Stereotype Karnevalkostüme - Diskriminierung oder harmloser Spaß?
31.01.2018 um 11:13
An der Sache mit den Indianern merkt man, dass es sich hier in Wahrheit um eine amerikanische Debatte handelt. Indigene Amerikaner sind in Deutschland ja doch eher selten anzutreffen. Auch dürfte klar sein, dass Afroamerikaner wenig mit afrikanischen Stammesangehörigen am Hut haben dürften, andererseits stellt sich doch dann die Frage, ob sie mit so einem Kostüm überhaupt gemeint sind. Jemand, der sich etwa als Massai- oder Zulukrieger verkleidet, meint damit ja nicht unbedingt alle Schwarzen.
Dass sich Deutsche gerne als Indianer verkleiden, ist eine Tradition, die ihre Wurzeln in der Romantik des 19. Jh. hat, jeder kennt die Werke von Karl May; der Deutsche ist bekannt für seine schwärmerische Naturverbundenheit ("der Deutsche Wald") und die amerikanischen Ureinwohner galten früher und gelten teilweise heute immer noch als Inbegriff des "Naturkindes", des "Edlen Wilden", der von den Auswüchsen der Zivilisation noch gänzlich unbeleckt ist, was angesichts der realen Situation dieser Völker selbstverständlich auch ein Klischee ist, aber mitnichten etwas damit zu tun hat, dass man sich irgendwie über sie lustig machen würde, auch wenn dieser Vorstellung durchaus ein Schuss positiver Rassismus beigemengt sein dürfte.
Interessanterweise weisen jedoch diejenigen, die hier jetzt am lautesten über vermeintliche Stereotype plärren, oftmals auch eine moderne Version dieser "Edlen Wilden"-Vorstellung auf. Deutschland und "die Deutschen" werden aus unterschiedlichen Gründen abgelehnt und der Nicht-Deutsche muss von daher schon allein deshalb gut bzw. edel sein, weil er kein Deutscher ist. Hier werden Ausländer pauschal zu "Edlen Wilden", die von der faschistoiden deutschen Unkultur unbeeinflusst sind. Dass diese Nicht-Deutschen, die in Wahrheit weder "wild" noch naiv sind, jedoch durchaus aus Kulturräumen kommen, die eben auch fragwürdige oder menschenverachtende Vorstellungen aufweisen, wie sich immer wieder zeigt, manchmal oder sogar relativ häufig sehr viel heftiger als die der (heutigen) Deutschen selber, wird dabei konsequent ausgeblendet.
Desweiteren wollte ich nochmal meine Frage von gestern stellen, warum Tierkostüme dann aber ok sind; es kommt ja öfter das Argument, dass es den dargestellten Völkern so schlecht erging unter dem Einfluss der Weißen. Da möchte ich schon nochmal anmerken, weil es mal wieder unterging, dass es Elefant & Co. unter dem Einfluss des Menschen nach wie vor sehr schlecht ergeht, schließlich sind die sogar vom Aussterben bedroht. Liegt es tatsächlich allein daran, dass sich ein Elefant nicht über Rassismus (in dem Fall müsste man das wohl eher "Spezismus" nennen) beschweren kann? Grund dafür hätte er allemal genug.
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