@kokokalitia
kokokalitia schrieb:da sind wir wieder bei dem alten thema deutungshoheit. ich glaube, das habe ich jetzt oft genug verlinkt, wie sich das in der rassismusforschung immer wieder als abwehrstrategie weißer menschen findet, weil sie es nicht gewohnt sind, das auch mal andere ernst genommen werden sollen oder so gar ernster!
Ich bin der Meinung: Gleiche Regeln für alle.
Ich darf meine Meinung zu einem Thema sagen, von dem Thema betroffene dürfen ihre Meinung vertreten. So ist das in einer offenen Diskussion.
Meiner Ansicht nach möchtest du aber eben durch die Betonung deines Beispieles mit Betroffenen ausdrücken, dass diesen eine höhere Bedeutung beikommt, also in etwa:,,Die Betroffenen sehen das so und so - dagegen kannst du nichts sagen!"
So wirkt jedenfalls das Argument auf mich.
kokokalitia schrieb:äh doch, in dem die worte in kinderbüchern bleiben, sieht sich zum beispiel das betroffene mädchen dem ausgesetzt, so genannt zu werden, nicht nur von dem buch, sondern eventuell auch von mitschülern die es auch gelesen haben, und nicht so aufgeklärte oder zeitintensive erziehung genießen.
Ich wette mit dir, dass Kinder und Schüler sich untereinander mit allen möglichen Sticheleien und Schimpfwörtern bedenken
;)Das gehört für die einfach dazu, hat jeder gemacht, auch ich. Deshalb bin ich schon als Kind keineswegs Rassist oder Homophober gewesen. So etwas gehört einfach zum Spiel dazu, ich würde es als eine Art ,,Kräftemessen" in der Gemeinschaft bezeichnen.
Man muss unterscheiden, finde ich, zwischen tatsächlichen Meinungsäußerungen, die ernst gemeint sind und zwischen Sticheleien, die eher spaßig gemeint sind - auch, wenn sie verletzend wirken können.
Wir können nicht jeden davor schützen, mit beleidigenden Begriffen bedacht zu werden, wenn wir fair sein wollen müssten wir das aber.
Denn warum sollte ein schwarzes Kind ein höheres Schutzrecht genießen, als ein indischstämmiges Kind, das im ,,Dschungelbuch" quasi als nur mit Lendenschurz bekleidet dargestellt wird, mit Tieren im Wald lebt und wild und unzivilisiert ist?
Auch das könnte beleidigend wirken - vielleicht nennt man den Mitschüler Ranjid dann ,,Wolfsjunge" oder ,,Mowgli"?
Sollten wir also auch das Dschungelbuch umschreiben?
Oder man denke an Stefan Wolfs ,,TKKG" - dort werden gerne Klischees verwendet:
-Obdachlose sind schmutzig und Trinker
-Rocker sind kriminell
-Asiaten können grundsätzlich gut Kampfkünste
-Bösewichte sind meist schmierig, muskulös, picklig, grob gebaut
Auch in den TKKG-Büchern gäbe es eigentlich genug Stoff, den man umschreiben müsste, damit er nicht mehr beleidigend wirkt.
Und so könnte man auch bei vielen anderen Büchern fortfahren - oder warum sollten wir einige ändern und andere nicht, wenn doch potenziell beleidigende Klischees und Begriffe überall zu finden sind?
Um zum Zitat zurückzukommen: Mitschüler werden, wenn sie unbedingt Sticheleien gegen das betreffende Mädchen ausbringen wollen, das auch tun, hundertprozentig.
Und es wird nicht von ein paar Büchern abhängen, was sie verwenden.
Man zerstört somit für nichts literarische Werke, so, wie sie der Autor geschaffen hat, weil man moralisch korrektund dem Zeitgeist angepasst handeln will.
Ich spreche mich ebenso klar gegen Rassismus aus, wie dagegen, dem Zeitgeist folgend kurzfristig literarische Werke umzuschreiben.
kokokalitia schrieb:außerdem wurde es zum beispiel im fall der bücher von ottfried preußler mit dem autor zusammen entschieden, da er zu diesem zeitpunkt noch lebte. auch bei der lindgren gibt es jemand, der ihre rechte vertritt und die da einbezogen werden. nochmal es geht hier nicht um ein gesetz das literatur zensiert, sondern um konsequenzen einer benutzung des begriffs, der juristisch sehr wohl als beleidigung eingestuft wird, auch da gibt es hier bereits links dazu, wenn er nicht kontextuell eingebunden ist.
