Ich gebe ganz offen zu, dass ich hier ambivalent bin.
Einerseits:
Frauenschlagen geht natürlich gar nicht. Was ich also wirklich problematisch finde, ist die Tatsache, dass ich als Frau offenbar keine Möglichkeit habe, dem aus dem Weg zu gehen, wenn ich, aus welchen Gründen auch immer, auf die Straße muss. Und auch wenn das Argument kam, dass da ja wohl alle Geschäfte zu haben, kann es immer noch sein, dass ich dringend meine alte Oma besuchen muss, der's grad nicht gut geht. Oder eben wirklich, dass ich genau JETZT spazierengehen will. Es muss also ZWINGEND möglich sein, mich unbehelligt auf der Straße aufzuhalten. Und ein absolutes No-go ist es, in eine fremde Wohnung einzudringen.
Andrerseits - und hier muss ich
@nasenstüber ein Stück weit zustimmen:
Erstens: Auch für mich hat der Brauch (zumindest heutzutage; wo er herkommt, weiß ja offenbar eh niemand so recht) nichts mit Misogynie zu tun - genauso wenig, wie der Krampus, der einem Kind eine verpasst (was ich absolut verwerflich finde!) ein Kinderhasser ist. Ich finde es also bedenklich, von Männern, die bei diesem Brauch mitmachen, gleich auf ihr grundsätzliches Verhältnis zu Frauen zu schließen.
Zweitens: Es handelt sich offenbar um einige wenige Stunden. Ja, ich kann mich als Frau diese paar Stunden in meiner Wohnung aufhalten, um anderen nicht den Spaß zu verderben. Ich vergleich's mal mit der Freinacht: Wenn ich nicht will, dass am 1. Mai meine Gartenmöbel im ganzen Dorf verteilt stehen, muss ich sie halt am Vorabend reinstellen. Die lasse ich nicht absichtlich draußen, weil ich das Recht dazu habe, und erstatte am nächsten Tag Anzeige wegen Diebstahl. Dem gehe ich aus dem Weg und räume alles rein, auch wenn das für mich lästig ist. Aber ich erinnere mich dran, wie gern ich als Kind die Gartenmöbel anderer Leute "verzogen" hab und gönne das der heutigen Jugend genauso. Ich würde also auf Borkum NICHT absichtlich dem Klaasohm vor die Nase laufen, ihn herausfordern und mich hinterher beschweren. Das ist auch nicht damit vergleichbar, als Frau nicht im Minirock auf die Straße zu dürfen, weil es hier um einige Stunden geht, in denen ich mein "Recht" mal zurückstecken kann.
Drittens: Offenbar gibt es festgelegte Wege, die der Klassohm läuft. (So liest es sich zumindest bei Wiki.) Stellt sich also sogar die Frage, ob die Frauen, die nicht mitmachen wollen, in der Wohnung bleiben müssen, oder einfach nur darauf achten, nicht gerade diese festgelegten Routen zu kreuzen. (Letzteres wäre ja fast schon sowas wie ein weitläufiger "Festplatz" den ich nicht besuchen muss, wenn ich es nicht möchte.)
Viertens: Auch ich glaube, dass die meisten Frauen da freiwillig mitmachen und den Brauch mögen. Den Nervenkitzel, das Provozieren. Sonst wäre es meiner Meinung nach gar nicht möglich, dass sich der Brauch bis heute hält, ohne dass die Frauen massiv auf die Barrikaden gehen. Insel hin oder her - auch die leben dort nicht im Mittelalter! Klar: Keine wird gern erwischt. Aber ich glaube (!), dass sie dieses Risiko bewusst eingehen.
Dass Bürgemeister und Konsorten jetzt plötzlich "die Problematik" sehen und einlenken, hat meiner Meinung nach nichts mit wirklicher Einsicht zu tun, sondern weil sie der schlechten Presse aus dem Weg gehen wollen - und weil es halt bis auf "haben wir immer schon so gemacht" absolut kein Argument für das Beibehalten des Brauchs gibt. Ob man da jetzt wirklich ein "Schutzkonzept mit Safe-Rooms und Notfalltelefonen" braucht, lasse ich mal dahingestellt ...
Quintessenz für MICH: Es muss auf Freiwilligkeit basieren und ich muss mich rausnehmen können - gleichzeitig bricht mir aber kein Zacken aus der Krone, mal einen Abend NICHT rauszugehen, um denen, denen das Fest Spaß macht, selbigen auch zu lassen. UND, fällt mir grad noch ein: Es muss/müsste alles im Rahmen bleiben! Wenn da eine Frau wirklich zwei Tage nicht mehr sitzen kann, geht es eindeutig zu weit!