Flaneur schrieb:Mit welcher Begründung geht der Krieg speziell Deutschland was an ? Humanitär, ja, da gebe ich dir recht.
Na also, da sieht man schon mal, dass man nen Fuß in der Tür hat.
Flaneur schrieb:Putin wird es nicht wagen die Nato anzugreifen. Er hat es vor 2022 auch nicht getan. Warum sollte er die eigene Vernichtung wählen ?
Er weiß genau was passiert, wenn er es macht.
Bei so manchem Säbelrasseln vorm Krieg im bzw. gen Baltikum und auch perspektivisch kann man sich nicht wirklich sicher sein, welche Erwägungen getroffen wurden oder werden. Zumal man auch bedenken muss, hätte der Westen nix gemacht bzw. hätte die Ukraine sofort eingeknickt, wäre Russland bestärkt daraus hervorgegangen und hätte sein Gebiet erweitert. Es hätte ggf. dann noch eher einen Konflikt in der "mittleren Zukunft" vom Zaun brechen können. Gerade, wenn dann noch weitere Konflikte global losgebrochen wären, NATO-Staaten an sich mehr beschäftigt gewesen wären, etc. China-Taiwan, Iran-Israel, etc. Es hätte noch eher Signalwirkung geben können für gewisse Staaten, alte Gebietsansprüche oder so mit Gewalt zu verfolgen. Theoretisch; ausschließen kann man es nicht, weil die Botschaft ja wäre: "Man kann das auch mit Gewalt durchsetzen, westliche Gemeinschaft macht nix oder labert nur rum - solang man die nicht selbst angreift ist man gut dabei!"
Hinzu kommt der Fakt, dass Russland eh schon NATO-Staaten angreift: Hybrid.
Flaneur schrieb:Hat sich nicht die Nato seit Ende des kalten Krieges immer mehr nach Osten ausgebreitet ? Hat Russland nicht mehrfach vor der Ausweitung gewarnt ?
Ich liebe das vorwurfsvolle Wording hier, als sei die NATO eine Krake oder parasitäres Geschwür oder so. Ich entkräfte das immer gern mit
"Freie Bündniswahl für freie Nationen" - wenn Mexiko in die OVKS bzw. CSTO wollen würde, müssten die USA auch zähneknirschend damit leben.
Zumal es ja auch bezeichnend ist, dass nach Fall der Mauer bzw. Ende der SU ganz zügig viele ehemalige WP-Staaten lieber schnell in die NATO wollten um Schutz vor Russland zu haben, nach den vorherigen Erfahrungen damit in der SU. Aber das ist halt mein Punkt: Niemand wird bzw. wurde NATO-Mitgliedschaft aufgezwungen. Man muss es wollen, sich primär selbst bewerben und dann die Kriterien erfüllen.
Russland hat halt Pech wenn auch Nachbarn sich gen Westen/EU/NATO orientieren. Militärisch bedroht war man eigentlich nie weil erstens im Kern die NATO ein Verteidigungsbündnis ist, auch wenn manche NATO-Staaten in gewissen Auslandseinsätzen unterwegs waren (und einzelne davon sich nicht mit Ruhm bekleckerten). Und zweitens weil die russische Nukleardoktrin da klar ist und man keinen Grund hätte Russland einfach anzugreifen. Dieses NATO-Fearmongering fußt daher aus meiner Sicht aus russischer Perspektive eher auf anderen Beweggründen: Dass man sich ggf. nicht mehr auch mit Gewalt ausbreiten kann, zumindest nicht mehr in gewisse Richtungen, würde man es denn wollen. Und dass auf längere Sicht potentielle Demokratisierungs bzw. Liberalisierungstendenzen ggf. Russland in seiner politischen Substanz bedrohen könnten.
