eh nicht?
Hab ich doch geschrieben. Wir können die nicht - oder nur in sehr kleinen Schritten - ändern. Und ja, das sind so viele, dass wir irgendwie einen vernünftigen Weg finden müssen, mit ihnen umzugehen.
In einem rein quantitativen Machtkampf - auf den es leider gerade hinausläuft - stehen unsere Chancen, wer "mehr" oder "das Volk" ist nämlich, nüchtern betrachtet, eher schlecht.
Fierna schrieb:Mit der Aussage wäre ich überaus vorsichtig.
Nö, ich brauche nicht vorsichtig sein; ich weiß sehr genau, was ich schreibe.
Dass du mir aus der Aussage ne evolutionäre Verteidigung von Rassismus drehen willst, ist nicht mein Defizit, ich hab gar nix von Evolution und "Rassen" geschrieben.
Fierna schrieb:Das ist alles höchst irrational und bestimmt nicht auf die Evolution zurückzuführen...dafür korreliert es aber komischerweise ganz hervorragend mit den frühen Rassetheorien und ihren gegenwärtigen Adaptionen
Es liegt in der menschlichen Natur, dass die Mehrheit sich von größeren Veränderungen innerhalb ihrer Gesellschaft bedroht fühlt. Das ist meines Erachtens sogar bei den nicht konservativen so, die reflektieren ihre Gefühle nur vermutlich anders. Und es beschränkt sich keineswegs auf die Zuwanderung anderer Ethnien, Kulturen oder Nationalitäten.
Da reicht es schon, wenn du zwei Schulklassen zusammenlegst, weil in der einen nicht mehr genug Kinder sind. Diejenigen, die den neuen Zuwachs zu ihrer gewohnten sozialen Gruppe in erster Linie als tolle Chance sehen, neue Freunde zu finden, werden da mit Sicherheit auch in der Minderheit sein.
Es gibt viele Eigenschaften an Menschen, die humanistisch betrachtet nicht so toll sind. Auch die Suche nach einem gemeinsamen Gegner gehört beispielsweise dazu. Den brauchst du dummerweise irgendwie in jeder größeren sozialen Gruppe.
Um sich konstruktiv Gedanken über solche Dynamiken zu machen, muss man sich aber erst mal sachlich und wertfrei anschauen, wie Menschen so funktionieren.
Eine zielführende Diskussion ist von vornherein unmöglich, wenn man Fakten und Moral permanent in einen Topf zu werfen versucht. Das hat nix mit "Rassisten entschuldigen wollen" zu tun. Wenn ich die Wahrnehmung, die Einstellung oder das Verhalten von jemandem ändern möchte, muss ich mich erstmal fragen, warum er überhaupt so tickt. Unabhängig davon, ob ich ihn sympathisch, oder seine Haltung richtig finde.
Genauso wie es blödsinnig ist, Schuld und Ursache als quasi synonym und zu einer "rhetorischen Spitzfindigkeit" erklären zu wollen. Da besteht semantisch ein sehr entscheidender Unterschied. Wer ein Problem verstehen will, fragt nach Ursachen. Wer eine moralische Bewertung vornehmen will, fragt nach Schuld. Dass letzterer Begriff in dieser Diskussion überhaupt so häufig auftaucht beweist schon, dass die wenigsten verstanden haben, worum es hier geht.
Fierna schrieb:Welche "Zuwanderungswellen" sollen das gewesen sein?
"Gastarbeiter", (Spät-)Aussiedler, Balkankriege...
Fierna schrieb:Das letzte Mal, als etwas Vergleichbares passiert ist, fanden wie erwähnt Pogrome statt, dann hat man die Asylbewerber weggeschafft und das Grundgesetz geändert...so dass hier niemand mehr Aussicht auf Asyl hatte, der nicht gerade mit einem Schiff am der Nord- oder Ostsee ankam.
Und für die, die schon hier waren, hat man die Leistungen exzessiv runtergeschraubt und so viele abgeschoben wie irgendwie ging.
Ja, man hat den Unsinn mit den "sicheren Herkunftsländern" eingeführt. War auch nicht toll und hab ich auch nicht behauptet. Überstanden haben wir es aber insgesamt trotzdem ganz gut, oder leben wir deshalb seit den 1990ern in ner faschistischen Diktatur?
Fierna schrieb:Nur beharrt die eine Seite eig nur auf ihrem Standpunkt.
Weder möchte man die FDGO abschaffen noch das GG ändern noch auf Leute schießen noch wählt man Leute in die Parlamente, die all diese Punkte irgendwo in sich vereinen.
