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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

526 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Holocaust, Nolte, Schlusstrichdebatte ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
aero ehemaliges Mitglied

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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 10:26
@tudirnix
Zitat von tudirnixtudirnix schrieb:Da solltest Du dich mal ein wenig mehr mit der deutschen Nachkriegsgeschichte auseinandersetzen, dann kämst du zu einem ganz anderen Schluss.

Blicken wir doch mal auf die Amts und Würdenträger der Nachkriegsregierung obwohl jeder um deren NS-Vergangenheit wusste.
Im grunde habe ich das aber in diesem satz zusammenfassend auch so ausgedrückt.

Ja ok, vllt. klingt "manchmal hatte man das gefühl" da etwas relativierend.
Aber es ist in dem zusammenhang in dem ich es so erwähnte, hier, auch etwas herausgerissen.
Zitat von aeroaero schrieb:Und manchmal hatte man das gefühl das dort immer noch in den oberen, auch justizetagen, relikte aus der ns-zeit anzutreffen sind.



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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 10:29
@aero
man hatte nicht das Gefühl, das war bekannt und wurde geduldet. Und wer den Mist aufzeigte, wurde beschimpft.

Und noch ein Gedicht:

http://www.zeit.de/1998/40/Adenauers_braune_Socken


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aero ehemaliges Mitglied

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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 10:32
@tudirnix
Zitat von tudirnixtudirnix schrieb:@aero
man hatte nicht das Gefühl, das war bekannt und wurde geduldet.
Habe ich jetzt auch vorher so ausgedrückt wie du es meinst.
Zitat von aeroaero schrieb:Ja ok, vllt. klingt "manchmal hatte man das gefühl" da etwas relativierend.



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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 10:52
In verschiedenen Threads taucht ab und zu, aber ziemlich regelmäßig, besonders wenn es um Nationalbewusstsein geht, die Frage auf, wie lange wir, die wir doch alle Nachgeborene sind, noch mit Auschwitz konfrontiert werden wollen.
Ich gebe persönlich nicht sonderlich viel auf Nationalbewusstsein, mMn ist Nationalbewusstsein etwas für charakterschwache Menschen die eine Art Gruppenidentifikation benötigen...das können die imo auch in nem Sportverein haben.

nationalism

Ich finde es aber dumm, dass Menschen für etwas verantwortlich gemacht warden, was sie nicht getan haben. Was habe ich mit dem Nationalsozialismus zu tun? Zwangsläufig wäre ich aufgrund meiner starken Kurzsichtigkeit sicher zwangssterlisiert worden, weil ich in ihren Augen kein gutes Genmaterial wäre.

Es ist halt auch so einfach die Nazikeule zu schwingen, als Mensch aus Deutschland darf man ja nicht mal den STAAT Israel kritisieren, man wird direkt als Antisemit bezeichnet...auch wenn man keine Unterschiede in der Herkunft macht.
Der Nationalsozialismus war eine schlimme Zeit, die die Abgründe des menschlichen Denkens aufzeigen, aber es sollte nicht so extrem Thematisiert werden wie es in Deutschland passiert. In der Schule wird das Thema in Geschichte länger behandelt als alle anderen Themen und Nachts auf N24 laufen auch nur Nazi Dokus...

Ich finde damit sollte Schluss sein, es wird so den Generationen die nichts damit zu tun haben eine kollektive Mitschuld eingetrichtert die nicht existiert. Was kann ich dafür was andere Menschen die ich niemals kennen gelernt habe verbrochen haben?


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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 11:04
@King_Kyuss und Konsorten
Wo, von wem und wann wird denn den heute lebenden Menschen eine Mitschuld am Holocaust oktroyiert?
So oft, wie dieses "Argument" hier angeführt wird, sollten sich da doch einige Gelegenheiten aufzeigen lassen.


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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 11:08
Zitat von King_KyussKing_Kyuss schrieb:Was kann ich dafür was andere Menschen die ich niemals kennen gelernt habe verbrochen haben?
Wenn du nix dafür kannst, warum willst du dann unbedingt, dass es vergessen wird?