Die NATO als Grund ergibt halt auch wenig Sinn wenn man mit "weniger NATO-Grenzen an russischem Gebiet" argumentiert, aber mit versuchter Einnahme der Ukraine ja de-facto die NATO-Grenzen erweitert hätte. Zudem ging der Masterplan auch nicht auf und man hat selbstverschuldet die NATO noch vergrößert weil nachvollziehbarer Weise weitere Staaten die bisher ohne auskamen den russischen Imperialismus sahen und lieber auf Nummer Sicher gehen wollten.
Oder wurden Schweden oder Finnland irgendwie gezwungen? Ne. Bzw. nicht durch die NATO, aber durch Russland. Sehr ironisch, in gewisser Weise.
Flaneur schrieb:Die USA und die westliche Welt hat Interessen, die weit über das Volk der Ukraine hinausgehen. Da geht es um Bodenschätze, seltene Erden etc.
Wird immer behauptet - kann partiell auch sein - aber das heißt nicht, dass humanitäre oder moralische Aspekte nicht auch ein Grund sein könnten oder nicht eher ein höher gewichteter Grund sind als Ressourcen. Und wenn man schon das Argument auspackt kann ich auch whataboutism: Russland hat die Interessen nicht
Flaneur schrieb:Der Maidan 2014 war auch vom Westen sagen wir mal "gewünscht".
Original anzeigen (0,2 MB)Willst du sagen mit aktiven Maßnahmen kreeiert? Weil das meistens ein konträrer und / oder pro-Kreml Duktus bzw. Glaubenspunkt ist. Siehe dazu mitunter Bildauszug.
Nicht aktiv forciert (inkl. aktiver Maßnahmen) aber ein positiver Nebeneffekt? Ja, warum auch nicht. Eine Gesellschaft liberalisiert sich bzw. orientiert sich um. Dahin, wo man sich selbst befindet. Warum soll ich mich da nicht freuen wenn sich noch ein Staat mehr vom Sowjeterbe losreißt? Blenden wir mal kurz den Krieg komplett aus und betrachten nur bei meiner Frage die Umorientierung in einer Gesellschaft, die so gesehen eh schon etwas früher als 2013 anfing: Gönnst du das denen nicht?
Flaneur schrieb:Die USA ist eine sterbende Weltmacht, die nach Expansion strebt- nur eben nicht offen- das geht eleganter.
Naja, von einigen Stunts in Nahost und Fernost mal abgesehen kann man das von mir aus ja kritisieren. Aber man besetzt halt nicht ein Nachbarland militärisch und aggressiv bzw. versucht es, um es in einen weiteren Bundesstaat oder mehrere umzuwandeln.
Die USA kann man für vieles kritisieren aber gerade bei dem Thema sehe ich hier qualitative Unterschiede und gelinde gesagt: Russland ist da gerade ziemlich schlimmer. Vom New Deal im KK haben wir halt auch eher profitiert als von "Ruski Mir" und Kommunismus. Wenn das eine Art Expansion sein soll, nehme ich die weitaus lieber als ne DDR als übergestülptes Konstrukt einer Kreml-Clique.
Flaneur schrieb:Und so brutal es ist, für die schwächelnde US-Konjuktur kam der Krieg gerade recht. Es werden Unsummen generiert.
Auch in Europa. Der Zahlmeister ist die BRD, koste es was es wolle.
Hier tut man so als wäre das super toll für ... wen? Eine "Konjunktur" wenn im Haushalt Unsummen in Hilfen für UA fließen? Wie das? Du schreibst doch selbst:
Flaneur schrieb:Allerdings setzt der Haushalt 2025 hier doch seine Grenzen. Man sollte nicht meinen die Bürger in D würden auch nur auf Wohlstand verzichten wollen. Da setzt dann der Selbstschutz ein.
