Political correctness, ein gescheitertes Experiment

McMurdo schrieb:Auch das darfst du doch sagen wie du es denkst. Das es dann unter Umständen massiven Widerstand gegen das Gesagte gibt ist halt eine andere Sache, damit muss man dann eben leben.

Nur ist der Widerstand der Unterschied zwischen Meinungsfreiheit und keiner Meinungsfreiheit. Wenn dir der massive Widerstand nichts ausmacht kannst dich auch in einem Land wie Nordkorea auf einen öffentlichen Platz stellen und auf die Regierung, die Politik des Landes, Kim Jong Un usw. schimpfen. Nach der Sichtweise gibt es dann überall sogar in Diktaturen immer ausnahmslos Meinungsfreiheit nur der Widerstand ist halt da mancherort etwas höher. Meines Erachtens ist das Ende der Meinungsfreiheit dann erreicht, wenn der Widerstand über eine Gegenmeinung hinausgeht.

@Tussinelda
Glaubst Du ernsthaft, dass sich viele Menschen, die überhaupt keinen Bezug zur Problematik haben, näher damit befassen oder im Alltag politische Dinge diskutieren? Diese Welt ist vielen vermutlich genauso fremd, wie anderen Samstags Abends in der Dorfkneipe Karten zu spielen.
Natürlich sagt dort auch niemand rassistische Sprüche und es gibt auch dunkelhäutige Menschen in den Dörfern und die gehören genauso dazu. Aber einen PC Exkurs wird es eher nicht geben.

@abberline
Vorallem würden die auf PC bedachten Großstädter, die pc inkorrekten Wörter in Dorftkneipen wohl nichtmal verstehen.

Allein schon die Wörter "Politische Korrektheit" das ist an sich schon garnicht "politisch korrekt" bzw es führt es ad absurdum, das ist genauso wie wenn ein beim petzen erwischter Mensch vorwürft dass andere doch nicht zu petzen haben, völlig irre.
Richtig ist also, dass das Experiment gescheitert ist, denn der Mensch soll frei sprechen dürfen, denn wenn Komnunikation oder sagen wir bestimmte Kommunikation geahndet wird verschwindet sie nicht, nein sie wird nur verlagert auf Ebenen, die teilen der Gesellschaft nicht zugänglich sind und das ist das große Problem, sie wird unsichtbar und damit gefährlich, da sie auf den Ebenen keinen Widerspruch erhällt und damit von den Anwesenden als Faktum anerkannt wird.

Das größte Problem: PC setzt eine bewisse Befindlichkeit voraus. Jemand "soll nicht beleidigt werden".
Befindlichkeit ist aber nichts kollektives, sondern etwas individuelles und darüber hinaus auch noch situationsabhängiges. Wenn ich bei jeder Aussage kampfhaft vermeiden will, dass auch der/die letzte in einer großen Gruppe sich nicht beleidigt fühlt wird Sprache zum Minenfeld.

Lupo54 schrieb:Das größte Problem: PC setzt eine bewisse Befindlichkeit voraus. Jemand "soll nicht beleidigt werden".
Befindlichkeit ist aber nichts kollektives, sondern etwas individuelles und darüber hinaus auch noch situationsabhängiges. Wenn ich bei jeder Aussage kampfhaft vermeiden will, dass auch der/die letzte in einer großen Gruppe sich nicht beleidigt fühlt wird Sprache zum Minenfeld.

Gut formulierter und richtiger Aspekt.

Lupo54 schrieb:. Wenn ich bei jeder Aussage kampfhaft vermeiden will, dass auch der/die letzte in einer großen Gruppe sich nicht beleidigt fühlt wird Sprache zum Minenfeld.

Darauf läuft es ja zwangsläufig hinaus u. das kann keiner ehrlich wollen.
Fragt sich auch, wie viele Menschen überkorrekt sein möchten.
Eine Welt, in der Fehler schwerwiegend sind u. sofort geahndet werden.
Nein danke!

@Lupo54
Und trotzdem gibt es so etwas wie Höflichkeit, Anstand, obwohl Befindlichkeiten nix kollektives sind. Und darum allein geht es. Es geht darum, dass Gegenüber nicht abzuwerten, sondern als ebenbürtig zu akzeptieren und somit nicht sprachlich zu diskriminieren. Das scheint aber etwas unglaublich schlimmes zu sein.

Tussinelda schrieb:Es geht darum, dass Gegenüber nicht abzuwerten, sondern als ebenbürtig zu akzeptieren und somit nicht sprachlich zu diskriminieren. Das scheint aber etwas unglaublich schlimmes zu sein.

Nichts schlimmes, auch ich bin für Höflichkeit. Das Problem ist nicht der höfliche und respektvolle Umgang als solcher sondern das Bemühen, sozusagen grundsätzlich und gegenüber jedermann/jederfrau jegliche Anstößigkeit zu vermeiden. Das wird nicht gelingen.

@Lupo54
Man sollte es aber wenigstens versuchen. Und zwar jeder. Sprache sollte bewusst benutzt werden, denn Sprache ist machtvoll. Und jemanden nicht diskriminieren zu wollen sollte die Absicht eines jeden sein, meiner Meinung nach. Sagt auch unser Grundgesetz.
Man zeigt durch Sprache, wie ernst man sein Gegenüber nimmt, wie viel Empathie man gewillt ist aufzuwenden, um mögliche Diskriminierung zu vermeiden. Oder eben nicht.

