Postmortem Fotografie
16.05.2014 um 15:35@Schnaki
Hallo Schnaki,
freut mich, dass du dich auch für dieses Thema interessierst. Ich habe mir bereits sämtliche 237 Seiten durchgelesen und mich durch unzählige Fotos gewühlt. Teilweise sehr - hm, strange, muss ich sagen.
Das Thema an sich ist mir nicht fremd. Derartige Fotos habe ich schon gesehen. Doch diese waren ausnahmslos Momentaufnahmen, Zeit nah nach dem Ableben der Personen entstanden, als diese bereits für den Sarg hergerichtet, also gereinigt, gekämmt und umgezogen waren. Zudem stamme ich vom Land und als Kind der Siebziger sind mir Aufbahrungen im eigenen Haus und Totenwache natürlich ein Begriff. Eine Leichenhalle und das damit verbundene Verbot, die Verstorbenen nicht mehr im eigenen Haus aufbahren zu dürfen, kam für das Dorf, in dem ich als Kind lebte, sehr spät Ende der Achtziger, wenn nicht sogar erst Anfang der Neunziger.
Jedoch - So extrem hergerichtet für diese Fotos, wie sie hier zB. aus den USA eingestellt sind, habe ich tote Menschen noch niemals gesehen. Doch wenn man versteht, wie tw. die US-Amerikaner gestrickt sind, wundert mich diese Art der Zurschaustellung seiner Toten überhaupt nicht. In einem Land, in dem Oberflächlichkeit und die Sucht nach ewiger Jugend und makelloser Schönheit wahrscheinlich in deren Verfassung verankert sind, ist das Hinüberretten und Verewigen von Schönheit und Jugend ins Jenseits wohl Programm und bestimmt auch wirtschaftlicher Zweig. Das lässt man sich was kosten, da gibt man gerne Geld aus - so, wie man eben für die "großen" Ereignisse viel Geld ausgibt, um zu beweisen, dass man sich das leisten kann. Zu diesen "großen" Ereignissen gehört neben der Verehelichung eben auch der Tod.
Umgelegt auf die Zeit um die Jahrhundertwende (18./19. JH) darf man das ebenso sehen. "Große" Ereignisse bedurften einer großen Inszenierung und dazu gehörte auch der Todesfall. Ein Abschied musste großartig zelebriert werden mit Eingewandung in das "Sonntagskleid", großem Make up und Fotoshooting. Das Ergebnis wurde dann an die nähere und fernere Verwandtschaft versendet, als Erinnerung an ein großes Ereignis.
Der Tod als natürlicher Begleiter des Lebens betraf damals alle und ungewöhnlich war es nicht, dass man im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter aufgrund - heute harmlos anmutender - Krankheiten, Seuchen oder Unfälle starb. Zudem hatten Kinder zu dieser Zeit nicht den "Stellenwert", den sie heute geniessen. Die Begriffe "Helikoptereltern", "Kind gerecht" und "Kindeswohl" waren damals noch nicht erfunden und Kinder bedeuteten schlicht entweder zusätzliche Esser, die man unter schwierigen Umständen durchbringen mussten und billige Arbeitskräfte. Und bei wohlhabenden Familien war es damals gang und gäbe, seine Kinder zu einer Nurse zu geben. Bedeutet, eine enge Bindung, so wie es heute meist üblich ist, wurde zu den Kindern seinerzeit gar nicht aufgebaut.
Bei der Renaissance der Postmortem Fotografie, kann ich zwei "Trends" ausmachen. 1. Fotos, auf denen Eltern ihre toten Babies im Arm halten und darüber trauern, dass sie das Wesen, auf das sie sich neun lange Monate gefreut haben, nicht behalten durften und 2. kitschige Inszenierungen von toten Menschen im offenen Sarg, der offenbar mit Schlagobers ausgekleidet ist, in dem diese präsentiert werden wie Barbie und Ken.
Hallo Schnaki,
freut mich, dass du dich auch für dieses Thema interessierst. Ich habe mir bereits sämtliche 237 Seiten durchgelesen und mich durch unzählige Fotos gewühlt. Teilweise sehr - hm, strange, muss ich sagen.
Das Thema an sich ist mir nicht fremd. Derartige Fotos habe ich schon gesehen. Doch diese waren ausnahmslos Momentaufnahmen, Zeit nah nach dem Ableben der Personen entstanden, als diese bereits für den Sarg hergerichtet, also gereinigt, gekämmt und umgezogen waren. Zudem stamme ich vom Land und als Kind der Siebziger sind mir Aufbahrungen im eigenen Haus und Totenwache natürlich ein Begriff. Eine Leichenhalle und das damit verbundene Verbot, die Verstorbenen nicht mehr im eigenen Haus aufbahren zu dürfen, kam für das Dorf, in dem ich als Kind lebte, sehr spät Ende der Achtziger, wenn nicht sogar erst Anfang der Neunziger.
Jedoch - So extrem hergerichtet für diese Fotos, wie sie hier zB. aus den USA eingestellt sind, habe ich tote Menschen noch niemals gesehen. Doch wenn man versteht, wie tw. die US-Amerikaner gestrickt sind, wundert mich diese Art der Zurschaustellung seiner Toten überhaupt nicht. In einem Land, in dem Oberflächlichkeit und die Sucht nach ewiger Jugend und makelloser Schönheit wahrscheinlich in deren Verfassung verankert sind, ist das Hinüberretten und Verewigen von Schönheit und Jugend ins Jenseits wohl Programm und bestimmt auch wirtschaftlicher Zweig. Das lässt man sich was kosten, da gibt man gerne Geld aus - so, wie man eben für die "großen" Ereignisse viel Geld ausgibt, um zu beweisen, dass man sich das leisten kann. Zu diesen "großen" Ereignissen gehört neben der Verehelichung eben auch der Tod.
Umgelegt auf die Zeit um die Jahrhundertwende (18./19. JH) darf man das ebenso sehen. "Große" Ereignisse bedurften einer großen Inszenierung und dazu gehörte auch der Todesfall. Ein Abschied musste großartig zelebriert werden mit Eingewandung in das "Sonntagskleid", großem Make up und Fotoshooting. Das Ergebnis wurde dann an die nähere und fernere Verwandtschaft versendet, als Erinnerung an ein großes Ereignis.
Der Tod als natürlicher Begleiter des Lebens betraf damals alle und ungewöhnlich war es nicht, dass man im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter aufgrund - heute harmlos anmutender - Krankheiten, Seuchen oder Unfälle starb. Zudem hatten Kinder zu dieser Zeit nicht den "Stellenwert", den sie heute geniessen. Die Begriffe "Helikoptereltern", "Kind gerecht" und "Kindeswohl" waren damals noch nicht erfunden und Kinder bedeuteten schlicht entweder zusätzliche Esser, die man unter schwierigen Umständen durchbringen mussten und billige Arbeitskräfte. Und bei wohlhabenden Familien war es damals gang und gäbe, seine Kinder zu einer Nurse zu geben. Bedeutet, eine enge Bindung, so wie es heute meist üblich ist, wurde zu den Kindern seinerzeit gar nicht aufgebaut.
Bei der Renaissance der Postmortem Fotografie, kann ich zwei "Trends" ausmachen. 1. Fotos, auf denen Eltern ihre toten Babies im Arm halten und darüber trauern, dass sie das Wesen, auf das sie sich neun lange Monate gefreut haben, nicht behalten durften und 2. kitschige Inszenierungen von toten Menschen im offenen Sarg, der offenbar mit Schlagobers ausgekleidet ist, in dem diese präsentiert werden wie Barbie und Ken.