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Verurteilung wegen Mordes für Raser

613 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Raser, Raser Mord ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Verurteilung wegen Mordes für Raser

20.06.2020 um 19:34
Zitat von threefishthreefish schrieb:Ende gut alles gut:
Klar, das Urteil bekommt großen Zuspruch. Für den Rechtsstaat ist das Urteil nicht erfreulich.

Der Mordtatbestand mit seiner zwingend lebenslänglichen Freiheitsstrafe passt nicht auf Fälle wie diesen. Da wird ein Raser so behandelt wie ein fieser Raub- oder ein Sexualmörder. Das ist doch vom Unrechtsgehalt her überhaupt nicht vergleichbar. Dummheit wird zwar bestraft, aber nicht strafschärfend. Zudem fragt man sich dann auch noch, ob eine vorsätzliche Tötung, die so nah an der Fahrlässigkeit ist, nicht eher Totschlag wäre.

Der Gesetzgeber hat jedenfall mit der Einführung von § 315d StGB (nach den Berliner Vorfällen) den Strafrahmen sinnhaft vorgegeben. Dafür würde kein Anwendungsraum mehr verbleiben, wenn man dem LG und dem BGH folgt und regelmäßig Mord annimmt.

Denn in § 315d Abs. 5 StGB ist genau unser Fall geregelt:
Verursacht der Täter in den Fällen des Absatzes 2 durch die Tat den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__315d.html

Vorliegend wäre eine Strafe zwischen 6 und 8 Jahren geboten aber auch ausreichend gewesen. Zum Schluss verweise noch auf einen skeptischen Kommentar, der meint, das Urteil sei ungerecht und nicht schuldangemessen.

https://www.tagesspiegel.de/politik/warum-das-bgh-urteil-ungerecht-ist-nur-der-zufall-machte-einen-raser-zum-moerder-und-den-anderen-nicht/25929086.html


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

20.06.2020 um 20:00
Dummheit wird zwar bestraft, aber nicht strafschärfend
Naja, kann man hier echt noch von "Dummheit" reden? Jeder Autofahrer weiß, dass es potenziell tödlich ist mit 160 durch die Innenstadt zu rasen. Der Täter hat das aber trotzdem getan nur um sein Ego zu befriedogen.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

20.06.2020 um 21:29
Zitat von ZarastroZarastro schrieb:Jeder Autofahrer weiß, dass es potenziell tödlich ist mit 160 durch die Innenstadt zu rasen. Der Täter hat das aber trotzdem getan nur um sein Ego zu befriedogen.
Das tut fast jeder Raser, egal ob mit 80 mit Wohngebiet oder mit 250 auf der Autobahn. Alles potentielle Mörder? Alles versuchter Mord?

Außerdem - darum ging es auch in den Prozessen: Findet sich der Raser wirklich damit ab ("billigend in Kauf nehmen"), dass er sein kostbares Spielzeug (Auto) zerstört oder sich gar selbst tötet oder eben einen Dritten tötet?

Ich glaube nein. Im Berliner Fall hatte der Raser ausgesagt, er habe sich für einen so tollen Fahrer gehalten, dass er sich einfach nicht vorstellen konnte, dass er nicht jedem Hindernis (wie ein junger Gott oder wie im Videospiel) würde ausweichen können. Das halte ich für glaubhaft. Menschen sind so dumm. Nicht nur als Raser. Es ist einfach nicht lebensnah anzunehmen, da wisse jemand nicht nur um die tödliche Gefahr für andere, sondern er finde sich damit auch ab (bedingter Vorsatz). Nein, dem Raser ist es doch nicht egal, wenn es zu einem Unfall kommt, sondern das ist eine riesen Sch... Die will der doch nicht!

Mit dem Urteil will man Abschreckung betreiben. Ich finde diese Art symbolischer Rechtsprechung, die dem Schuldprinzip nicht mehr gerecht wird und unverhältnismäßig ist, nicht wirklich hilfreich. Mehr und strengere Polizeikontrollen würden helfen, ebenso ein Ende der zweifelhaften Leasingpraxis einiger Automobilhersteller, die es ermöglicht, für wenig Geld einmal einen Tag einen 300 oder 400 PS-Protzer zu fahren.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

20.06.2020 um 21:40
Zitat von monstramonstra schrieb:Das tut fast jeder Raser, egal ob mit 80 mit Wohngebiet oder mit 250 auf der Autobahn. Alles potentielle Mörder? Alles versuchter Mord?
Potenziell oftmals ja.
Aber potenziell heisst nur "Er könnte es tun, aber er tat es nicht (jemanden umbringen)".
Wenn es Tote gibt, wird man die Schuld beurteilen.

