AngRa schrieb:Als Exilanten brauchten sie aber zur damaligen Zeit zur Einreise ein Militärvisum, unterschrieben vom Militärgouverneur der britischen Besatzungszone, also von Sir Sholto Douglas, denn ohne ein solches Dokument wäre eine Einreise nicht möglich gewesen. Mir ist das bekannt aus der Lebensgeschichte von Bert Brecht, der bei seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahre 1948 auf ein Militärvisum warten musste.
Theoretisch ist das richtig. Aber in der damaligen Situation konnten die Grenzen, ganz speziell die innerdeutschen Grenzen zwischen den Besatzungszonen nicht wasserdicht überwacht werden. Illegale Grenzübertritte zwischen den Zonen waren an der Tagesordnung.
Der Serienmörder Rudolf Pleil hat zB. zwischen 1946 und 1947 seinen Lebensunterhalt damit verdient, Personen über die Grenze im Harz zu schmuggeln. (und hat in dieser Zeit 12mal diese Situation ausgenutzt, Frauen, die sich von ihm über die Grenze schmuggeln lassen wollten zu erschlagen und zu missbrauchen!)
Es ist also sehr wohl denkbar, dass die Opfer hier ohne die nötigen Papiere nach Deutschland eingereist sind oder in einer anderen Zone eingereist sind und illegal in die britische Zone gekommen sind mit Hilfe eines Schmugglers (denkbar dann auch, dass dieser auch der Täter war!)
Wenn wir die Theorie einmal betrachten, dass es sich bei den Opfern um Juden handelte, die vielleicht sogar aus Palästina kamen, dann wäre noch folgendes zu betrachten:
Während die britische Besatzungsmacht in Palästina in der Zeit des Nationalsozialismus die illegale Einwanderung von Juden nach Palästina geduldet hatte (und damit die selbst beschlossene Begrenzung gemäß Weissbuch von 1939
Wikipedia: Weißbuch von 1939 ignoriert hatte), versuchte die britische Besatzung nach Ende des 2. Weltkriegs nunmehr, die weitere Einwanderung von Juden, zB. Holocaust-Überlebenden aus Europa, zu verhindern bzw. illegal in Palästina lebende Juden zu deportieren, zurück nach Europa oder in Internierungslager auf Zypern, siehe
Wikipedia: Operation Oasis und
Wikipedia: Operation IglooDer Beschluss für Operation Igloo fiel August 1946, also knapp ein halbes Jahr vor diesen Morden.
Darauf könnte man als Theorie aufbauen, dass diese Familie vor den Nazis geflohen war und in Palästina lebte, als illegale Einwanderer jedoch nun eine Deportation in ein britisches Internierungslager fürchtete und daher Ende 1946 beschloss, nach Deutschland zurückzukehren, aus den Erfahrungen mit den britischen Besatzern in Palästina heraus jedoch nicht den offiziellen Weg wählte, sondern sich nach Deutschland einschmuggeln liess.
Und ohne den Opfern hier etwas unterstellen zu wollen, so wäre es doch denkbar, dass zumindest ein Familienmitglied auch Mitglied bzw. Unterstützer einer der gegen die Briten in Palästina kämpfenden jüdischen Organisationen, zB.
Wikipedia: Hagana ,
Wikipedia: Irgun Zwai Leumi ,
Wikipedia: Lechi war und daher auch auf britischen Fahndungslisten stand und allein deshalb sich nicht offiziell registrieren konnten.
Oder gar, dass ein britischer Besatzungssoldat die Familie als verbunden mit den jüdischen paramilitärischen Einheiten entlarvte, nicht aber den offiziellen Weg der Festnahme wählte, sondern quasi als Rache für diverse Terroranschläge dieser Einheiten die Familie tötete und deren Papiere vernichtete. Oder auch nicht töten wollte, sondern nur Informationen von diesen durch Folter (siehe Spuren an dem männlichen Opfer und Fesselspuren an dem älteren weiblichen Opfer) erlangen wollte, was dann aber in mindestens einem Fall im Tod des Gefolterten endete, worauf er den Rest der Familie zwecks Verdeckung auch tötete.
Viel Spekulation, ich will damit auch gar nicht sagen, dass irgendwas davon wahr sein muss, mit diesen Überlegungen will ich eigentlich mehr darstellen, dass das damals eine weltweit sehr turbulente Situation war und da noch vieles anderes mitgespielt haben könnte...