Wenn der Autor meint, er will eines seiner Werke ändern, dann ist das legitim. Es ist von ihm geschaffen und er kann es auch verändern, das ist seine Sache, die ich respektiere.
Man kann aber bei den heutigen ,,Rechteinhabern" und Verlagen auch gut davon ausgehen, dass sie unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten solche Änderungen wünschen, da sie sonst möglicherweise den schlechten Ruf hätten, ein ,,rassistisches Buch" zu verkaufen.
kokokalitia schrieb:das letzte abendmahl nicht, aber ich sag mal stichwort mohamed-karikaturen.
Warum nicht das ,,Letzte Abendmahl", aber Mohammed-Karikaturen werden als Verletzung der Muslime anerkannt?
Um jetzt mal den Standpunkt eines fundamentalistischen Muslim anzunehmen:
,,Bei diesem Gemälde wird das Bilderverbot Allahs verletzt! Außerdem ist das die Darstellung des Christengötzen Jesus! Und es wird in Dekadenz gespeist und gefeiert! All das widerspricht dem Islam, das Bild muss weg!"
Warum soll also nicht DaVincis Bild verändert werden, um die Beleidigung gegenüber den Muslimen aufzulösen?
kokokalitia schrieb:geschichte findet nicht in fantasierten kinderbüchern statt, sondern sollte in der schule und durch die öffentlichkeit vermittelt werden. und ich glaube hier geht keiner, der sich gegen die verwendung des wortes ausspricht, der aufgabe aus dem weg, diese begriffe zu erklären. wenn du dir mal die posts ansiehst, wirst du auch sehen dass die meisten links zu texten, wiki artikeln, organisationen und wissenschaftlicheren ergebnissen zur begriffsdiskussion aus dieser ecke kommen. die erklärbereitschaft ist da, muss nur noch die leute geben, die auch die erklärungen ernst nehmen und anhören, egal welches alter und welche bildung er oder sie hat.
Geschichte und Erziehung finden überall statt, auch zu Hause.
Ich habe definitiv nicht erst nach Geschehnissen und Dingen gefragt, als ich in die Schule kam - freilich auf kindlichem Niveau hab ich auch schon davor, zu Hause gefragt:,,Warum ist das so? Was heisst das?"
Wenn Eltern nicht willens (weil sie die Verantwortung scheuen und lieber an die Schule abschieben) oder nicht in der Lage sind, ihren Kindern problematische Begriffe zu erklären und was hinter ihnen steht, dann ist das der Fehler der Eltern und ein Fehler in den Anforderungen der Gesellschaft AN die Eltern.
Aber nicht der Fehler der Literatur.
Wir sollten unsere Anforderungen nicht immer weiter runterschrauben und den Menschen alle Eigenverantwortung abnehmen, sondern die Anforderungen HOCHschrauben!
Statt zu sagen:,,Wir schaffen ein möglichst leichtes Buch, ohne Ecken und Kanten" sollten wir vielmehr sagen:,,Nehmt eure Verantwortung wahr, Eltern! Nehmt eure Verantwortung wahr Lehrer! Nehmen wir als Gesellschaft unsere Verantwortung wahr und bringen wir den Kindern bei, am konkreten Beispiel, wie sie sich verhalten sollten!"
Du und andere mögen von mir aus noch so sehr betonen, dass ja gar nichts verboten werden soll, sondern nur Begriffe ausgetauscht und die braucht doch eh keiner, warum also sei das ein Problem - aber doch, genau das ist es, was damit praktisch gefördert wird:
Die Streichung und das Umschreiben überall kommen einem Verbot gleich. Und wenn man einmal damit anfängt und fair sein will, dann wird man mit dem Umschreiben und Streichen gar nicht mehr nachkommen, weil mit Sicherheit alle möglichen Gruppen gleiche Rechte für sich einfordern.
Das Ergebnis würde irgendwann eine glatte, reine Literatur sein, ohne jede Ecken und Kanten und Besonderheiten.