Ich finde dieses Urteil richtig.
Das Gericht hat es sich nicht leicht gemacht.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

20.06.2020 um 21:55
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Wenn es Tote gibt, wird man die Schuld beurteilen.
Erst dann? Kein Mordversuch?

Entweder ist der Tatbestand des Versuchs nach höchstrichterlicher Rechtsprechung erfüllt. Das ist der Fall, wenn der Täter aus seiner Sicht unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung ansetzt, d.h. spätestens mit der Beschleunigung. Dann muss er geahndet werden (Legalitätsprinzip).

Oder man lässt es bleiben. Genau das zeigt aber, dass man mit Mord auf dem falschen Dampfer ist. Zudem gibt es dafür in allen Schattierungen § 315d StGB (s.o.).
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Das Gericht hat es sich nicht leicht gemacht.
Und die Rechtsprechung damit gepflegt in die Bredouille manövriert.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

20.06.2020 um 22:10
@monstra
Das seh ich anders, denn ab einem gewissen Punkt ist das sehr wohl vergleichbar. Ein Führerschein bedeutet auch Verantwortung und dass man verstanden hat, wie man sich im Straßenverkehr zu benehmen hat. Wer sich absichtlich in ein PS starkes Auto setzt und dieses wie eine Mordwaffe einsetzt, ist nicht besser als jemand, der mit einer scharfen Waffe, mit verbundenen Augen, in der Stadt rumballert.
Da ist Tötungsabsicht durchaus zu unterstellen.


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20.06.2020 um 22:22
Der Vorsatz wird unterstellt. Genau das ist das Problem.


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20.06.2020 um 22:28
@monstra
Ja, den unterstell ich bei einem Menschen, der geistig in der Lage war, eine Führerscheinprüfung zu bestehen, sich dann in ein Auto setzt und dieses wie eine Waffe einsetzt.
Anders wäre es, wenn der Täter so debil wäre, dass er gar nicht wusste, was ein Auto so kann. Ein solcher Mensch hätte aber keine Führerscheinprüfung bestanden. Diese beinhaltet auch, dass man sich der Verantwortung im Strassenverkehr bewusst ist. Wir reden hier nicht von einem normalen Unfall mit Todesfolge bei etwas überhöhter Geschwindigkeit oder Unachtsamkeit. Das hier ist eine andere Hausnummer.


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21.06.2020 um 00:50
@abberline

Ein Auto ist immer wie eine Waffe. 40 Mio. Menschen haben in Deutschland eine Fahrerlaubnis. Und sind dennoch in der Lage, tagtäglich im vollen Bewusstsein für die Folgen, tausendfach Dummheiten zu begehen. Quer durch alle Bildungsschichten, Krankheiten und Fahrpraxis. Dass ein Auto als Waffe eingesetzt wird, ist jedoch relativ selten. Da kommt es dem Täter zumeist gerade darauf an, damit jemanden zu schaden. Wenn jemand auf einer vielbefahrenen Straße in einer unübersichtlichen Kurve mit überhöhter Geschwindigkeit blind überholt, dann ist das dumm, trotzdem hofft er halt, es werde kein Fahrzeug entgegenkommen und es werde schon gut gehen. Das ist eine grobe Pflichtwidrigkeit, das ist grobe Fahrlässigkeit.

Das LG Berlin hat von der objektiven Gefährlichkeit eines Rennens in der Innenstadt darauf geschlossen, dass die Täter zwar den Erfolg nicht gewollt, aber um des eigentlich Ziels wegen, des Rennens, sich damit abgefunden haben. Das ist erst mal logisch. Aber damit wird der Vorsatz ganz tief in die Fahrlässigkeit hineinerstreckt. So dass ich mich schwer tue, wie sich bei objektiv gefährlichem Verhalten dann noch ein Vorsatz verneinen lässt. Zumal der Versuch ja auch strafbar ist und somit jedes Rennen Mordversuch wäre. Übrigens auch bis Lebenslänglich strafbar.

