Ich finde, man macht in der deutschen Öffentlichkeit, was Trump angeht, einen bestimmten Fehler: Man nimmt Trump als Ganzes wahr.
Der fragwürdige Geschäftsmann, der Mensch ohne Manieren, der politisch unerfahrene Tölpel usw. usw.
Ich bin der Meinung, das ist alles an sich uninteressant.
Trump hat in der Geschichte der USA nur
eine bestimmte Aufgabe und er ist der Katalysator dieser Aufgabe.
"Make America great again" ist für mich vergleichbar mit
"Perestroika und Glasnost" in der UdSSR unter Gorbatschow.
Der hat damals eigentlich auch nichts geblickt (und war auch umgehend wieder weg vom Fenster, wobei er ein insgesamt recht unbeliebter Staatsführer der Russen war), war aber wichtig dafür, dass das untergehende Kommunistenreich sein Scheitern wahrnimmt und erkennt.
Die Sowjetunion war v.a. deshalb am Ende, weil sie die Zeche dafür zahlte, ein ungeliebtes politisches Reich auf Teufel komm raus aufrecht zu erhalten.
Ohne die militärischen und ökonomischen Hilfen der UdSSR wären einige Satellitenstaaten (DDR, Bulgarien etc.) früh im Bankrott gelandet.
Mit Rohstofflieferungen im Rahmen von Dreiecksgeschäften konnte man (minimalen) Wohlstand in diesen Staaten aufrecht erhalten,
während die Bürger der UdSSR unter Zwangswohnraumbewirtschaftung, Lebensmittelknappheit und allgemeinen Versorgungsengpässen zu leiden hatten,
während gleichzeitig auch noch riesige Ressourcen von Rüstungsprogrammen aufgefressen wurden um den Warschauer Pakt im Rennen zu halten.
Parallelen in den heutigen Vereinigten Staaten sind identifizierbar:
Die USA gibt unglaubliche Mittel her dafür, die NATO aufrecht zu erhalten.
Während die europäischen NATO -Staaten, insb. die BRD, weder eine eigene Vision von internationaler Sicherheitspolitk haben, noch entsprechend ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten,
Rüstungsausgaben tätigen.
In der Sowjetunion gingen Ende der 80er Jahre Bergleute auf die Straße , weil sie empört darüber waren, dass es oft nicht mal mehr Seife gab:
"In den großen Kohlerevieren der Sowjet-Union streikten die Arbeiter - gegen Ausbeutung und Mangelwirtschaft, Umweltschäden und Funktionärsprivilegien. Perestroika - Revolution von unten oder Gefahr für Gorbatschow? Um zunächst einmal die Kumpel wieder in die Zechen zu bringen, gab die Regierung den Forderungen nach."http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13495403.htmlUnzufrieden sind auch typische Trump Wähler:
Es waren die Wähler aus der weißen Arbeiterschaft, die ihm in Industriestaaten des Nordostens wie Ohio, Michigan oder Pennsylvania die entscheidenden Stimmen gegeben hatten. Traditionell tendiert diese Wählerschicht zu den Demokraten, diesmal wechselten viele zu den Republikanern. Der Niedergang der Kohlegruben in den Appalachen, der Stahlindustrie im Mittleren Westen und der Autofabriken entlang der Großen Seen hat das Lebensgefühl in den Arbeiterstädten dermaßen erschüttert, dass alte Wählerbindungen nicht mehr viel zählen, berichtet der Politologe Francis Fukuyama von der Stanford University.
„Das Schicksal der weißen Arbeiterklasse in Amerika ist lange ignoriert worden, von der Politik, der Gesellschaft, aber auch der Wissenschaft. In den vergangenen zwei, drei Jahren sind jedoch eine Reihe Studien erschienen, die ihren Niedergang beschreiben, der wirklich beispiellos ist in der amerikanischen Geschichte.https://www.deutschlandfunk.de/amerikas-schweigende-mehrheit-wer-hat-donald-trump-gewaehlt.1148.de.html?dram:article_id=376733