Optimist schrieb:Ein Asylbewerber muss aber davon sicher keine Versicherung, Stromkosten usw. zahlen.
Wenn der Asylbewerber eine eigene Unterkunft bekommt, was idealerweise der Fall sein sollte und angestrebt wird, muss der die gleichen Ausgaben bezahlen oder auch nicht, wie ein Hartz4-Empfänger. Mit weniger Geld, wie du bereits bemerkt hast.
Warum überhaupt eine eigene Unterkunft, fragt man sich möglicherweise.
Weil Massenunterkünfte insbesondere für einen längeren Aufenthalt eine aus mehreren Gründen schlechte Unterbringungsform darstellen.
Sie liegen oft außerhalb gewöhnlicher Wohngebiete, diese sind schlecht erreichbar. Die Bewohner haben wenig Kontakt zu den Einheimischen und wenig zu tun, stattdessen hocken sie mit ihresgleichen zusammen. Manchen mag das Sicherheit geben, insgesamt zieht es aber eher runter. Auch psychische Probleme, durch die Flucht- und Migrationserfahrungen, kommen ja hinzu.
Wenn man nichts zu tun hat, nur warten kann und in Ungewissheit lebt, keine Möglichkeit hat, seine psychischen Schwierigkeiten behandeln zu lassen oder Kontakt zu Einheimischen zu finden, kommt man schneller auf die berühmten dummen Gedanken oder zieht sich auf sich selbst zurück.
Personen, die mit dem festen Willen zum Lernen und Arbeiten kommen, stecken fest. Das Sprachenlernen kommt wenig voran, wenn du keine Gelegenheit hast, Deutsch zu sprechen.
Auch gibt es regelmäßig Konflikte in den Unterkünften, wenn die Ausweichmöglichkeiten fehlen. Der muslimische Asylbewerber der Konfession oder Partei A hasst unter Umständen den muslimischen Asylbewerber der Konfession oder Ethnie B, der Christ hat unter der Verfolgung von Moslems gelitten oder seine Ethnie hat seit vielen Jahrzehnten mit der Ethnie eines anderen Probleme.
Da ist die Chance groß, dass es knallt, ist ja auch schon passiert.
Vor dem Hintergrund, dass die Asylverfahren aus verschiedenen Gründen mit unter Jahre betragen können, ist die Unterbringung in Massenunterkünftgen ziemlich negativ zu betrachten.
Davon abgesehen darf der Asylbewerber das ihm zugeteilte Geld auch nicht vollständig behalten und bekommt Kost und Logis umsonst, die Einrichtung wird davon zum Teil mitbezahlt.
Optimist schrieb:Was hat ein junger Mann denn schon groß für Ausgaben? Ab und an mal bissel Kleidung und andere Dinge, was man evtl. nicht unbedingt braucht.
Aber gerade die fixen Kosten bei Hartzlern sind doch das, weshalb manche am Ende zu viel Monat übrig haben.
Für einen Asylbewerber, der außerhalb einer Massenunterkunft wohnt, gibt es monatlich nach meinem Stand etwa 359€.
Davon muss zwar beispielsweise keine Miete bezahlt werden, er bekommt im Wesentlichen die gleichen Leistungen, wie ein Hartz4-Empfänger. Aber viel Geld ist das nicht.
Muss der Asylbewerber in einer Massenunterkunft wohnen, werden etwa 143€ abgezogen. Er hat da also ca. 216€ zur Verfügung.
Jetzt kommt es auf die weiteren Verhältnisse an, wie man rechnen möchte.
Nehmen wir mal den Asylbewerber aus der Massenunterkunft mit seinen 216€. Ein Monatsticket für die öffentlichen Verkehrsmittel in Hamburg kostet etwa 50€ für die inneren Bereiche. Für den ganzen Raum muss man noch sehr viel mehr hinlegen.
Mobilität ist notwendig, du musst zu Behördenterminen, du musst (hoffentlich) zu Sprachkursen und anderen Lehrkursen, zu Gesprächen mit dem Anwalt, du willst auch mal Freunde besuchen...
Also hast du nach dem Ticket noch etwa 166€ in der Tasche. Du brauchst sicher auch mal neue Kleidung und möchtest nicht immer nur abgetragene Sachen aus Kleiderspenden. Auch hier kommt der Faktor des Gefühls von Selbstständigkeit und Kontrolle über das eigene Leben zum Tragen - ist man nur auf Almosen und Nettigkeiten anderer angewiesen? Oder kann man wenigstens in einem gewissen Rahmen selbst entscheiden:,,Ich kaufe mir diese neue Hose."?
Das Gefühl ständiger Abhängigkeit ist kein gutes Gefühl, es ist nicht gut für das Selbstbewusstsein, immer nur bitte und danke sagen zu müssen. Auch vielen Hartz4-Empfängern ist das unangenehm.
Das Hartz4-Regelsatz sieht für Erwachsene, runden wir das jetzt mal, 33€ vor. Nehmen wir das auch für den Asylbewerber in der Massenunterkunft. Dann hat er noch 133€. Er braucht auch solche Dinge wie Zahncreme, Zahnbürste, Deo, Duschgel...
