@Heide_witzka Die Entwicklung von Kultur ist nicht unabhängig von Geschichte, das ist richtig.
Kultur und Geschichte sind aber nicht gleichbedeutend. Die beiden Faktoren beeinflussen sich gegenseitig.
Was gewesen ist, beeinflusst die Kultur in der Gegenwart und Zukunft.
Kultur steht aber nicht nur unter dem Einfluss von Geschichte, sondern auch direkt unter dem Einfluss der Gegenwart und indirekt unter dem Einfluss der Zukunft, da es Auswirkungen auf die gegenwärtigen Handlungen hat, welche Zukunft man erwartet.
Wenn ich erwarte, dass ich in Zukunft in einem sehr warmen Land lebe, werde ich mir andere Kleidung kaufen, als wenn ich erwarte, in Zukunft in einem sehr kalten Land zu leben.
Die Erwartungen an die Zukunft beeinflussen mein Handeln in der Gegenwart.
Ich denke, man kann formulieren, dass
Kultur Geschichte, Gegenwart und Zukunft umspannt, ohne jetzt genau die komplexen Wechselwirkungen und Beziehungen aufdröseln zu wollen.
Kultur ist fortdauernd.
Geschichte ist nur ein Faktor für die Bildung von Kultur, nicht der alleinige, bestimmende Faktor.
Der Holocaust während der NS-Zeit ist ein reales, historisches Ereignis. Er ist Teil deutscher Geschichte. Damit beeinflusst er natürlich auch die deutsche Kultur.
Wie schon oft aber erwähnt: Es gibt wesentlich mehr in der deutschen Geschichte, als nur die NS-Zeit. Und Kultur ist nicht allein durch Geschichte geprägt.
Demnach sollte man bei einer Frage nach deutscher Kultur und Geschichte nicht immer nur die Zeit des Nationalsozialismus im Sinn haben.
Zu deiner Frage nach dem Umgang mit der Geschichte:
Ich bin der Meinung, der Umgang sollte so aussehen, dass man sich der Geschichte erinnert und seine Lehren daraus zieht, wie man in Gegenwart und Zukunft besser handeln kann.
Man sollte sich jedoch nicht
fesseln lassen von der Geschichte, indem man sich stets auf einen Aspekt Schuld konzentriert.
Heide_witzka schrieb:Natürlich bin ich mir bewusst, dass eine gewisse Klientel das gerne ausblendet, aber aus welchem Grund?
Du meinst wohl Rechtsradikale. Diese versuchen, die Vergangenheit auszublenden oder zu beschönigen, um ihre eigene Agenda zu fördern oder, im Extremfall, die Vergangenheit zu wiederholen.
Das aber ist nicht meine Absicht, ich befürworte nicht Vergessen und Ausblenden, sondern ich befürworte, seine Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen, damit diese eben
nicht wiederholt wird.
Ich glaube, dass bei einer fortwährenden Konzentration auf Vorwürfen und Schuld gegenüber den heutigen Deutschen schädlich ist, wenn man eine Wiederholung der Vergangenheit verhindern möchte.
Durch diese Konzentration schafft man Unsicherheit und niedriges Selbstbewusstsein.
Meiner Ansicht nach sind Deutsche mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Identität wesentlich verlässlicher in ihrer Ablehnung extremer Ideologien, als unsichere Deutsche.
Ich weiß, wer ich bin - mich muss kein ,,Führer" aufbauen und mir erzählen, wie großartig ich sei, wie überlegen oder oder dass an allen negativen Erfahrungen in meinem Leben XY schuld wäre.
Für sowas bin ich nicht anfällig.
Wohl aber denke ich, dass Menschen mit geringem, ungesundem Selbstbewusstsein, die sich über ihre Identität nicht im Klaren sind, anfällig sind.