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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 11:11
@aero
Zitat von aeroaero schrieb:Aber wir brauchen ganz bestimmt keine selbsternannten zeigefingerhochhalter wie einen realo der sich als eine art gewißen, erinnerer und ermahner zur deutschen ns-aufarbeitung gibt.
Es bedarf jeden Einzelnen, der sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennt. Jeder ist gefragt und man kann gerade heute nicht oft genug mit dem Finger aufzeigen und erinnern.
Formuliert habe ich das bereits hier:
Beitrag von tudirnix (Seite 5)

Es gibt sehr viele Parallelen, dieser Tage. Zeigt man auf und weist darauf hin, hält sich so mancher die Ohren zu, relativiert und spielt runter. Verweist man in diesem Zusammenhang dann noch auf die Vergangenheit, dann kommt reflexartig der Spruch, damit muss mal Schluss ein, weil es doch viel einfacher ist: ich sehe nichts, ich höre nichts und ich sage nichts.

Man sieht es ja auch deutlich hier im Forum selbst, wie versucht wird, Ängste gegen Flüchtlinge und Muslime zu schüren, wie rechtspopulistische Parteien und Organisationen hofiert werden, wie wieder abgebügelt und relativiert wird, wenn man das Thema Rechtsextremismus aufgreift und darauf hinweist sowie dokumentiert, dass die Gefahr, die von Rechtsextremisten ausgeht, größer ist als manch einer denkt. Und es bleibt ja nicht nur beim Relativieren und Runterspielen. Selbst Anfeindungen sind da keine Seltenheit.

Wenn keiner da ist und aufzeigt und an unsere Geschichte erinnert, breitet sich eben diese Pest aus.
Und auch das kann man beobachten, dass dieses Aufzeigen und erinnern nicht gewünscht ist, weil es unangenehm für den einen oder anderen ist, die Konfrontation mit der Vergangenheit in Verbindung mit den aktuellen Ereignissen.

Um es mit Kurt Tucholskys Worten zu beschreiben:
"im übrigen gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht."


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11.04.2016 um 11:18
Der Versuch @Realos war eigentlich ganz interessant, aber so lange die Diskussion auf dem Niveau läuft

"Es ist ja sooo unfair, dass 'die Deutschen' immer und ewig für das verantwortlich gemacht werden, was ein paar von ihnen vielleicht einmal früher getan haben. Schaut doch dagegen mal auf die bösen Amerikaner, wie die die armen Sklaven behandelt haben..."

kann ich sie einfach nicht ernst nehmen.

Was nützt es, die "Kollektivschuld" der Deutschen in der öffentlichen Diskussion abzuschaffen, nur um sie durch eine Kollektivschuld anderer zu ersetzen. Für "anderer" darf man dann gerne den Bösewicht du jour einsetzen: Amerikaner, Israelis, Russen, Flüchtlinge...


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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 11:37
Die Schuldfrage geht in meinen Augen am eigentlichen Thema vorbei.

Man kann sich zwar die Frage stellen, in wie weit die Schuld anderer auf per se "Schuldlose" übertragen werden kann bzw. soll.
Aber die Beantwortung dieser Frage sagt wenig darüber aus, wie man sich richtigerweise jetzt verhalten sollte.

Das Verhalten, das man jetzt an den Tag legt, sollte weder in Relation zu anderen bewertet werden (aber die machen es auch so, also haben auch wir das Recht es so und so zu machen), noch auf Basis einer Folgeschuld.

Ein bestimmtes Verhalten ist entweder von sich aus "menschlich" oder eben nicht. Die Betrachtung liegt dabei alleine auf dem Verhalten als solchem.


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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 11:44
@Heide_witzka
Zitat von Heide_witzkaHeide_witzka schrieb:Wo, von wem und wann wird denn den heute lebenden Menschen eine Mitschuld am Holocaust oktroyiert?
Es geht ja nicht nur um die Mitschuld, sondern darum das wir für einige Menschen Nazis geblieben sind. Sieht man ja an der Schule, ich habe sowohl an der Mittelstufe und am Abendgym mitbekommen, das gerne mal den Lehrern Fremdenfeindlichkeit vorgeworfen wird wenn sich div. Mitschüler schlecht bewertet fühlen.