Und sehe ich auch große Wertungswidersprüche. Mord? Das wird so bestraft wie die Geiselnehmer von Gladbeck, Beate Zschäpe oder Krankenpfleger Niels Högel. Nur mal so als Vergleich. Nun mag man Lebenslänglich trotzdem für gerecht halten. Andere bejahen eine solche Strafe für schwere Fälle von Kinderpornografie oder Kindesmissbrauch. Generell kann man es sogar so halten wie in den USA. Nur: Was bringt das???


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

21.06.2020 um 00:55
Das tut fast jeder Raser, egal ob mit 80 mit Wohngebiet oder mit 250 auf der Autobahn. Alles potentielle Mörder? Alles versuchter Mord?
Du relativierst hier aber doch sehr. Es kann jedem mal passieren, dass er z.B. in einer 30er Zone 50kmh fährt weil er ein Schild nicht gesehen hat (bei 80kmh ist das wiederum was anderes). Aber kein vernünftiger Mensch würde mit 160 in der Innenstadt rumfahren, da kann man noch so sehr im Stress sein etc. Noch dazu sind sie über zig rote Ampeln gerast! Das kommt ja alles zusammen. Hier nur von dummen Verhalten zu reden ist lächerlich. Mag sein, dass sie den Tod anderer nicht gewollt haben. Aber dafür gibt es den Dolus eventualis der in diesem Fall erfüllt ist.
Ja, den unterstell ich bei einem Menschen, der geistig in der Lage war, eine Führerscheinprüfung zu bestehen
Völlig richtig. Jedem Fahranfänger wird heutzutage eingehämmert, wie lange z.B. Bremswege schon bei niedriger Geschwindigkeit sind. Diese Typen waren nicht irgendwelche grenzdebilen Trottel ohne Führerschein die ein Auto geklaut haben. Sondern waren schon seit Jahren im Besitz eines Führerscheins und niemand der einen Führerschein hat, kann glaubhaft geltend machen, ihm sei die Gefahr eines solchen Rennens nicht bewusst gewesen.
tausendfach Dummheiten zu begehen
Wie gesagt, das geht total an der Realität vorbei. Kein Fahrer würde unter normalen Umständen in so eine Situation geraten. Das Landgericht hat seinerzeit explizit das überfahren der roten Ampeln in seine Urteilsbegründung miteinbezogen. Für eine einfache Geschwindigkeitsübertretung wird man auch künftig wohl nicht wegen Mord verurteilt werden.
Geiselnehmer von Gladbeck, Beate Zschäpe oder Krankenpfleger Niels Högel
Das stimmt halt auch nicht ganz. In diesen Fällen wurden ja noch zusätzlich Sicherheitsverwahrung bzw. die besondere schwere der Schuld verhängt bzw. festgestellt was in puncto Strafmaß doch noch einen ergeblichen Unterschied ausmacht.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

21.06.2020 um 01:04
PS: Aber natürlich wäre die besondere Schwere der Schuld bei einer entsprechend hohen Opferzahl auch gerechtfertigt gewesen. Im Grunde kann man ja noch fast von Glück sagen, dass es "nur" ein Opfer gab. Nach Auskunft eines Sachverständigen wäre vermutlich jeder Fußgänger innerhalb eines 10-Meter Radius ebenfalls gestorben-


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

21.06.2020 um 01:20
Testfrage: Haben die Täter versucht – im Rahmen ihrer Wahnsinnsfahrt – Unfälle zu vermeiden? Oder waren sie ihnen egal? Hätte von ihnen aus das Rennen auch an der ersten Ampel im Crash enden dürfen? Man möchte denken: Ja, hätte es, darauf haben sie es doch offensichtlich ankommen lassen. Aber das stimmt eben nur, wenn man überlegt, was ein vernünftiger Mensch hätte denken müssen, und nicht, was diese beiden in ihren beschränkten Hirnen tatsächlich gedacht haben.

Vor dem Berliner Urteil wurde der Vorsatz in solchen Fällen abgelehnt. Da sich die Fahrer in dieselbe Gefahr bringen, aber keinen Suizid begehen wollen, könne geschlossen werden, dass sie zumindest hofften, es "werde noch mal gut gehen". Auch die Argumentation, sie hätten, um des egozentrischen Zieles Willen im Rennen zu gewinnen, einen Unfall (nicht nur die Gefahr eines Unfalls!) bewusst in Kauf genommen, hätte nicht gezogen, weil ein solcher Unfall auch den Sieg im Rennen vereitelt.

