Ich gehe mal einen Schritt weiter. Wir identifizieren uns als mit irgend etwas und dann sagen wir: Das bin ich.
@Yoshi du aber sagst: Wir sind gerade das NICHT, womit wir uns eigentlich identifizieren.
Und
@Awaresum sagt: Es muss eine Instanz geben, welche sich vom Bewusstsein abgespalten hat, um überhaupt andere Dinge ausserhalb des Selbst wahr nehmen zu können (wenn ich ihn da richtig verstanden habe).
Diese Instanz nennt er "Aufmerksamkeit". Und: Alles was wir wahr nehmen können, sind nicht wir selbst.
Dass wir, wenn wir ein Bild betrachten, dieses nicht als eigenes SELBST interpretieren, sondern als etwas ausserhalb von unserem eigenen SEIN, das brauchen wir nicht groß erklären, weil das jeder so erfährt.
Man kann sich höchstens fragen: Warum das so ist? Und das kann nur an der Trennung liegen. Wäre alles mit allem verbunden, gäbe es zumindest nicht diese räumlich-materielle Trennung der Dinge, wie sähe es dann aus mit unserem SEIN?
Unser ICH macht eine merkwürdige Grenze an der Oberfläche des eigenen Körpers fest. Ich identifiziere mich nicht mit dem Boden auf dem ich stehe, obwohl ich im Grunde ja durch meine Füße auch damit eine Verbindung herstelle. Ich identifiziere mich auch nicht mit der Luft, die mich umgibt, obwohl ich sie ständig inhaliere und in mich einsauge. Und ich identifiziere mich nicht mit der Nahrung die ich mir einverleibe. Obwohl mein Körper diese Fremdkörper assimiliert und allmählich in Bestandteile verwandelt, die dann doch zu meinem Körper gehören
:DWarum hört unser ICH, das eigentlich ja gar keinen Körper hat, an der Oberfläche unseres Körpers eigentlich auf? Warum identifiziere ich mich nicht mit dem Boden unter meinen Füßen und mit der Luft, die ich atme?
Woher weiß ich, dass ich das nicht bin? Mein Bewusstsein schafft eine Grenze zwischen dem was ich als zu mir gehörig definiere und dem drum herum. Bei kleinen Kindern kann man feststellen, dass diese Grenze zwischen dem ICH und dem drum herum noch gar nicht so fest ist. So wie auch bei Tieren manchmal solche Phänomene zu beobachten sind, wie zB. eine Katze, die ihren eigenen Schwanz sieht, aber sich nicht darüber bewusst ist, dass dies ein Teil von ihrem eigenen Körper ist. Sie sieht da nur etwas herum wedeln was sie anfängt neugierig zu machen, dann beißt sie instinktiv da hinein und in DEM Moment wird ihr plötzlich erst bewusst: Huch, das tut MIR aber weh, das bin ja ich, das ist ja ein Teil von mir selbst...
:DDie Empfindungsfähigkeit hört nämlich irgendwann auf ! Ich empfinde im Boden nichts mehr. Ich empfinde in der mich umgebenden Luft nichts mehr. Meine Empfindungsfähigkeit endet an meiner Körperoberfläche !
Warum ist das so? Weil nicht alles ineinander übergeht und zerfließt. Weil (fast) alles was ist, eine Form hat, die es umgrenzt. Das macht uns zum einen zu endlichen Wesen und zum anderen endet dort unsere Empfindungsfähigkeit und damit auch unser Bewusstsein.
Ich könnte mir auch eine andere Welt vorstellen, wo alles ineinander übergeht, wo es überhaupt keine festen Formen gibt, wo alles alles ist. Allerdings würde bei mir dann die Frage auftauchen? Ist es da noch möglich, dass sich mehrere Seinsformen dieses ALLES bewusst teilen können oder gibt es da nur EINE bewusste SEINSform die sagt: Ich bin alles?
Das faszinierendste Beispiel für mich sind sog. Siamesische Zwillinge. Also ein Körper mit zwei Köpfen. Oder besser: Zwei Wesenheiten mit zwei eigenen ICHs, die sich einen Körper teilen. - Empfinden beide das gleiche, wenn der eine Körper berührt wird? Was geschieht da? In welches Gehirn geht der Reiz? Oder geht er in beide? Empfinden beide das gleiche zur gleichen Zeit?
