UffTaTa schrieb:Was ich leider nahezu nie erlebe ist eine Änderung der Überzeugungen. Diese sind anscheinend nicht aufzubrechen, jedenfalls nicht per Holz-Hammer-Methode durch "mit Fakten zuschütten". Da setzt ne Blockade und Negieren ein.
Ich war mal Aluhut und fand auch teils dank Gegenrede von Gruppierungen wie "Sonnenstaatland" (heute ggf. inaktiver, damals in den späten 00er und frühen 10er Jahren aktiver gegen Reichsbürger, rechte Extremisten usw.) eine Art Ausweg bzw. schlitterte nicht tiefer in diesen Gammelsumpf. Ich begann wie gefühlt viele geläuterte Extremisten/Aluhüte aber dann auch aktiver dagegen vorzugehen. "Counter-Speech" als Buzzword gegen viele VTs und extremistische Standpunkte. Ich hab so das Gefühl das ist son Ding von Leuten die mal so tickten. Nicht allen aber bei vielen 'Aussteigern' sehe ich da gewisse Muster.
Ich will damit sagen ich habe durch meinen Werdegang mehrere Seiten gesehen aber ich habe mich auch wegen meinem Background nie gescheut, den kritischen Diskurs zum Gegenüber auf div. sozialen Plattformen zu suchen bzw. auch teils falsche Narrativen und Fake News in Abrede zu stellen oder aufzuklären wo es mir möglich war. Das was ich anriss und du nochmal im Zitat beschreibst habe ich über gut 10+ Jahre immer wieder erlebt.
Ich bin nicht perfekt und in manchen Themen oder einzelnen Debatten vielleicht auch keine Ausnahme aber es kommt halt oft dann vor wenn man im Grunde mehr oder minder faktisch geschlagen wird und einen persönlichen Konflikt erlebt.
Es erinnert mich an dieses Bild, was ich auch schon öfter im kritischen Diskurs auf Social Media gepostet habe:

(Knappe deutsche Übersetzung: Beschreibt quasi mentale Konflikte die im Hirn entstehen wenn eigene Standpunkt durch neue/faktische/überzeugende Informationen in Frage gestellt werden; wenn jemand es wünscht kann ich es genauer Wort für Wort übersetzen)
Als kleiner Ex-Aluhut habe ich mich auf Dauer vor allem auch immer gefragt, wie man Debatten führen sollte. Wie man mit einem Gegenüber umgeht. Ich fand nach über 10 Jahren bis heute keine für mich zufriedenstellende Antwort. Die Frage ist nicht ganz unwichtig wenn man sich als Gesellschaft fragen will, wie man mit Desinformation usw. und extremen/bizarren Weltbildern umgehen will.
Ein Teil von mir hat in der Neuzeit eher erlebt, dass stumpfe und oft satirische Gegenrede zumindest Dritte die auf der Kippe stehen oder stumm mitlesen usw. eher davon abhält, in so einen Sumpf abzurutschen, jedoch war das direkte Gegenüber oft nicht mehr erreichbar. So gar nicht. Verloren für halbwegs sachlichen Diskurs.
Ein älteres Ich von mir glaubt immer noch, dass ein kluger taktvoll gewählter Ton bzw. Duktus hier kurz-, mittel- oder langfristig geeigneter ist, auch ein direktes Gegenüber zu erreichen und zur Selbstkritik anzuregen. Etwas, indem man erst mal versucht dem Gegenüber auf Augenhöhe zu begegnen, sich teils versucht in dieses hineinzuversetzen und dann z.B. suggestive selbstkritische Fragenzustellen um einen kritischen Denkprozess beim Gegenüber anzuregen, statt es z.B. etwa stumpf zu beleidigen wo mentale Scheuklappen sofort hochgehen und eine Abwehrhaltung eingenommen wird.
Das Problem: Der Ansatz ist vermutlich abstrakt vielversprechender aber umso anstrengender und zeitintensiver. Etwas, was viele in ihrer Freizeit auch gar nicht mehr machen wollen und etwas wo am Ende auch nicht zwingend eine "Garantie" entsteht.
Ich hadere bis heute bzw. wundere mich was "geeigneter" ist. Ich glaube am Ende ist es wichtig, dass eine Gesellschaft "resilient" genug ist und es in ihr auch genug 'Freiwillige' gibt die in echt wie im Netz offenkundige Fake News oder extremistische Narrative nicht unkommentiert stehen lassen. Wie sie das dann am besten machen ist ne kleinteiligere oder indiviudelle Frage, aber es ist wichtig, dass irgendwer immer ein Gegennarrativ unterbreitet. So habe ich quasi de-facto auch bei mir damals Selbstkritik erlebt, wo ich sonst anderweitig vielleicht blind manche Narrative geschluckt hätte bis zum point of no return, wo ich für Selbstkritik nicht mehr empfänglich gewesen wäre.