Und entscheidend ist: Was haben sie gedacht. Einer der beiden hat ziemlich überzeugend ausgesagt: Ich habe das schon mehrfach getan und es ist immer gut gegangen. Und ich habe ich mich (deshalb) für einen besonders tollen Fahrer gehalten. Und natürlich wäre er dem Jeep ausgewichen, wenn er gekonnt hätte.

Deshalb fusst die Verurteilung wegen vorsätzlicher Tötung auf einer Unterstellung, die ich für lebensfremd halte, weil so weder ein vernünftiger noch ein absolut dämlicher Mensch denken würde. Und mit dieser Begründung könnte man Fälle der groben Fahrlässigkeit zum Vorsatz machen.
Zitat von ZarastroZarastro schrieb:Aber natürlich wäre die besondere Schwere der Schuld bei einer entsprechend hohen Opferzahl auch gerechtfertigt gewesen.
Die besondere Schwere der Schuld ist keine Strafe, sondern betrifft den Strafvollzug, nämlich ob nach frühestens 15 Jahren die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Die Strafe für Zschäpe und für den Raser ist absolut identisch.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

21.06.2020 um 01:40
die ich für lebensfremd halte,
Lebensfremd ist eher deine Argumentation und das meine ich nicht böse. Du scheinst zu befürchten, dass in Zukunft deswegen auch Alltagsraserei zu einer Mordanklage führen kann, aber die Gefahr sehe ich nicht.

Bei den Tätern ist meines Wissens nach keine ernsthafte geistige Beeinträchtigung festgestellt worden. Und jeder halbwegs zurechnungsfähige Mensch weiß, dass eine Fahrt mit 160 in der Innenstadt über mehrere rote Ampeln hinweg tödlich enden kann. Ich könnte deine Zweifel nachvollziehen, wenn sie z.B. einfach nur auf einer Landstraße ohne Ampeln Gas gegeben hätten und ihnen wäre in der Dunkelheit jemand vor das Auto gelaufen. Aber das überfahren mehrerer roter Ampeln in der Innenstadt ist Wahnsinn und das weiß auch jeder Autofahrer. Die Gefahr war ihnen aber gleichgültig.
Die Strafe für Zschäpe und für den Raser ist absolut identisch.
Nur wird die Zschäpe - wenn man die durchschnittliche Haftdauer von lebenslang vs lebenslang mit besonderer Schwere der Schuld - anrechnet einige Jahre länger im Gefängnis sitzen. Darauf sollte es ankommen. Ansonsten kann man ja vieles relativieren. Da könnte man z.B anzweifeln, ob es fair wäre, jemanden der seine Frau aus Eifersucht umbringt und ansonsten wohl niemand straffällig geworden wäre, dieselbe Strafe zu geben wie einer Rechtsterroristin?

Ich bin kein Fan des drakonischen amerikanischen Strafsystems, eher im Gegenteil, aber dieses Urteil war wichtig und richtig. Es darf nicht sein, dass sich erwachsene Menschen in solchen Fällen damit herausreden können, dass sie die Gefahr ihres Handelns nicht verstanden hat, wenn jedes Kind diese Gefahr nachvollziehen kann. Jedes Kind weiß, dass es bei rot keine Ampel überquert.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

21.06.2020 um 08:26
Zitat von monstramonstra schrieb:Erst dann? Kein Mordversuch?
Nein. Eine potenzielle Fähigkeit stellt keinen Versuch dar.
Potenziell bedeutet nur, du könntest, du wärst im Stande dazu.

Wenn wir in deinem Gedankenmodell bleiben und du für deine Logik einen Mordversuch als Vorstufe benötigst,
würde ich persönlich sagen, dass der Mitangeklagte Mitraser einen Mordversuch unternommen hat.

Die Raser können es tun (Reenen fahren), sie können es aber auch lassen.
Sie entscheiden sich dafür, weil sie den Kick suchen.

Es gibt legale Möglichkeiten, ihre Leidenschaft auszuleben,
aber in belebten Innenstädten bringt es mehr Spaß.

