https://www.gc-advo.de/de/anerkennung/anerkennung-in-deutschland.htmlFür die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Urteilen in Deutschland gibt es kein einheitliches Verfahren. Je nach dem, was Inhalt des ausländischen Urteils ist, gibt es unterschiedliche Verfahrensweisen, um einer ausländischen gerichtlichen Entscheidung in Deutschland Wirkung zu verleihen.
Im deutschen Recht gilt der Grundsatz der automatischen Anerkennung von ausländischen Urteilen. Dies bedeutet, die Anerkennung eines ausländischen Urteils erfolgt kraft Gesetzes, ohne dass es eines besonderen Anerkennungsaktes bedarf. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bildet die Anerkennung von Ehescheidungen nach § 107 FamFG.
Dieser Grundsatz der automatischen Anerkennung bedeutet jedoch nicht, dass ein ausländisches Urteil automatisch die gleichen Wirkungen hätte wie ein deutsches Urteil. Denn um mit einem Urteil auch tatsächlich etwas anfangen zu können, muss es in der Regel vollstreckbar sein.
Und unmittelbar vollstreckbar sind in erster Linie Akte der deutschen Justiz. Daher ist in vielen Fällen die Vollstreckbarerklärung in einem so genannten "Exequaturverfahren" notwendig. Innerhalb dieses Verfahrens wird auch geprüft, ob die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Entscheidung in Deutschland vorliegen.
Urteile in Zivil- und Handelssachen
Ein zivilrechtliches Urteil auf Zahlung einer Geldsumme kann im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens der Zulassung der Zwangsvollstreckung gemäß § 722 ZPO für vollstreckbar erklärt. Das Verfahren wird auch "Vollstreckungsklage" genannt. Auch Urteile auf Vornahme einer Handlung oder auf Unterlassung (z.B. die Herausgabe eines Gegenstandes) können in dieser Weise anerkannt und sodann durchgesetzt werden.
Alternativ zur Vollstreckungsklage ist auch eine erneute Leistungsklage möglich. Innerhalb dieses erneuten normalen Klagverfahrens wird dann über die Anerkennungsfähigkeit des ausländischen Urteils entschieden.
Sonderregelungen, insbesondere in der EU
In vielen Bereichen existieren aber auch Sonderregelungen. So gilt zwischen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (in vielen Fällen allerdings nicht für Dänemark und Großbritannien), dass Urteile eines Mitgliedsstaates in dem anderen Mitgliedsstaat nach einem vereinfachten Verfahren gemäß den Art. 38 bis 52 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vollstreckbar erklärt werden können. Der in der Praxis wichtigste Vorteil dieses beschleunigten Verfahrens ist, dass die Vollstreckbarerklärung sofort und selbst ohne Prüfung der Anerkennungsfähigkeit des Urteils erfolgt. Der Schuldner erhält zunächst auch keine Gelegenheit zur Stellungnahme in dem Verfahren. Erst nach Vollstreckbarerklärung kann er ggf. einen Rechtsbehelf einlegen.
Handelt es sich um eine unbestrittene Forderung i.S. der Verordnung (EG) Nr. 805/2004, kann sogar unmittelbar mit einer besonderen Bescheinigung des Ursprungsgerichtes in allen anderen EU-Mitgliedsstaaten vollstreckt werden. Entscheidungen aus einem Europäischen Mahnverfahren und dem Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen können ebenfalls direkt vollstreckt werden.
Auch ein Urteil eines EU-Staates auf Zahlung von Unterhalt kann nach der EU-Unterhaltsverordnung in den anderen Mitgliedsstaaten unmittelbar vollstreckt werden, ohne dass ein Anerkennungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahren notwendig ist. Eine Ehescheidung aus einem EU-Mitgliedsstaat muss in anderen Mitgliedsstaaten nicht in einem besonderen Verfahren anerkannt werden, Änderungen in Personenstandsbüchern können unmittelbar vorgenommen werden.