vincent schrieb:Nein, das kann man zu Recht denken, wenn man ihn liest. Ich weiß nicht, ob ich dir das vortanzen muss. Es steht in den Zitaten klar drin. Du kannst einfach mal den Kontext betrachten wenn es dir so wichtig ist und dein Ergebnis vortragen.
Zitate.. Wenn sie einer nicht kennt, kann er sie nicht missbrauchen.
Wenn eine übereifrige PC ohne Zusammenhang Antisemit schreit, kann man es missbrauchen.
Dein Argument spricht also eher für meine Position.
vincent schrieb:Ja sicher. Einfach unbeachtet lassen. Dann löst sich der Antisemitismus irgendwie von alleine auf.
Das hab ich nicht gesagt; aber wenn man schon darüber spricht, dann in einem passenden Rahmen. Eben nicht nur als Schlagwort innerhalb einer aufgebrachten Szene.
"Kant ist Antisemit gewesen" bleibt dann, und der Antisemit denkt sich, "siehste, wenn der sogar so gedacht hat, kann ich nicht falsch liegen."
Dass Kant gar nicht die technischen Möglichkeiten hatte alle seine Thesen und Aussagen auf Herz und Nieren zu prüfen, dass er seine Modelle aufgrund von vielen anderen zT fragwürdigen Quellen zusammen getragen hatte, und dass ihm auch noch eine allmächtige Kirche im Nacken saß, als er anfing Religion zu kritisieren, interessiert die PC von heute hier wohl nicht.
Das ist aber wichtig und eben auch Teil der Wahrheit, die man einfach nur halbherzig erfasst.
Dass ihm dann trotzdem ein sehr ansehnliches Werk gelungen ist, das bis heute von Humanisten weltweit zitiert wird, und worauf sich immer noch berufen wird, macht die Sache umso erstaunlicher, und lobenswerter.
vincent schrieb:Voltaire ist auch als Aufklärer bekannt. Seine Einstellung zu Juden ist also auch nur eine Brandmarkung oder wie soll man das verstehen. Die Reihe setzt sich mit dem Reformator Luther weiter..
Für ihn gilt genau das gleiche. Wie hätten die es damals besser wissen sollen?
"Die Juden" war ein völlig abstrakter Haufen von Leuten, über die man so gut wie nichts verlässliches wusste. Alle Info beruhte auf Mutmaßungen, auf Vorurteilen, die man sich eher noch zu bestätigen suchte, als sie auszuräumen, und auf ganz wenig Gesichertem.
Zudem auch hier das Problem, dass Religionskritik damals ein wirklich heikles Unterfangen war. Zumindest was das Christentum anging. Dürfte man über "die Christen" als Religionsgemeinschaft genauso schreiben, wären sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht viel besser weg gekommen. Wobei es damals noch keine ethnische Unterscheidung in dem Sinne gab. Die Juden waren nicht nur eine religiöse sondern eben auch eine politische und ethnische Gruppe. Das hat mal alles zusammen aufgewischt, weil man es nicht besser wusste.
Diese anfänglichen Versuche von sowas wie soziologischer Erfassung von irgendwelchen gesellschaftlichen Gruppen waren doch nichts anderes als Zerrbilder der Wirklichkeit, und das ging auch gar nicht anders.
Wieso man ihnen also heute noch sowas vorwirft, bleibt ein Rätsel. Ist genauso als würde man sich darüber aufregen, dass Voltaire nicht durch Europa geflogen ist.
Tja, schlecht, wenn man noch keine Flugzeuge hat. Genauso schlecht kann man soziologische Aussagen treffen, wenn man keine ausreichende Kenntnis darüber hat.
Dass aber vieles andere in seiner Arbeit sehr gut und treffelich gewesen ist, kann man darüber eben nicht bestreiten. Deshalb ist auch hier der Vorwurf aus der heutigen Sicht betrachtet eher unberechtigt, und der heutigen Sache im Kampf gegen den Antisemitismus auch in keiner Weise dienlich.