Auch im Geschichtsunterricht wird uns vom Staat nicht unbedingt sinnvolles beigebracht. Wieso wird sonst an deutschen Schulen von den "Besatzungsmächten" gesprochen und nicht von den "Befreiern"? Warum feiern wir nicht an einem großen Feiertag die Befreiung Deutschlands vom Faschismus??

Da wird groß die Wiedervereinigung gefeiert, aber kein staatlicher Feiertag zum Ende der Nazi-Diktatur, komisch oder?

Solange das Thema Nazi-Diktatur so im Vordergrund der deutschen Geschichte steht, solange wird die Nazi-Keule geschwungen und Menschen die aus der Region des heutigen Deutschlands stammen warden solange mit eben dieser Keule konfrontiert werden.

ABER

Die Generation die es zu verantworten hatte, die gibt es doch so gut wie gar nicht mehr, weil sie alle schon sehr alt sind und jährlich immer weniger werden.

Wer erinnert sich denn heute noch daran, dass er zur Zeit des zweiten Weltkriegs gelebt hat?? Auch in unserer immer älterwerdenden Gesellschaft sind das nicht mehr all zuviele.


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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 12:11
@King_Kyuss
Zitat von King_KyussKing_Kyuss schrieb:Es geht ja nicht nur um die Mitschuld, sondern darum das wir für einige Menschen Nazis geblieben sind
Wenn du auf jeden Rücksicht nehmen willst, der es noch nicht gerafft hat, dann hast du gut zu tun. Ob jemand noch immer die Deutschen mit den Nazis gleich setzt ist mir wumpe, wenn er mich damit in einem Topf wirft werde ich mich schon zu Wort melden.
Zitat von King_KyussKing_Kyuss schrieb:Wieso wird sonst an deutschen Schulen von den "Besatzungsmächten" gesprochen und nicht von den "Befreiern"?
Weil das kriegstreibende Land besetzt war?
Wer sollte denn da befreit werden?
Der Widerstand?
Die meisten Deutschen haben doch mitgemacht, mitgekämpft. Bei dir klingt es ja so als wären alle Deutschen gegen den Krieg gewesen und nur ein paar Radikale hätten ihre Gesinnung gegen alle Anderen durchgesetzt.
Die Jungs waren vom Volk gewählt.

Aber eigentlich ging es doch darum wär den (heutigen) Deutschen die Schuld oktroyiert.
Wenn es da nur um ein paar versprengte "Ausländer" geht, dann ist das doch Banane. Da haben die Türken mit dem Genozid an den Armeniern, die Spanier mit den Untaten in den Kolonien, die Amerikaner mit den Indianern die Russen mit... ect.... doch auch alle mit zu
tun.


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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 12:16
Es ist nicht einfach, normal zu diskutieren, wenn zwar scheinbar eine Diskussion gewollt wird, dann aber User mit anderen Meinungen oder User, die auch nur andere Aspekte anbringen, gleich abgewürgt werden. Was natürlich bei einem so emotionalen Thema ganz automatisch passiert.

Was ist nun mit meiner These, dass die Erinnerung an die Nazi-Verbrechen für manche Deutsche auch deswegen ein Problem sein könnte, weil sie zwar nicht selbst zu den Tätern gehörten, möglicherweise aber ihre Großeltern oder Urgroßeltern - bei einigen sogar noch die Eltern? Warum nimmt kaum jemand darauf Bezug? Darf die Frage, warum die Erinnerung an ein Massenverbrechen vor wenigen Jahrzehnten ein so großes Problem für manche Nachfahren ist (und wahrscheinlich ein größeres als z.B. für die Spanier die Eroberungskriege in Südamerika vor 500 Jahren), nicht gestellt werden? Es sagen doch sonst alle, dass über alles geredet werden muss!

