Dogmatix schrieb:... wie gehst du da vor? man kann die sachen auch polemisch auf den punkt bringen, wie es @Warhead immer wieder meisterhaft versteht.
Naja, ich schau mir die (angeblichen oder tatsächlichen) nationalen Probleme an, die sich hier offenbar in 4 Hauptkategorien zusammenfassen lassen:
Migranten/Flüchtlinge
Flüchtlinge/Migranten
Islamüberfremdung
und der 4. Punkt ist dann ein beliebiger: meistens Infrastrukturdefizite, zu hohe Steuern, zu geringe politische/soziale Kontrolle, zu hohes zu niedriges Hartz 4, usw. und frage mich, ob das wirklich alles ist oder ob das alles nur vorgechobene Probleme, Ersatzprobleme sind für andere, die dadurch verdeckt werden, und komme zu den eigentlichen Problemen, die ich in der längeren Erstausführung des Threads auch benannt hatte:
• Die seit 2 Jahrhunderten (Marx!) ungelöste ökonomische Gerechtigkeits- und Verteilungsfrage mit der immer noch weiter sich öffnenden Schere zwischen Arm und Reich, was dazu geführt hat, dass das reichste Prozent mehr als die Hälfte des gesamten Weltvermögens als privates Eigentum besitzt, also die Problematik des Spätkapitalismus
• Der selbst verursachte Klimawandel mit Folgen, die erst mit einem halben Jahrhundert Verzögerung richtig sichtbar werden dürften und die meisten der nicht ganz Jungen nicht jucken, weil sie es nicht mehr selbst miterleben werden
• Als Folge von Punkt 1 die noch nicht gelöste Bevölkerungsexplosion in der "Dritten Welt", besonders in Afrika und Südostasien (Indonesien, Philippinen, Vietnam, Kambodscha etc.)
• Ersatzkriege, von denen einige das Potenzial für einen echten Weltkrieg haben, weil dabei Ideologie und Interessenszonen der Mächtigen direkt berührt sind, Stichwort Iran. Aber auch "Cyber wars" können gefährlich werden.
Wenn wir diese Probleme, besonders das erste (Verteilungsproblem) lösen wollen, müssen wir unsere Lebensweise völlig umkrempeln, erkennen aber bereits in der Analyse, dass dies auch das eigentliche, aber stets verdeckte nationale Problem ist, nämlich der unaufgelöste Konflikt zwischen Armen und wenigen immer Reicheren, der das, was Claus Offe mal (in den 1970ern) den sozialen Wohlfahrtsstaat genannt hat, verhindert. Gleichzeitig ist diese Ungleicghverteilung aber auf globaler Ebene Hauptfluchtursache für die Menschen aus Afrika und auch dem überwiegend armen Teil aus den islamischen Regionen, wo zusätzlich noch Ideologiekriege stattfinden. Warum es den Leuten in der "Dritten welt" so schlecht geht und wer daran Schuld hat, steht dann wieder in dem von dir genannten Buch und hat mit den Spätfolgen des Kolonialismus zu tun. Tatsächliche oder anghebliche nationale Probleme lassen sich also auch nur global lösen. Da dieser Zusammenhang aber stets verdeckt wird, erscheinen die Folgen der Probleme als Ursachen (z.B. Flüchtlingsproblematik). Wenn man also weniger Flüchtlinge will, muss man die rechte Ideologie durchbrechen und die Fluchtursachen in der Welt bekämpdfen, damit niemand mehr einen Grund hat seine Heimat zu verlassen. Aber das ist so teuer (eine zweifache Billionensumme), dass der Westen was drauf hustet, die von ihm verursachten Ungleichgewichte in der Welt zu beheben, also die Rechnung zu bezahlen, und stattdessen die Schotten dicht macht - ist billiger und populärer (populistischer).
Dogmatix schrieb:man kann die sachen auch polemisch auf den punkt bringen, wie es @Warhead immer wieder meisterhaft versteht.