Man tut also faktisch absolut nichts dafür, dass dieses System "den Bach runter geht".
In dem Punkt hab ich mittlerweile leider eine Menge gegenteilige Erfahrungen gemacht. Viele selbsterklärte Linke beharren nicht einfach nur auf ihrem Standpunkt.
Da wird - auch hier im Forum - teilweise gelogen, dass sich die Balken biegen, dem Gegenüber (und auch sich selbst) das Wort im Mund herumgedreht (wie man allein in diesem Thread ständig beobachten kann) - dessen Erfahrungen – sofern sie nicht in das eigene Weltbild passen – zu Erfindungen deklariert und ihm sofort eine rechte Gesinnung unterstellt, wenn er die Unverschämtheit besitzt zu behaupten, dass es hier und da vielleicht doch das ein oder andere Problem mit Zuwanderern geben könnte.
Man kommt da auch schon mal schmerzfrei einer, die neben einer Flüchtlingsunterkunft wohnt und und sich abends nicht mehr vor die Tür traut, weil sie tatsächlich von aufdringlichen jungen Männern bedrängt wurde und das logischerweise in nen Kausalzusammenhang mit der hohen Anzahl junger Männer im Gebäude nebenan bringt, damit, dass sie sich doch nicht so anstellen soll, weil die Statistik doch klar beweist, das eigentlich alles toll ist und ihr Erlebnis daher nur ne dreiste rechte Lüge sein kann.
Die Vorstellung, dass es durch abweichende Wertvorstellungen in unterschiedlichen Kulturkreisen oder Religionen vielleicht hier und da doch zu Konflikten kommen könnte, wird je nach Thema nach Belieben abgestritten; einige lehnen sich sogar weit aus dem Fenster, dass sie die Existenz kultureller Unterschiede an sich negieren.
Oder – um mal ein bisschen die Kurve zum Threadthema zu bekommen – man erzählt Leuten, wer bei G20 dabei war, konnte doch gar nix dafür, dass da der Schwarze Block aufgetaucht ist – unterstellt aber jedem, der sich an einer asylkritischen Kundgebung beteiligt, haargenau die gleiche Intention wie demjenigen, der irgendwo auf dieser Demo "Sieg Heil" gebrüllt hat. Das immer so auszulegen, wie es einem gerade in den Kram passt, ist verlogen. Entweder "mitgehangen-mitgefangen" für alle, oder für keinen.
Ich kann nicht auf der einen Seite Differenzierungen fordern, wenn ich auf der anderen alle in einen Topf werfe.
Und bevor mir das jetzt wieder einer umdreht: Nein, ich sage nicht, dass alle Linken das machen! Ich sage auch nicht, dass die meisten Linken das machen! Und ich sage auch nicht, dass du
@Fierna das machst! Nur tun es mittlerweile leider viel zu viele.
Ich kann dir versichern, wenn mir mal wieder einer erzählt, dass man die ganzen "Asylanten" dahin schicken sollte, wo sie hergekommen sind, würde ich dem in diesem Moment häufig am liebsten anschreien, was er für ein intolerantes, menschenverachtendes Arschloch ist.
Aber was würde ich damit erreichen? Vielleicht fühl ich mich für ein paar Minuten ein bisschen besser, aber bei ihm ändert das sicher nix.
Wenn wir tatsächlich wenigstens einen Teil der moderaten, eher unentschlossenen "Fremdenfeinde" davon überzeugen wollen, dass die Aufnahme von Menschen, denen es in ihrem Herkunftsland wirklich dreckig geht, für jeden halbwegs menschlich eingestellten deutschen eigentlich selbstverständlich sein sollte, müssen wir das schon mit echten Argumenten machen.
Und wir haben nur eine Chance, wenn wir dabei ehrlich sind und nicht die Realität genauso nach unseren Idealen zu verzerren versuchen, wie es die Rechten tun.
Ansonsten verlieren wir nämlich jegliche Glaubwürdigkeit.
So verstehe ich das, was shionoro geschrieben hat und das unterschreibe ich hundertprozentig!
Eigentlich hab ich das immer für einen elementaren Bestandteil eines linken Weltbildes gehalten.
Dass grundsätzlich erstmal jeder gleich behandelt wird und man nicht mit zweierlei Maß misst.
Und für einen elementaren Bestandteil einer freiheitlichen Demokratie, dass es Individuen auch frei steht, doofe Meinungen zu haben, solange sie die gemeinsam vereinbarten Grenzen dabei nicht überschreiten.