Wenn die Bilanz anders aussehen würde: in der Regel Raser tot, Unbeteiligte leicht verletzt,
würden sie es lassen.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

21.06.2020 um 12:20
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Wenn wir in deinem Gedankenmodell bleiben und du für deine Logik einen Mordversuch als Vorstufe benötigst,
würde ich persönlich sagen, dass der Mitangeklagte Mitraser einen Mordversuch unternommen hat.
Der Fall ist für den zweiten Raser noch nicht abgeschlossen. Das BGH hat sich dagegen entschieden die U-Haft aufzuheben.
Er sitzt schon 4 Jahre. Das bedeutet das eine Verurteilung zu einer längeren Haftstrafe als wahrscheinlich erachtet wird.
Bemängelt wurde die fehlerhafte Festellung des gemeinsamen Tatvorsatzes. Für eine neue Verurteilung zu einer mehrjährigen
Haftstrafe wäre in der Tat ein versuchter Mord eine Möglichkeit. Bei einem versuchten Mord kann bis zu lebenslang verhängt werden.
Üblich ist eine Haftstrafe um die 10 Jahre. Oder der gemeinsame Tatentschluss wird beim nächsten Urteil besser begründet.


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21.06.2020 um 12:37
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Wenn die Bilanz anders aussehen würde: in der Regel Raser tot, Unbeteiligte leicht verletzt,
würden sie es lassen.
Nein. Zumindest lässt die Statistik darauf schließen, dass sich Raser vorrangig selbst umbringen. Der Klassiker: Landstraßen und "Disko-Unfälle". Dezidierte statistische Erhebungen über Raserunfälle ohne Beteiligung Dritter finde ich nicht. Aber (Zahlen 2015):

Sitzen junge Erwachsene (18 bis 24 Jahre) am Steuer eines Pkw, tragen sie in zwei Dritteln der Fälle die Hauptschuld (65 Prozent). Selbstüberschätzung und Unerfahrenheit junger Erwachsener führt dazu, dass das immer noch die mit Abstand am stärksten gefährdete Altersgruppe im Straßenverkehr ist. 2015 war nach Destatis-Angaben jeder siebte Getötete (14 Prozent) und jeder sechste Verletzte (17 Prozent) zwischen 18 und 24 Jahre alt. Dabei gehört nur jeder Dreizehnte in Deutschland dieser Altersgruppe an. 473 der 3.459 Getöteten waren junge Erwachsene, zum großen Teil (knapp 80 Prozent) Männer.

Häufiger als andere Altersgruppen verunglücken 18- bis 24-Jährige in einem Pkw. 2015 waren es mehr als zwei Drittel, in den übrigen Altersklassen war es nur gut die Hälfte. Häufigster Fehler bei Unfällen: Die Pkw-Fahranfänger fuhren zu schnell. Nicht angepasste Geschwindigkeit wurde jedem fünften Unfallbeteiligten (20 Prozent) vorgeworfen. Danach kamen Abstandsfehler mit einem Anteil von 16 Prozent.

https://www.welt.de/motor/news/article156991316/Unfallstatistik-2015.html
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Eine potenzielle Fähigkeit stellt keinen Versuch dar.
Das habe ich auch nicht gesagt. Ein Versuch liegt vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur unmittelbaren Tatbestandsverwirklichung ansetzt. Wenn er also Gas gibt und das Fahrzeug eine Geschwindigkeit erreicht hat, in der sich das Fahrzeug nicht mehr kontrollieren lässt.

Den Vorwurf des Mordversuches (bis lebenslängliche Freiheitsstrafe) kann ich also - die Logik des Berliner Urteils vorausgesetzt - jedem Raser machen, der in einer vergleichbaren Situation ein Rennen durchführt. Oder ich muss begründen, warum ich das nicht tue, denn den Tatentschluss, das "ist mir doch egal, ob einer umkommt" könnte ich jedem Raser unterstellen. Wenn ich möchte. Das wird nicht passieren, weil man keine solchen Strafen verhängen möchte. Und das zeigt, wie lebensfremd und im Ergebnis auch willkürlich diese Rechtsprechung ist. Sie hängt vom Zufall ab. Und da habe ich auch Probleme mit dem Schuldprinzip.