Ja, das kann eben nur @Warhead. Da bleibt dann aber zwangsläufig auch ein Teil der Analyse auf der Strecke, weil sich das eher für Schlagworte eignet als für Detailanalyse komplexer Verhältnisse.
Dogmatix schrieb:wie willst du die zu erkennenden globalen probleme zur sprache bringen?
In Sätzen? Ich hab keine Angst Komplexität zu analysieren und das in Texten zusammenzufassen. Leider geraten die dann etwas lang, wie zB die Erstausfertigung des EP dieses Threads, die ich erst mal um 2/3 gekürzt hab und die dann doch noch zu lang war (nachzulesen weiter unten unter Politik), so dass ich den gekürzten Text noch mal um die Hälfte zum EP kürzen musste, wobei natürlich ein Teil der Komlexität auf der Strecke blieb und das Ganze, da wichtige Teile fehlen, etwas unrund(er) wurde. Der Vorteil kürzerer Texte ist natürlich, dass weniger (tatsächlich oder bewusst) missverstanden wird und damit die Angriffsfläche kleiner wird, der Nachteil ist, dass die Diskussion müder wird bei weniger Kontroverse.
Dogmatix schrieb:wie willst du die zu erkennenden globalen probleme zur sprache bringen?
nur zu sagen, dass die "rechte ideologie" die wirklichen und globalen probleme "bewusst" (falls sie sie überhaupt verstehen) ausblendet ist ja irgendwie nicht genug.
Da hst du recht. Aber du siehst ja auch, dass die neue Version nicht mehr die globalen Probleme auflistet, wie das in der Erstfassung, die wegen Überlänge geschlossen wurde, der Fall ist. Das war allerdings auch ein wahrscheinlich ungewollter Wink mit dem Zaunpfahl seitens der Moderation, dass "die zu erkennenden globalen Probleme" zwar ursächlich gerade auch für die rechte Ideologie sind, um diese Probleme zu verschleiern, dass das Topic aber nicht die Analyse der globalen Probleme ist, sondern rechte Ideologie, und dass man sich daher erst mal auf diese beschränken sollte. Zu viele Blumen können einen Garten auch schnell überfrachtet aussehen lassen. Dann sieht man nur noch den Garten, aber nicht mehr die Blumen. Aber selbst eine intensive Analyse rechter Ideologie in der Diskussion wäre (für mich) schon mehr als erhofft. Es wird ja stets abgelenkt und dabei werden immer wieder Beispiele für rechte Ideologie gebracht (von Usern, die wahrscheinlich gar nicht merken, dass sie sich rechter Ideologie bedienen, weil dies rationale Argumentation aus ihrer Sichrtweise (Ideologie) heraus ist). Nur aus einer davon abgelösten, quasi darüber schwebenden Perspektive kann man ja überhaupt erst rechte Ideologie von linker oder "neutraler" unterscheiden. Aus sich selbst heraus kann man sie als solche nicht erkennen.
Dogmatix schrieb:also mal angenommen ....
du erstellst dagegen threads zur analyse der sklavenarbeit. geschichtlich und global und wirtschaftlich. oder zu den globalen migrations-bewegungen. nur 2 beispiele. und jeweils, fakten und ursachen, analysen und fragen. das wäre ne menge arbeit. bzw. da gibts schon genug material, das man mal beischaffen könnte. da müsste man sich aber auch erst einmal einarbeiten und mit beschäftigen, um das diskutieren zu können.
dann machst du das und ... du stellst fest: es interessiert sich kein a* dafür? wie würdest du das dann erklären? auch ein resultat der "rechten ideologie"?
Man kann nicht ein Resultat bzw. eine Reaktion auf das Resultat einer Arbeit (in Form eines Threads) supponieren, die noch gar nicht geleistet wurde. Keiner dieser virtuellen Threads existiert bereits, also kann man auch nicht wissen, wie die Reaktion darauf ausfallen wird. Wenn jeder Thread null oder wenig Reaktion hervorruft, muss ich irgendwas falsch machen oder kann das, was ich zum Ausdruck bringen will, nicht in die richtige Sprache und Wortwahl umsetzen. Dann wärs besser es gleich zu lassen. Das hätte dann mit rechter Ideologie aber nur ganz bedingt was zu tun und ich würde sie dafür auch nicht vewrantwortlich machen, sondern eher mich selbst.