Dafür werden gerundet 17€ vorgesehen. Hast du also noch 116€.
Für ,,andere Waren und Dienstleistungen" sind 29€ vorgesehen, darunter kann man sich Dinge vorstellen, wie Lehrmaterialien, Hefte, Stifte, Lehrbücher...
Möglicherweise raucht der Asylbewerber ja auch. Keine Ahnung, was man da so als durchschnittlicher Raucher im Monat ausgibt, aber ein paar Zehner werden es sicherlich sein. Für`s Smartphone zahlt man wahrscheinlich zwischen 20 und 30€.
Lebst du nicht in der Massenunterkunft, hast du zwar 359€, aber auch 100-150€ Ausgaben für Nahrungsmittel.
Wohlgemerkt, das sind alles nur Berechnungen für den Fall, dass man sich schön an die Budgets hält und keine außergewöhnlichen Ausgaben plötzlich auftreten.
Nun braucht man zwar nicht jeden Monat alles in gleicher Menge aus den aufgezählten Dingen. Aber was deutlich geworden sein dürfte:
auf großem Fuß leben kann ein gesetzestreuer Asylbewerber mit Sicherheit nicht.
Optimist schrieb:Ob das wirklich auf alle zutrifft, wäre ich mir nicht so sicher. Aber gut, da gehen halt die Meinungen auseinander.
Du kannst deine Meinung ja gerne haben, aber es macht ganz einfach keinen Sinn, anzunehmen, dass Leute nur wegen ca. 90% des Hartz4-Satzes nach Deutschland kommen, um sich hier aushalten zu lassen
:DStell dir doch mal selbst die Frage: sind 359€ für dich so attraktiv, dass du dafür lebensgefährliche Reisen auf dich nimmst?
Ja, mag sein, dass sowas in Somalia oder Marokko keine ganz geringe Summe ist. Aber du lebst ja dann hier in Deutschland, nicht in Marokko oder Somalia. Du hast hier deine Ausgaben und nicht in Marokko. Es ist irrelevant, was du in deinem Heimatland mit dem Geld alles machen könntest, wenn du nicht dort bist.
accattone schrieb:Viele machen sich auf die Reise, weil sie denken, dass man etwas aus der Sache machen
kann.
Abgesehen von denjenigen, die echte Flüchtlinge sind und des Überlebens wegen fliehen mussten, werden die Migranten aus wirtschaftlichen Gründen in vielen Ländern einfach oft absichtlich verarscht und bekommen falsche Bilder von Deutschland vermittelt.
Kriminelle vermitteln auf einschlägigen Seiten und an entsprechenden Orten, was du hören willst:
Du bekommst sofort Arbeit, du kriegst 1000€ netto (zu wenig? Ähm natürlich bekommst du 2000€ netto, was du willst!), blablaba...
Die wollen einem aber nicht helfen, sie wollen nur dafür bezahlt werden, dass sie einen nach Europa transportieren. Das ist ihr Geschäft.
Man kann sich zwar fragen, warum die Leute das glauben, das kann doch niemand für voll nehmen...
Aber wir denken aus unserer Perspektive, die eine andere ist, als die Perspektive anderer Menschen in anderen Ländern mit deutlich geringerem Lebensstandard. Und sie kennen beispielsweise nur Touristen, Leute, die sich (aus Perspektive der Einheimischen) teure Reisen leisten können. Also ist es nicht vollkommen abwegig, sich zu sagen:,,Mensch, die in Deutschland müssen ja alle reich sein, vielleicht fällt für mich auch was ab...".
accattone schrieb:Wenn ich später in einer (Groß-)Familie leben kann, ist D. ein gutes Pflaster:
Das (Real-)Einkommen ist trotz Arbeitslosigkeit hoch.
Gesundheit- und Bildungsleistungen gratis, sogar Mobilität.
Viele Städte bieten immense Zusatzleistungen. Sogar Freizeitaktivitäten inbegriffen.
Auch die Tafeln haben sich daran gewöhnt, dass Menschen zu ihnen kommen, die eigentlich schon versorgt wurden.
Ja, ist richtig - aber sieh das mal nicht nur als Selbstverständlichkeit und kostenlose Bespaßung an. Sondern als Errungenschaft unserer zivilisatorischen Entwicklung, die auch dazu beiträgt, dass unsere Entwicklung fortschreitet oder mindestens auf einem gewissen Maß bleibt.
Die Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe und Aktivitäten stabilisiert unsere Gesellschaft und macht sie lebenswerter.
Genauso, wie ein gewisses Maß der Fürsorge für arme Menschen. Das sind nicht nur Kostenfaktoren, das nützt ,,uns" auch.
accattone schrieb:Es gilt in D. Meinungs- und Religionsfreiheit: In Deutschland kann ich sogar auch als Extremist relativ unbehelligt leben.
Meinungs- und Religionsfreiheit sind hohe Güter und bedeutende Errungenschaften. Jedoch sind sie nicht grenzenlos.
Überschreitet man die gesetzten Grenzen, ist das ein Fall für die zuständigen Behörden und Gerichte.
Grundsätzlich sollten wir stolz auf diese Errungenschaften sein.