neugierchen schrieb:Daher bin ich der festen Meinung, auch nach vielen Gesprächen mit Migranten das sich nach der Einheit, spätestens nach 2005 wieder etwas gedreht hat. Von dem normalen Miteinander zu mehr Ausgrenzung von bestimmten Schichten ausgehend.
Auch nach Meinung meiner Bekannten ist ein großer Auslöser aber eben die sich bildenden Parallelgesellschaften, die mangelnde Integrationsbereitschaft einiger.
Hab ich schon mal angesprochen, finde ich aber wichtig zu erwähnen: Ich glaube das wichtigste für Deutsche ist wirklich zu verstehen, dass Migration nach Deutschland im Wesentlichen Migration aus wirtschaftlichen Gründen ist. Das bedeutet, dass Menschen gezwungen sind ihr Land zu verlassen, weil es dort nunmal keine Arbeit, keine Lebensperspektive gibt. Und wie wir mal geschrieben haben, meistens betrifft das eben die Armen, die ihr Land verlassen und zum Beispiel eben nach D kommen.
Im anderen Fall kommen Menschen nach D, weil sie auswandern aus freiwilligen Gründen und dergleichen. Wie in der Sendung "Goodbye Deutschland". Klar ist die Bereitschaft dann wohl größer, Land und Leute kennen zu lernen.
Beides ist per se in Ordnung. Nur, wenn Menschen sich gezwungen sehen nach D zu kommen, müssen sie deswegen ja nicht sagen "Ich bin nur wegen Kohle hier, Land und Leute interessieren mich nicht".
Nun, Rassismus ist ja schon im Menschen drin. Ich glaube, der entwickelt sich nicht, sondern ist ständig in einem Kopf präsent. Neonazis zum Beispiel ist die tatsächliche Anzahl der Flüchtlinge doch egal, die wollen generell keine Ausländer. Da spielt es auch keine Rolle, ob jetzt der syrische Arzt oder der einfache syrische Bauer nach D kommt. Bei Schwarzen ist es genauso egal, ob Arzt oder Bauer, Mittelloser.
Ich denke auch, Rassisten kann man auch kaum bis gar nichts beibringen. Die wollen nicht.
Eng gefasster oder breit gefasster Rassismusbegriff, hmm. Für Betroffene und Angesprochene muss ja das Leben weitergehen. Ständig überlegen, ob es sich um Rassismus handelt? Im Deutschland 2017 würde ich auch nicht den Rassismusbegriff so breit fassen, weil ich glaube, vieles ist nicht wirklich außerordentlich rassistisch gemeint. Punkt 12 bei RTL ist nicht rassistisch, weil die dort keinen schwarzen Nachrichtensprecher haben. Ist Angela Merkel rassistisch, weil ihre Bundesregierung schon wieder deutscher geworden ist? Nach Philip Rösler und Aydan Özöguz scheint es mit Vielfalt auch bei der Kanzlerin zu Ende zu sein?
Den Rassismusbegriff breit gefasst und man findet überall, bei jedem was an Rassismus. Warum konvertierst du nicht zum Islam? Im Prinzip gibt es außer vorgebrachten Vorurteilen kein Argument dagegen, zum Islam zu konvertieren. Warum heiratest du keine schwarze Frau? Hast du etwas was gegen schwarze Frauen?
Was du noch angesprochen hast: Schwierige Kiste. Mir geht es auch so, dass ich mit dem Stichwort "Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien" unwillkürlich negative Assoziationen habe. Ich will es nicht, aber diese 5 Wörter erinnern mich an meine Angst vor einem Raubüberfall aus dieser Personengruppe heraus. Das liegt daran, dass wir in meiner Heimatstadt lokal eben seit Jahren, noch vor den Flüchtlingen, dass große Thema Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien hatten bzw. wie Politik und Polizei es nennen, die "Armutskriminalität" aus dieser Personengruppe heraus hatten und heute noch haben. Arme aus diesen Ländern, die sowohl in ihrem Land als auch in D mittellos und perspektivlos sind. Plötzlich ging das um wie blöd im Bekanntenkreis, in den Nachrichten und sonstwo, dass (wieder) jemand überfallen wurde. Das war eben sehr verbunden mit den Bulgaren und Rumänen. Die Polizei meiner Heimatstadt hat dann mit Razzien in den jeweiligen Schwerpunktstadtteilen der Bulgaren und Rumänen reagiert, die lokale Politik hat Sozialprogramme ins Leben gerufen und viel Geld dafür in die Hand genommen für. Da bin ich glücklich darüber, lokal SPD gewählt zu haben. Bis heute hat sich die Situation (gefühlt) wieder beruhigt. Aber grundsätzlich habe ich gegen diese Personengruppe nichts. Ich bin mir sicher, es gibt zahlreiche Anständige und Gute dabei.
Wie geschrieben, ich glaube aber nicht, dass das Thema Rassismus davon berührt wird. Rassismus ist etwas grundsätzliches, unabhängig von irgendwas. Ich glaube nicht, dass der Rassismus "steigt" durch Flüchtlinge oder Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien. Ich glaube vielmehr, der schon immer vorhandene Rassismus artikuliert sich lauter, aggressiver und offener.