Nun gibt es Viele, die das Urteil gut finden. Aber weder Mehrheitsmeinungen noch das gesunde Volksempfinden dürften der Maßstab sein. Sondern das Gesetz. Und deshalb bleibe ich dabei: Der Vorsatz wird argumentativ unterstellt. Und nicht bewiesen. Und das ist rechtsstaatlich bedenklich. Der BGH hat es akzeptiert, aber nicht alles, was der BGH entscheidet, ist auch richtig und gut. Das BVerfG wird da kaum korrigierend eingreifen, weil es an einer spezifischen Grundrechtsverletzung mangelt. Und diese Rechtsprechung wird sich auch nicht durchsetzen. Denn jetzt gibt es den § 315d StGB, der einen angemessenen Strafrahmen bei Tötungsfällen vorsieht. In vergleichbaren Fällen dürfte es also ca. 6 bis 8 Jahre geben. Auch das ist ungerecht.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

21.06.2020 um 12:44
Zitat von monstramonstra schrieb:Den Vorwurf des Mordversuches (bis lebenslängliche Freiheitsstrafe) kann ich also - die Logik des Berliner Urteils vorausgesetzt - jedem Raser machen, der in einer vergleichbaren Situation ein Rennen durchführt. Oder ich muss begründen, warum ich das nicht tue, denn den Tatentschluss, das "ist mir doch egal, ob einer umkommt" könnte ich jedem Raser unterstellen. Wenn ich möchte. Das wird nicht passieren, weil man keine solchen Strafen verhängen möchte. Und das zeigt, wie lebensfremd und im Ergebnis auch willkürlich diese Rechtsprechung ist. Sie hängt vom Zufall ab. Und da habe ich auch Probleme mit dem Schuldprinzip.
Das ist definitiv falsch:
In dem Urteilen wird umfassen dargestellt das ein Mordurteil für Raser nur in extremen gut begründeten Ausnahmefällen erfolgen darf.
Das das nicht nur Theorie sondern auch Praxis ist wurde kürzlich bewiesen:
Im Stuttgarter Raser-Fall wurde festgestellt das kein Mord vorlag.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

21.06.2020 um 13:09
Zitat von threefishthreefish schrieb:In dem Urteilen wird umfassen dargestellt das ein Mordurteil für Raser nur in extremen gut begründeten Ausnahmefällen erfolgen darf.
Die Ausnahmefälle sind die Fluchtfälle, da flüchtet ein Täter vor der Polizei und tötet z.B. einen Fußgänger. Das ist in der Tat ein anderer Fall, weil da tatsächlich kriminelle Energie offensichtlich ist.

In Berlin war das nicht so. Nachdem das erste Urteil vom BGH zurückgewiesen wurde, war es nun möglich, den Ausnahmefall entsprechend gut zu begründen. Die objektive Gefährdungslage (Ku'Damm, 130 km/h, mehrere rote Ampeln missachtet) bleibt der Ausgangspunkt für die anschließende Vorsatzkonstruktion. Trotzdem will auch so ein Täter keinen Unfall. Er will nicht selbst ums Leben kommen, will nicht sein Auto zerstören. Und würde deshalb auch versuchen, einem Hindernis auszuweichen.

Mit genau dieser Begründung ("Vorsatz-Fahrlässigkeitsdelikt") wurde der Stuttgarter Raser zu nur zu 5 Jahren verurteilt - obwohl er mit 165 in die Innenstadt gerast war und zwei Menschen getötet hatte. Das Stuttgarter Gericht hielt die Mordrechtsprechung der Berliner dezidiert für den falschen Weg.

5 Jahre in Stuttgart, Lebenslänglich in Berlin. Für eine vergleichbare Tat.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

21.06.2020 um 13:12
Zitat von monstramonstra schrieb:Landstraßen und "Disko-Unfälle"
@monstra
Diskounfälle? Die bringst du hier ein?
...unter Alkoholeinfluss und dann oft leider auch mit vollbesetztem Auto.
Diese Vorkommnisse sind anders einzuordnen.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

21.06.2020 um 13:28
Man kann nur hoffen das dieses harte aber (mMn) gerechte Urteil "Früchte trägt" und in Zukunft potentielle Raser ohne vermeintliches Hirn dieses doch einmal aktivieren und sich über die Konsequenzen ihrer testosterongesteuerten Handlungsweise bewußt werden...

Leider wird das nicht alle erreichen, aber zumindest einen gewissen Prozentsatz von denen, da bin ich mir ziemlich sicher.


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