Habt ihr euch noch nie gefragt, ob eure Eltern/Großeltern/Urgroßeltern (je nach eurem eigenen Alter das Richtige einsetzen) zu den Tätern gehört haben könnten? Ich mich schon. Was meine eigenen Großeltern betrifft, nehme ich an, dass sie Mitläufer waren. Ich vermute auch von mir selbst, dass ich Mitläufer gewesen wäre, weil ich für einen Widerstand viel zu feige gewesen wäre.
Und solche Fragen und evtl. auch die Antworten darauf sind zwangsläufig belastend, wenn man die möglichen Täter noch persönlich, vielleicht sogar als den lieben Opa, kennengelernt hat. Da ist die Sorge, nur, weil man verwandt ist, automatisch mit einbezogen zu werden, doch wohl naheliegend!



Was schlagt ihr denn vor, wie Deutschland (außer dem Erinnern) seine Verantwortung, damit so etwas nie wieder passiert, wahrnehmen soll? Und warum nur Deutschland und nicht auch die UNO? In Ruanda hat die UNO versagt - trotz der Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus.

Die beste Methode, um Menschen anderer Gruppen als gleichberechtigte Personen mit den gleichen Rechten anzusehen, ist nicht der Appell (das ist erst die zweitbeste Methode), sondern das zwangslose Kennenlernen, am besten durch reale Bekanntschaften oder noch besser: Freundschaften. Es gibt keine bessere Möglichkeiten, um zu erkennen, dass Menschen aus anderen Kulturen so normal sind wie man selbst.
Auch die Medien könnten hierzu ihren Beitrag leisten. Was sie leider nicht ausreichend tun.


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Realo Diskussionsleiter
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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 12:22
Zitat von aeroaero schrieb:Ich sag mal, seit 1949 hat die BRD das thema nationalsozialismus aufrichtig und nicht lapidar aufgearbeitet.
Falsch. Bis ca. 1970-75 wurde der Nationalsozialismus in der Schule nicht behandelt. Er stand zwar auf dem Lehrplan, aber es wurde immer so eingerichtet, dass die historischen Zeiten davor so viel Zeit verbrauchten, dass man nie bis 1933 kam. Ich bin ja schon etwass älter und als ich mein Abi machte, hatten wir nicht eine Minute NS-Zeit im Unterricht gehabt. Das lag daran, eil viele ältere Herren nicht über ihre Zeit sprechen mochten, da viele selbst verstrickt waren. Rede also nicht über Dinge, von denen du keine Ahnung hast.
Zitat von aeroaero schrieb:Ja, es gab immer situationen wo kriegsverbrecher im nachkriegsdeutschland oder irgendwo auf der welt erst einmal ausfindig gemacht werden mußten bevor sie verurteilt werden konnten.
Das war doch nur die Spitze des Eisbergs. Normale Gespapo und SS-Leute, solange man ihnen keine Kriegsverbrechen nachweisen konnte, wurden bedenkenlos übernommen und machten nach dem Krieg Karriere, wie zB in der
Wikipedia: Organisation Gehlen
Zitat von aeroaero schrieb:Aber wir brauchen ganz bestimmt keine selbsternannten zeigefingerhochhalter wie einen realo der sich als eine art gewißen, erinnerer und ermahner zur deutschen ns-aufarbeitung gibt.
Wer ist wir? Bist du jetzt der Forumssprecher oder gar Mod?


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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 12:23
@AlteTante
Mein Opa väterlicherseits, ich hab ihn nicht kennen gelernt, war in der Partei.
Meine Mutter beim BdM, mein Vater bei der HJ.
Lieb ich sie deshalb weniger?
Warum sollte ich die Verbrechen von damals gut heissen oder sie nicht beim Namen nennen?


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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 12:24
@Heide_witzka

Die Entwicklung von Kultur ist nicht unabhängig von Geschichte, das ist richtig.
Kultur und Geschichte sind aber nicht gleichbedeutend. Die beiden Faktoren beeinflussen sich gegenseitig.
Was gewesen ist, beeinflusst die Kultur in der Gegenwart und Zukunft.