Ich habe absolut keinen Bock mehr, mir ständig anzuhören, die Linken wären verlogene, moralisierende naive Gutmenschen und dem häufig nicht mal mehr vernünftig widersprechen zu können, weil viele sich leider tatsächlich so verhalten. Der Zweck heiligt nicht die Mittel.
Es ist absurd, dass wenn jemand innerhalb der Linken die Problemlösungsstrategien anderer Linker kritisiert, alles daran gesetzt wird, ihn zu nem verkappten Rechten zu erklären.
Und in die üblichen, hier vollkommen unsinnigen Vergleiche zu verfallen, wer doch klar die bösere Seite ist. Mir ist auch ein Rätsel, warum hier permanent Zahlen zu rechter und linker Gewalt gepostet werden. Die sind eigentlich völlig irrelevant; da geht es doch nicht um das quantitative Auftreten von Gewalt, sondern um den qualitativen Umgang damit.
Ich bin in einer Familie großgeworden, wo ein großer Teil der Freizeit tatsächlich für konstruktive Realpolitik aufgewendet wurde. Ich habe schon als kleines Kind geholfen, SPD-Plakate aufzustellen. In einer Zeit, als die tatsächlich noch was mit sozialer Gerechtigkeit zu tun hatte.
Und bin – als Linke! - nicht mehr bereit, diese Verhaltensweisen einiger Internetmaulhelden kommentarlos mitzutragen. Ich werde mich nicht mit Leuten solidarisieren, die einerseits ständig von Menschenwürde faseln und andererseits offenbar nur auf der Suche nach wem sind, den sie als völlig unterbelichtet darstellen und wie Dreck behandeln können. Das geht nämlich gegen MEINE Prinzipien. Jeder, der nur einen Hauch Verständnis für Diplomatie besitzt, müsste das eigentlich begreifen können. In dem Thread hier haben ein Haufen Leute mitgeschrieben, die ich grundsätzlich für wirklich intelligent halte. Tatsächliche Antworten auf den EP findet man aber erschreckend wenige. Anscheinend sind die ideologischen Scheuklappen auch links schon so ausgeprägt, dass in der Hinsicht tatsächlich nix mehr zu retten ist.
Fierna schrieb:Vorgeworfen wird das den Leuten dennoch, es wird als Radikalisierung ausgelegt und sie quasi mit Nazis auf eine Stufe gestellt....nur weil man keine Kompromisse mit Rassisten schließen möchte.
Und die Leute, die sich tatsächlich radikalisieren, denen macht man keine Vorwürfe.
Nein, man legt es in wirrer Verdrehung sogar noch als "Der Klügere gibt nach aus" und hält sich für besonders vernünftig.
Alles nur auf Basis der Extemismustheorie und dem quasi esoterischem Glauben, man könne sowas irgendwie Ying-Yang-mäßig auspendeln und dann seien alle irgendwie wieder "Mitte" und "neutral".
Sorry, ich will eigentlich nicht persönlich werden, aber ich trau dir grundsätzlich ne extrem gute Auffasungsgabe zu und finde diese Strohmänner und Whataboutismen echt ein bisschen unter deinem Niveau.
Weder hat wurde hier irgendwer auch nur annähernd mit Nazis auf eine Stufe gestellt, noch wurde hier nur einer Seite ein "Vorwurf" gemacht.
Aber mal ehrlich: Wenn du nen Konflikt beobachtest, von dem du den Eindruck hast, dass der beidseitig teilweise nicht besonders konstruktiv ausgetragen wird, wen würdest du da ansprechen?
Leute, die du für intelligenter hältst und wo du dir erhoffen kannst, dass du mit Vernunft doch noch zu ihr durchdringst? Oder welche, wo klar ist, dass da sowieso nix bei rumkommt?
Fierna schrieb:Leute, die durchsetzen wollen, dass sich die Völker nicht vermischen, gehören politisch isoliert.
Ich finde es wahnwitzig, dass man da überhaupt nachfragt...
Ich hatte dich nach den 56% grundsätzlichen Flüchlingskritikern gefragt – die wir hier wohl durchaus unter "Fremdenfeinden" subsumieren müssten - nicht nach der Minderheit, die tatsächlich
durchsetzen will, dass Völker sich nicht vermischen. (Wenn du die neutralen, die wohl prinzipiell beeinflussbar wären, dazuzählst, wären wir sogar bei 75%)
Sollte deine Antwort in Bezug auf die genauso lauten - was
ich "wahnwitzig" fände - würdest du du dich damit tatsächlich ausdrücklich gegen die FDGO positionieren. Und mir ist völlig schleierhaft, wie du dir dann die Zukunft so vorstellst.