Tussinelda schrieb:Und trotzdem gibt es so etwas wie Höflichkeit, Anstand, obwohl Befindlichkeiten nix kollektives sind. Und darum allein geht es. Es geht darum, dass Gegenüber nicht abzuwerten, sondern als ebenbürtig zu akzeptieren und somit nicht sprachlich zu diskriminieren. Das scheint aber etwas unglaublich schlimmes zu sein.

da bin ich völlig deiner Meinung.
Aber mit drastischen und respektlosen Formulierungen geht's doch teilweise schon hier im Forum los ... seitens mancher user (und von diesen immer wieder, wenn sie emotional werden bei einem Thema).
Da werden Aussagen und Meinungen von Usern zB. gerne mal mit 'das ist ekelhaft' usw abgebügelt und die Argumente des Gegenübers werden somit sprachlich diskriminiert und abgewertet.
Was ekelhaft ist, liegt nämlich immer im Auge des Betrachters und das ist kein sachliches und respektvolles Argument mMn.

Tussinelda schrieb:Man sollte es aber wenigstens versuchen

Genau, sachlich zu bleiben.

Tussinelda schrieb:Man zeigt durch Sprache, wie ernst man sein Gegenüber nimmt, wie viel Empathie man gewillt ist aufzuwenden, um mögliche Diskriminierung zu vermeiden. Oder eben nicht.

das unterschreibe ich

@Optimist
Du vergleichst also, wenn man eine Aussage beurteilt damit, einen Menschen sprachlich zu diskriminieren? Alles klar.....

Rainlove schrieb:Richtig ist also, dass das Experiment gescheitert ist, denn der Mensch soll frei sprechen dürfen, denn wenn Komnunikation oder sagen wir bestimmte Kommunikation geahndet wird verschwindet sie nicht, nein sie wird nur verlagert auf Ebenen, die teilen der Gesellschaft nicht zugänglich sind und das ist das große Problem, sie wird unsichtbar und damit gefährlich, da sie auf den Ebenen keinen Widerspruch erhällt und damit von den Anwesenden als Faktum anerkannt wird.

Das ist der Punkt. Man gehe in Schenke XY, lausche dem Stammtisch und überzeuge sich selbst.

borabora schrieb:Eine Welt, in der Fehler schwerwiegend sind u. sofort geahndet werden.Nein danke!

Das ist ebenso die Welt derer von "besserer Herkunft". Diese manifestiert sich ja nicht allein in Geld und Besitz, es sind die Verhaltensweisen, Codes und das jeweils in diesen Kreisen Unaussprechbare, an das sich gehalten werden muss, sonst verwässert sich der Stallgeruch und der Betreffende wird mehr oder weniger ausgeschlossen.

Sowas findet sich selbstverständlich nicht nur in solchen Kreisen statt, sondern in allen nur erdenklichen Kreisen, die lieber unter "ihresgleichen" verkehren, als mit dem Rest der Welt.

Tussinelda schrieb:Du vergleichst also, wenn man eine Aussage beurteilt damit, einen Menschen sprachlich zu diskriminieren?

ja genau. Denn bei dieser 'Kleinigkeit' geht's mit dem respektvollen Umgang los. Es gibt Menschen, welche sich persönlich abgewertet fühlen, wenn ihre Aussagen mit solchen drastischen Bewertungen bedacht werden. Das sollte das emphatische Gespür hergeben, auch auf solche Befindlichkeiten Rücksicht zu nehmen, finde ich.

@Optimist
Das hat aber nix mit pc zu tun.

Bedeutung INFO
Einstellung, die alle Ausdrucksweisen und Handlungen ablehnt, durch die jemand aufgrund seiner ethnischen Herkunft, seines Geschlechts, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht, seiner körperlichen oder geistigen Behinderung oder sexuellen Neigung diskriminiert wird

Quelle: https://www.duden.de/rechtschreibung/Political_Correctness

So viel dazu.

Tatsächlich dachte ich die letzten Tage darüber nach solch ein Thema zu eröffnen und vorher zu recherchieren, ob es solch eines schon gäbe.

Mir begegnet PC als Opportunismus.
Der politisch Korrekte, den ich meine (eine Abstraktion), schaut zuerst, was ist die offizielle Verlautbarung, was steht in Lexika.
Im Nationalsozialismus stand da was anderes drin als heute.
Verschwörungstheoretiker und politisch Korrekter sind m.E. in Abstraktion zwei Seiten einer Medaille.

Gerlind schrieb:Im Nationalsozialismus stand da was anderes drin als heute.

Und das sich da was geändert hat, ist pc geschuldet. Also dem Versuch, Menschen nicht durch Sprache zu diskriminieren. Was ich als positiv erachte.

Tussinelda schrieb:Und das sich da was geändert hat, ist pc geschuldet. Also dem Versuch, Menschen nicht durch Sprache zu diskriminieren. Was ich als positiv erachte.

So einfach sehe ich das nicht.
Ich denke zunächst haben Alliierte Deutschland befreit und anschließend erzogen.
Das politisch Korrekte, das ich meine, ändert nichts an herrschenden Verhältnissen. Es passt sich m.E. an.

@Gerlind
Das politisch Korrekte, dass Du meinst, das kenne ich nicht.

@Tussinelda
Genau da geht es los. Mit PC verbinde ich als erstes nichts positives, sondern geifernden und aggressiven, im günstigsten Fall missionarischen Tonfall. Und das ist doch schade.