Kultur steht aber nicht nur unter dem Einfluss von Geschichte, sondern auch direkt unter dem Einfluss der Gegenwart und indirekt unter dem Einfluss der Zukunft, da es Auswirkungen auf die gegenwärtigen Handlungen hat, welche Zukunft man erwartet.
Wenn ich erwarte, dass ich in Zukunft in einem sehr warmen Land lebe, werde ich mir andere Kleidung kaufen, als wenn ich erwarte, in Zukunft in einem sehr kalten Land zu leben.
Die Erwartungen an die Zukunft beeinflussen mein Handeln in der Gegenwart.

Ich denke, man kann formulieren, dass Kultur Geschichte, Gegenwart und Zukunft umspannt, ohne jetzt genau die komplexen Wechselwirkungen und Beziehungen aufdröseln zu wollen.
Kultur ist fortdauernd.

Geschichte ist nur ein Faktor für die Bildung von Kultur, nicht der alleinige, bestimmende Faktor.

Der Holocaust während der NS-Zeit ist ein reales, historisches Ereignis. Er ist Teil deutscher Geschichte. Damit beeinflusst er natürlich auch die deutsche Kultur.
Wie schon oft aber erwähnt: Es gibt wesentlich mehr in der deutschen Geschichte, als nur die NS-Zeit. Und Kultur ist nicht allein durch Geschichte geprägt.
Demnach sollte man bei einer Frage nach deutscher Kultur und Geschichte nicht immer nur die Zeit des Nationalsozialismus im Sinn haben.

Zu deiner Frage nach dem Umgang mit der Geschichte:

Ich bin der Meinung, der Umgang sollte so aussehen, dass man sich der Geschichte erinnert und seine Lehren daraus zieht, wie man in Gegenwart und Zukunft besser handeln kann.
Man sollte sich jedoch nicht fesseln lassen von der Geschichte, indem man sich stets auf einen Aspekt Schuld konzentriert.
Zitat von Heide_witzkaHeide_witzka schrieb:Natürlich bin ich mir bewusst, dass eine gewisse Klientel das gerne ausblendet, aber aus welchem Grund?
Du meinst wohl Rechtsradikale. Diese versuchen, die Vergangenheit auszublenden oder zu beschönigen, um ihre eigene Agenda zu fördern oder, im Extremfall, die Vergangenheit zu wiederholen.

Das aber ist nicht meine Absicht, ich befürworte nicht Vergessen und Ausblenden, sondern ich befürworte, seine Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen, damit diese eben nicht wiederholt wird.
Ich glaube, dass bei einer fortwährenden Konzentration auf Vorwürfen und Schuld gegenüber den heutigen Deutschen schädlich ist, wenn man eine Wiederholung der Vergangenheit verhindern möchte.
Durch diese Konzentration schafft man Unsicherheit und niedriges Selbstbewusstsein.

Meiner Ansicht nach sind Deutsche mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Identität wesentlich verlässlicher in ihrer Ablehnung extremer Ideologien, als unsichere Deutsche.
Ich weiß, wer ich bin - mich muss kein ,,Führer" aufbauen und mir erzählen, wie großartig ich sei, wie überlegen oder oder dass an allen negativen Erfahrungen in meinem Leben XY schuld wäre.

Für sowas bin ich nicht anfällig.

Wohl aber denke ich, dass Menschen mit geringem, ungesundem Selbstbewusstsein, die sich über ihre Identität nicht im Klaren sind, anfällig sind.


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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 12:24
@King_Kyuss

quantitätsmäßig mag es ja ausreichend gewesen sein, was einem da so im Unterricht nahegebracht wurde, qualitative Aufarbeitung ist aber noch einmal etwas anderes!


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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 12:25
Zitat von King_KyussKing_Kyuss schrieb:Da wird groß die Wiedervereinigung gefeiert, aber kein staatlicher Feiertag zum Ende der Nazi-Diktatur, komisch oder?
Warum sollten das gefeiert werden, der Mist den sich eine ganze Nation selber eingebrockt hat. Schließlich waren es andere, die dafür gesorgt haben, dass die und zwar europaweite Tyrannei der NS Diktatur ein Ende nahm. Das Ende der NS-Diktatur verdanken wir nicht der eigenen Kraft und dem Willen des Volkes.