Dogmatix schrieb:das ist auch so n problem. die ansicht, dass wenn die leut nicht oder noch nicht "links" sind, sie eben nicht oder noch nicht richtig "aufgeklärt" sind. oder: wenn erst mal alle "aufgeklärt" sind, dann sind sie auch alle links. ja, so paar alt-68er lehrer gibts scheinbar immer noch. das mag oder mag nicht richtig sein, hilft dir aber nicht viel.
Nein, da siehst du was falsch oder ich hab mich unklar ausgedrückt. Die rechte Ideologie muss alle Probleme als nationale darstellen, besonders auch die "Flüchtlingsproblematik", weil sie gerne nationale Lösungen anbieten würde, also weitere Flüchtlinge kaum noch oder gar nicht mehr aufnehmen und "die Schotten dicht machen" als Lösungsangebot. Damit wird die Ursache für Flucht, die eine globale, wenn auch ursprünglich westlich verursachte ist, aus dem Fokus genommen und Hilfsbereitschaft als desaströs gebrandmarkt. Es war ja schon widerlich die Reaktion auf Merkels kurzfristige Hilfsbereitschaft im Spätsommer/Frühherbst 2015 ("Willkommenskultur") hier mitlesen zu müssen. Selbst 2 Jahre danach, fast zwei Jahre nach dem "Türkeideal", der eine 180°-Kehre von der Willkommenskultur darstellt, hängt ihr dieser Ruch noch an, zumindest in den rechten Kreisen. Und ein Teil des Wahldebakels ist wohl auch hierauf zurückzuführen.
Dogmatix schrieb:ein anderer ansatz wäre es, die themen die die leut wirklich bewegen nicht von den "rechten" wegnehmen zu lassen sondern sie zu besetzen und so zu besetzen, dass sie die leute dabei mitnehmen.
Das impliziert die Gefahr, dass man selbst national argumentiert, nur eben etwas "linker", aber dabei selbst die Ursachen ausblendet. Die Schere zwischen Arm und Reich ist ja nicht deshalb so weit offen, weil es die verschärfte Form des Kapitalismus nur in Deutschland gäbe. Die Klimaänderung wirkt sich ja nicht auf die Bundesrepublik allein aus; Grenzen fürs Wetter gibts keine im Himmel. Die Fluchtursachen hören wir ja nicht auf, wenn wir keine Flüchtlinge mehr reinlassen und sie auch nicht mehr sehen, weil sie weit weg in der Türkei, in Libyen usw. in Massenlagern dahinvegetieren. Nein, ich denke nicht, dass ich mich auf die Interessenlagen der rechten Ideologen einlassen möchte, könnte, sollte oder müsste.
Philipp schrieb:Manchmal muss man eben eher linksorientiert denken, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, und manchmal eher rechts. Da gibt es nichts zu motzen und zu kotzen. Problem erkennen, benennen, richtig einordnen, gesellschaftliches Ziel ausmachen, Mehrheit suchen, Lösung umsetzen.
Haha, jedes "gesellschaftliche Ziel" enthält schon jede Menge Ideologie. Wer bestimmt welche Ziele? Nationale (verkürzt) wie bei den Rechten, oder nationale, die aber globale Ursachen haben, die dabei berücksichtigt werden müssen, damit die nationalen Ziele keine nationalisten werden? Und überhaupt funktioniert Gesellschaft ja nicht nach gesellschaftlicher Zielsetzung, nicht einmal die Politik vollends, denn Frau Merkel sitzt nicht am weißen Reißbrett und sagt: So, jetzt konstruieren wir uns mal eine Gesellschaft, wie wir sie gerne haben wollen, sondern selbst die Regierung kann immer nur vom Status Quo ausgehen und muss bestimmen, in welche Richtung der sich weiter entwickeln soll, um zu einer Verbesserung zu kommen.