Jetzt widersprichst du dir halt irgendwo. Ist das jetzt eher gut oder eher schlecht? Auch ein US-Haushalt ist endlich, wenn auch größer als der von Deutschland. Alle wären ohne Krieg besser drangewesen weil die ganzen Gelder anders und z.B. "domestic" oder sonst so hätten verwendet werden können. Zumal kostet so was auf Dauer auch politisches Kapital wenn Zermürbung oder halt ein Ausreizen von Geldern einsetzt.
Zum Abschluss:
Flaneur schrieb:Man sollte nicht meinen die Bürger in D würden auch nur auf Wohlstand verzichten wollen. Da setzt dann der Selbstschutz ein.
Das ist für mich implikativ auch ein Blick in die Seele des ... ja, ich weiß nicht wie ich das nun am besten schreiben soll. Ich habe damals gern den Begriff "wohlstandsverwahrlost" genutzt, der etwas satirisch aussagen soll, dass "man" (viele Bürger) im Wohlstand träge wurden, ihn teils als ewig und gottgegeben wahrnehmen und / oder zum weiteren relativen Erhalt wenig tun wollen. Kommen externe Faktoren und schlicht andere Zeiten die ihn bedrohen, stellt man sich quer.
Ich versteh das, so gesehen will niemand wirklich 'gerne' auf Wohlstand verzichten. Ich will nur sagen, es kommen auch mal andere Zeiten. Da muss man was dafür tun oder sich zeitweise oder langfristig neu arrangieren mit einer neuen Lage. Querstellen oder ewig auf was beharren, was situativ nicht mehr so haltbar wie vorher ist, bringt halt auch nix oder böses Erwachen.
Ich weiß nicht ob man es mitbekommen hat aber die nächsten Jahre und Jahrzehnte sehen global weitaus weniger rosig aus. Ein relativer "Wohlstandsverzicht" wird auch wohlhabendere Nationen situativ wie potentiell allgemein treffen. Wir alle müssen uns damit arrangieren bzw. sollten uns darauf irgendwo mental und so weiter einstellen. Ich habe selbst auf Wohlstand verzichtet als der Krieg losging. Das ist nicht kryptisch gemeint sondern in harter Währung. Solidarität ist nicht nur fürs "gute Gefühl" und selbstlos, man könnte auch egoistisch argumentieren und es als Investment bezeichnen: Ich komme gerade halbwegs gut über die Runden und habe etwas Überschuss. Ich helfe damit woanders um da individuell ein klein bisschen und in Summe aller kollektiv viel Abhilfe zu schaffen um ein künftiges Problem hoffentlich nicht größer werden zu lassen oder zu neutralisieren.
Zudem hoffe ich, wenn ich selbst mal in die Lage komme, dass andere mir oder meinem Land auch aus der Nähe oder Ferne helfen. Das soll auch auf das Zitat hier Bezug nehmen:
Flaneur schrieb:Spende einfach dein ganzes Geld zum Waffenkauf. Das wird trotzdem nichts ändern.
Ist halt deine ignorante Einstellung. Gerade individuell hat unser aller Hilfe auch auf privater Ebene etwas bewirkt. Selbst wenn der Krieg am Ende negativ für die Ukraine als Ganzes ausgehen sollte war es wichtig und richtig. Das ist keine Floskel. Es sind die einzelnen Dinge die sich summieren: Diverse Truppenteile haben durch die zusätzliche Hilfe mehr Überschuss oder Sondertools die über "dienstlich geliefert" hinausgehen und bei dem Gegner Russland gilt halt "zu viel gibt es nicht, jedes Plus an Material hilft".
Wie viele Leute überleben, ggf. auch nur haarscharf, weil sie mehr oder besondere Zusatzausrüstung hatten? Du siehst am Ende wie das Zeug auch ankommt, wie vor Ort oder in Videos die Leute danken und das Zeug gewinnbringend einsetzen.
Es macht was und ändert was. Auf individueller Ebene definitiv. Egal wie der Krieg ausgehen mag, so überleben vermutlich halt dadurch mehr Leute den Krieg als ohne zusätzliche Hilfe.