Es gibt einen gesetzlich verankerten Gedenktag der Opfer des NS Regimes. Sieh dich mal um, wieviele sich dafür interessieren oder überhaupt wissen, dass es der 27. Januar ist und warum dieser Tag gewählt wurde? .


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aero ehemaliges Mitglied

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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 12:31
@Realo


Also paß mal auf, in dem moment wo sich eine kollektive meinung breit machen würde das das israelische volk nicht mit der aufarbeitung der ns-zeit seitens der BRD zufrieden ist um es mal ganz einfach auszudrücken, wäre dieser thread vllt. sinnvoll.

Aber jetzt nur weil ein abischüler sich nicht genug in der schule mit der ns-zeit auseinandergesetzt fühlt, interpretiere ich diesen thread in ganz andere richtungen gehend.


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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 12:38
@Kc
Du sprichst jetzt auch wieder von Schuld.
Wer gibt denn den Deutschen von heute noch die Schuld am Holocaust?
Ich hab das Thema ja nun auch in der Schule gehabt und da fiel das Wort Schuld (im Zusammenhang mit der heutigen Bevölkerung nicht einmal.
Woher stammt dieser "Schuldkomplex"?
Manchmal hab ich den Eindruck, dass der von einigen Deutschen selbst herbeigeredet wird.


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Die Schuld der Deutschen: Haben wir das Recht auf "Schlussstrich"?

11.04.2016 um 12:41
@Realo
Genau so ist es.

Und hier liegt wohl auch das Problem, warum das Thema in Deutschland so problematisch ist. Wie @AlteTante schreibt: im Gegensatz zu Spaniern, die keinerlei Erinnerung mehr an wirkliche Teilnehmer der Entdeckung der neuen Welt haben, gibt es in meiner und den vorigen Generationen eben diese Erinnerungen sehr wohl, und diese Kontakte:

Mein Vater war der letzte Jahrgang, der noch eingezogen wurde. Er kämpfte 1944/45 noch, aber wofür? Eine harte Frage. Die Familie meiner Mutter wurde fast komplett ausgelöscht durch einen Bombenangriff. Meine Grossmutter und Mutter überlebten als einzige von 12. Aber: war meine Grossmutter etwas selbst Schuld? Hatte sie die Nazis gewählt, hatte sie beim Anschluss gejubelt? Wie sich herausstellte: nein. Aber haben die meisten soviel "Glück," eine Nazifreie Familie zu haben?

Mein Grossvater väterlicherseits war Offizier der Wehrmacht, er fiel an der Ostfront. War er nun Täter, Opfer, weder noch?

Diskutiert wurde das nie! De mortuis nisi nihil bene.

Die Gnade der Geschichte (Kohl) hat mich erst lange nach dem 3. Reich leben lassen und deutscher Staatsbürger bin ich auch nicht - aber bin ich dadurch von diesen Zusammenhängen komplett erlöst? Oder wiegt die Familiengeschichte hier doch?

In meiner Jugend ging mir das Nazigeschwätz auf den Geist. Aber erst als ich älter war, habe ich noch viel schlimmer empfunden, was nach 1945 geschah: dass so viele sich so gut in Deutschland und Österreich arrangierten, und in gewisser Weise gar in der DDR. Schwamm drüber, hiess es. Und bald schon waren sie wieder in Amt und Würden. Waldheim konnte Bundespräsident und UNO Generalsekretär werden.

Das kotzt mich an. Von wegen aufgearbeitet. Und dass gerade diese Leute wieder den Mund aufgerissen haben, schon sehr früh, wenn es um Gastarbeiter ging, um Türken, um Amerikaner, um Neger, und natürlich um Juden, um eben alles nicht-herrenrassige, das kotzt mich an.

Das Ausland ist für mich gar nicht das Problem. Es ist, wie die Menschen in Deutschland und Österreich mit dem Thema umgehen.

Hmpf. Wird man ja wohl noch mal sagen dürfen. LOL


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