Aldaris schrieb:Falls du es nicht verstehst. Dadurch, dass du eine Freiheitsstrafe erhälst, wird du in deinen Grundrechten eingeschränkt. Dass es sich dabei um eine Bestrafung handelt, wenn man dir Grundrechte verwehrt, sollte wohl verständlich sein.
Die Grundrechte können präventiv und auch repressiv eingeschränkt werden. Da der Vollzug gemäß Legaldefinition auch das Ziel der Prävention hat, spielt Strafe nicht zwangsnotwendig eine Rolle.
Aldaris schrieb:Das Jugendstraftrecht spezifiziert kein Individuum, sondern Personen von 14 bis 18 bzw. 18 -21 (Heranwachsende). Einzelne Taten werden vom Richter zwar im Rahmen der Tat unterschiedlich bewertet, sind aber nicht gesetzlich speziell darauf zugeschnitten. Der Richter hat einen Spielraum, muss sich aber im Rahmen dessen bewegen.
Das JGG gibt den Gerichten explizit den Freiraum sich nötigenfalls auch eine angemessene Strafe auszudenken. Dazu einfach mal die §§ 5 JGG ff.
§ 5 Die Folgen der Jugendstraftat
(1) Aus Anlaß der Straftat eines Jugendlichen können Erziehungsmaßregeln angeordnet werden.
(2) Die Straftat eines Jugendlichen wird mit Zuchtmitteln oder mit Jugendstrafe geahndet, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen.
(3) Von Zuchtmitteln und Jugendstrafe wird abgesehen, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt die Ahndung durch den Richter entbehrlich macht.
http://www.gesetze-im-internet.de/jgg/__5.htmllesen.
Das JGG gibt dem Gericht alle Freiheiten eine auf das Indivduum zugeschnittene "Strafe" nach eigenen Maßstäben zu finden. Hierzu kann man insbesondere in den § 10 JGG mal reinschauen:
§ 10 Weisungen
(1) Weisungen sind Gebote und Verbote, welche die Lebensführung des Jugendlichen regeln und dadurch seine Erziehung fördern und sichern sollen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Jugendlichen keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. Der Richter kann dem Jugendlichen insbesondere auferlegen, 1.
Weisungen zu befolgen, die sich auf den Aufenthaltsort beziehen,
2.
bei einer Familie oder in einem Heim zu wohnen,
3.
eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle anzunehmen,
4.
Arbeitsleistungen zu erbringen,
5.
sich der Betreuung und Aufsicht einer bestimmten Person (Betreuungshelfer) zu unterstellen,
6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen,
7.
sich zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich),
8.
den Verkehr mit bestimmten Personen oder den Besuch von Gast- oder Vergnügungsstätten zu unterlassen oder
9.
an einem Verkehrsunterricht teilzunehmen.
(2) Der Richter kann dem Jugendlichen auch mit Zustimmung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters auferlegen, sich einer heilerzieherischen Behandlung durch einen Sachverständigen oder einer Entziehungskur zu unterziehen. Hat der Jugendliche das sechzehnte Lebensjahr vollendet, so soll dies nur mit seinem Einverständnis geschehen.
http://www.gesetze-im-internet.de/jgg/__10.htmlWichtig ist, dass vor der Aufzählung "insbesondere" steht. Die Aufzählung ist also keinesfalls abschließend. Es gibt da sehr kreative Richter.
Aldaris schrieb:Gerade im Jugendstrafrecht gibt es doch besonders viele Verurteilungen zu Sozialstunden. Fast ausschließlich werden straffällige Jugendliche zu solchen Arbeiten verurteilt. Bring es was? Ich kann es dir nicht sagen. Gerade hier in D muss man schon ordentlich was aufm Kerbholz haben, um in den Knast zu wandern.
Es gibt nicht "gerade im Jugendstrafrecht (...) besonders viele Verurteilung zu Sozialstunden", sondern es gibt sie
ausschließlich dort.
Sie ist eine der "kreativeren" Lösungen. Im Erwachsenenstrafrecht hast Du lediglich die Freiheits- und Geldstrafe, sowie die "Maßregeln zur Besserung und Sicherung" nach § 61 StGB, die jedoch abschließend aufgezählt sind.
Du hast bei einer Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren die Möglichkeit diese zur Bewährung auszusetzen und das wiederrum an gewisse Auflagen und Weisungen zu knüpfen. Dieses Instrument könnte dahingehend genutzt werden, allerdings ist die Praxis da absolut ungenügend und es ergibt sich daraus ein Paradoxon - während kleinere Delikte recht rigoros mit Geldstrafe geahndet werden, führen größere oder wiederholte Vergehen zu einer Bewährung, die zudem oft lediglich die Weisung enthält, keine weiteren Straftaten zu begehn. Überdies sind die Gericht mit dem Bewährungswiderruf recht zaghaft.
Aldaris schrieb:Das tue ich ständig, über alles und jeden .. Und ich bin der Letzte, der nicht offen ist für neue Ideen.
Das ist gut.
Aldaris schrieb:Wie gesagt, das ist relativ. Du hast als Richter einen gewissen Spielraum, musst dich aber in deiner Entscheidung innerhalb des Gesetzes bewegen. Und du kannst die Strafe, welche im Gesetz vorgeschrieben ist, nicht ändern.
Als Richter nicht, aber im Zuge einer Gesetzesänderung sind da die Möglichkeiten vielfältig.
Es kommt insofern zu einer individuell zugeschnitten Strafe, als dass nicht A, B und C für das selbe Delikt auch zwangsnotwendig die selbe Strafe erhalten. Nehmen wir mal den Wohnungseinbruchdiebstahl. Strafmaß 0,5 - 10 Jahre.
A ist vielleicht uneinsichtig, handelte mit direktem Vorsatz rein um sich zu bereichern, zeigt keine Reue und hat ne negative Sozialprognose. Außerdem hat der schon 5 Verurteilungen wegen ähnlicher Delikte.
Der bekommt dann sagen wir mal 8 Jahre. Die brummt der auch komplett ab.
B handelt auch mit direktem Vorsatz und um sich zu bereichern, ist auch nicht wirklich reuig und einsichtig, aber hat ne halbwegs gute Sozialprognose. Im Knast bemüht er sich dann aber um die Schadenswiedergutmachung und führt sich gut.
Der bekommt dann sagen wir mal 6 Jahre, wobei er nach 3,5 Jahren Freigänger wird und nach 4 Jahren bedingt entlassen wird. Dies mit der Auflage weiter den Schaden wiedergutzumachen.
C handelt aus der Not heraus, ist reuig und bemüht sich schon von vorneherein den Schaden wiedergutzumachen. Die Sozialprognose ist gut.
Der bekommt dann vielleicht nur 1 Jahr und das zur Bewährung ausgesetzt mit der Auflage den Schaden weiter wiedergutzumachen.
Es geht also nicht darum, ob es eine individuell zugeschnittene Rechtsfolge der Tat gibt oder nicht, sondern nur, ob diese a) zwingend strafenden Charakter haben muss und b) man die Möglichkeiten nicht einfach ausweitet.
Wie Du sagst - die Richter müssen sich ans StGB halten, aber das ist ja nicht unabänderlich.