allmotlEY schrieb:Als ich neu in ein schwäbisches Dorf gekommen bin, nannte man mich Fischkopp. Nur weil ich hochdeutsch sprach. Es dauerte lange, bis ich mich zu ihnen an den Stammtisch setzen durfte. Nach dem Motto „Wir wollen keine Fremden hier“.
Ich bin auch schon beleidigt worden, wegen meinem Übergewicht, wegen weißen Socken in Sandalen. Ja, ich weiß, das darf man nicht vergleichen, aber ist doch so. Frauen werden beleidigt, weil sie Frauen sind, Kleinwüchsige werden beleidigt und es gibt noch so viele Beispiele.
Dazu wuerde ich auch gern etwas schreibe, trotz Sperrung. Oder sollte man "Gesperrte" nicht anschreiben, da sie sich nicht mehr aussern koennen?
Eigentlich hast du die grundlegende Basis von dem Problem mMn verstanden. "Fischkopp" und gewisse Mechanismen einer Art Ablehnung hast du bereits am eigenen Leib erfahren. Du warst als "Fremder" unerwuenscht. Das war wahrscheinlich eine unschoene Erfahrung fuer dich.
Ich wuerde deine Beispiel als diskriminierende Erfahrung einstufen, lasse mich aber gerne verbessern, wenn es jemand besser weiss. Weisse Socken und Sandalen sind uebrigens wieder schwer angesagt...
;)Ich denke, ein grosses Problem ist oft die Aufloesung von solchen Erfahrungen. Du bindest deine Erfahrung als eine normale Geschichte gruppenbedingter Prozesse ein. Beispiel zur Veranschaulichung: Lehrjahre sind keine Herrenjahre, da muss man durch..., was einen nicht umbringt, macht einen nur haerter usw. Wir lernen also als Gesellschaft, dass diskriminierende Erfahrungen etwas Normales sind. Da liegt fuer mich der Hase begraben. Entweder man bewaeltigt solche Situationen oder aber man faellt durch, ist quasi selbst dafuer verantwortlich. Mir faellt das entsprechende Wort dafuer gerade nicht ein. Wenn man diese Denke verinnerlicht hat,ist es nur schwer moeglich, Empathie fuer andere Menschen zu entwickeln, geschweige denn, die dafuer verantwortlichen gesellschaftlichen Zusammenhaenge zu benennen und ggf zu veraendern.
Was dazu kommt und schon mehrmals geschrieben wurde ist der Umstand, dass es einen gravierenden Unterschied zwischen Diskriminierung und Rassismus gibt. Waehrend du die Erfahrung der lokalpatriotischen/koerperlichen Diskriminierung gemacht hast, hast du trotzdem noch, ich schreibe mal bewusst, das Privileg, zu der uebergeordneten Gruppe (Deutsch) dazu zugehoeren. Du wirst also nur zu einem gewissen Teil diskriminiert.
Das ein fuer mich relevanter Unterschied zur ethnischen Ablehnung, mit den dazugehoerigen typischen Mustern. Die entsprechenden Privilegien wurden hier auch schon oft dargelegt. Man kann sich einfach nur mal vorstellen, wenn man in den Urlaub faehrt, mit der Sprache noch etwas unsicher ist... wie es fuer Menschen ist, sich in einem fremden Land zurechtzufinden. Man agiert hier schon unsicher. Wenn dann dazukommt, dass man fluechten musste, in einem staendigen Duldungsstatus gerade toleriert wird, Abschiebung droht (...) multiplizieren sich Aengste erheblich. Man fuehlt sich nicht zugehoerig (obwohl man das gerne wuerde), gerade solche alltaeglichen Sachen machen diese fragile Situation dann oft nur noch schlimmer. Ich habe absichtlich diese Beispiele gewaehlt um zu verdeutlichen, dass zwischen Diskriminierung und Rassismus viele Gemeinsamkeiten bestehen. Gerade in der rassistischen Diskriminierung ein deutliches Plus an erlebter Ausgrenzung mit den damit verbundenen Konsquenzen besteht. Man sollte das also nicht gegeneinander ausspielen, vielmehr davon ableiten und Bewusstwerdung staerken. Nichts von dem was ich hier schreibe ist rein wissenschaftlich, sonder basiert auf meinen gemachten Erfahrungen und meinem Verstaendnis und ist damit immer offen fuer Kritik.