Genau an diesem Beispiel versagt wieder meine Logik, wenn Awaresum sagt, es sei eine Trennung nötig um sich selbst bzw. alles das um uns herum wahr zu nehmen. Im Prinzip stimmt das natürlich. Diese Abgrenzung bestimmt wo das eigene SEIN aufhört und eine andere SEINsform beginnt. Aber bei den siamesischen Zwillingen haben wir eben gerade ein Beispiel wo das nicht so ist. Da ist keine eindeutige Abgrenzung und doch empfinden beide Wesenheiten diesen einen Körper, den sie sich teilen als zu sich gehörend !
Nächstes mich irritierendes Beispiel: Ich betrachte mich im Spiegel. Da sehe ich zumindest ein Abbild und zwar ein sehr lebendiges Abbild meiner SEINSform als Körper. Und ich könnte mich sogar mit meinem Spiegelbild identifizieren und sagen: Das bin doch ICH !
Obwohl ich genau weiß, dass ich das nicht bin, sondern nur ein sehr reelles Abbild meines Körpers. Es kann aber zB. nicht jedes Lebewesen sich in seinem Spiegelbild als SELBST identifizieren. Manche Lebewesen sehen darin einen anderen. Sind sich nicht bewusst, dass es das lebende Abbild ihrer selbst ist.
Zurück. Um etwas anderes wahr zu nehmen, bedarf es der Trennung. Ich muss etwas anderes sein als das was mich umgibt, um dieses wahr zu nehmen. Sonst wäre ich auch das andere.
Ich kann mich aber auch selbst wahr nehmen. Ich bin aber sicher nicht von mir getrennt. Ich müsste es aber sein, da ich mich ja sonst auch nicht selbst wahr nehmen könnte. Wahrscheinlich ist genaus das, jene Instanz, von der Awaresum spricht, die nötig ist um sowohl anderem als auch meiner selbst gewahr zu werden.
Ich weiß aber nicht, ob hierzu wirklich eine Trennung notwendig sein muss. Denn wäre ich von mir selbst getrennt, würde ich mich auch wieder nur als Etwas erkennen, aber eben nicht als mich selbst. Dann würde ich von mir in der dritten Person sprechen. Würde mich selbst ja nicht mit mir identifizieren. Und stünde quasi ausserhalb von mir als mein eigener Beobachter. Dann dürfte ich aber auch nichts empfinden. Oder aber, in letzter Konsequenz müsste ich sagen: Das bin ja gar nicht ich, das ist mein Körper, aber ICH bin ja daneben, gar nicht darin?
Solche Phänomene gibt es manchmal bei OP´s, wenn Menschen davon berichten, wie sie ihren eigenen Körper da liegen sehen und auch die Ärzte beschreiben können, die an ihrem Körper herum schnibbeln... Obwohl das eigentlich unmöglich ist, denn sie sind unter Narkose und nehmen ja gar nichts wahr !
Aber genau in diesem Moment identifizieren sie sich auch gar nicht mehr mit ihrem da liegenden Körper, sondern mit ihrem alsdann woanders befindlichen SEIN. Nur ihre Erinnerung und ihr Verstand sagt ihnen: Huch, das bin ja ich. - Aber sie empfinden gar nichts - Sie haben nicht einmal Schmerzen, obwohl an ihnen herum geschnibbelt wird...
Das geht aber eben nur solange, wie das SELBST den Körper verlässt, zB. unter Einfluss von Narkose. Wobei das auch wieder nicht die Regel ist, sondern eine Ausnahme darstellt. Zumindest erinnern sich diese Menschen danach an gar nichts mehr. Nur wenn sie sich in Ausnahmefällen daran erinnern, kommen solche Phänomene zustande.
Wie auch immer: ICH kann MICH doch also eigentlich nur Wahr nehmen, wenn ich auch IN mir bin und nicht ausserhalb von mir getrennt bin !
Was also hat es mit diesem ETWAS auf sich, dass sozusagen neben mir als Bestandteil meiner Selbst, eine Art Überinstanz darstellen soll, welche von Awaresum als die "Aufmerksamkeit" bezeichnet wird???