Ich habe bei der Diskussion abgestimmt mit "ich pflege keinen Angehörigen/Freund".
joleen schrieb am 20.03.2023:Kleines Bsp: Wir haben einen älteren Herren, der trägt im Hochsommer gerne seine dicke Winterjacke. Da gehe ich nicht hin und sage: Es ist Sommer, ziehen sie doch bitte die Jacke aus. Ich ziehe mir selbst eine an, begleite ihn ein Stück und ziehe meine irgendwann aus und sage: Das ist jetzt aber warm geworden, ich schwitze schon richtig. ..funktioniert mal gut, mal nicht. Wenn nicht, behält er seine Jacke eben an. Es wäre fatal, da entgegen zu wirken.
Das finde ich gut, dass Du da so geduldig bist. Du bist beruflich in der Pflege, oder?
Es ist ja auch oft so, dass alte Menschen leichte frieren. Sie bewegen sich weniger, ihre Haut ist dünner, weniger Fettgewebe und Muskeln.
Meine Schwiegermutter ist 85, sie hat Pflegegrad 3. Seit einiger Zeit scheint eine Demenz da zu sein. Was auffällt ist, dass ihr Kurzzeitgedächtnis nicht mehr funktioniert. Als ich sie das letzte Mal besucht habe, hat sie mich gebeten, für sie die Nummer einer Bekannten anzuwählen. Diese war im Krankenhaus, ist aber inzwischen zu Hause.
Meine Schwiegermutter hat in dem Telefonat bestimmt 5 Mal gefragt, ob die Person noch im Krankenhaus ist. Sie hat die Antwort immer gleich wieder vergessen. Seit Längerem kommt zwei Mal am Tag ein Pflegedienst. Mit der Frau, die normalerweise kommt, kommt meine Schwiegermutter sehr gut zurecht (was ich wichtig finde). Von dem Pflegegeld wird auch eine Putzkraft bezahlt. Ihre Tochter besucht sie täglich. Macht ihr die Haare, die Nägel, schaut nach dem Rechten. Sie wohnt nur ein paar km entfernt. Ihr Mann ist schon pensioniert und nimmt oft Arztbesuche mit seiner Schwiegermutter wahr (er ist nur knapp 11 Jahre jünger als sie).
Sie ist in Teilzeit berufstätig und sie ist oft ganz schön gestresst. Sie liebt ihre Mutter über alles, aber für sie ist es schwer, dass die Mutter so vergesslich geworden ist. Mehrfach schon hat sie ihr Gebiss verlegt, hat z.B. ganz frisches Brot weggeworfen und so.
Essen, das die Tochter ihr mitgebracht hat, stellt sie zwar oft noch in die Mikrowelle. Das vergisst sie dann aber und isst statt dessen Süßigkeiten.
Naja und ihre Wohnung liegt in einem Altbau im Hochparterre. Da ist es relativ kühl. Manchmal kam ich im Sommer, wo es sehr warm war. Das hat sie in der Wohnung aber nicht mitbekommen.
Sie würde sich da bestimmt auch eine Jacke anziehen und so raus gehen. Sie ist auch schon mal im Schlafanzug raus gegangen.
Zwei Nachbarn kümmern sich auch ein bisschen, wenn mal was am Fernseher eingestellt werden muss und solche Dinge.
Aus Ihrer Wohnung möchte sie natürlich auch nicht raus. Da lebt sie seit mehr als 31 Jahren.
In einem Heim würde sie sicher wie eine Primel "eingehen".
EnyaVanBran schrieb am 21.03.2023:Sie kamen dabei aber wohl an ihre Grenzen, weil meine Schwägerin durch das viele Morphium total unruhig war. Sie wollte alle paar Minuten aufstehen.
Ist das so? Mein Schwiegervater hatte einen Gehirntumor und ist 13 Monate nach der Diagnose und OP verstorben. Dass das infaust ist war durch die Untersuchungen bekannt.
Er hat die letzte Zeit auch Morphium bekommen und war eigentlich ganz ruhig dadurch. Er schlief die ganze Zeit, atmete langsam, und irgendwann hörte er zu atmen auf.
locutus schrieb am 21.03.2023:Grade auch Pflegende Angehörige sollten wie in anderen Ländern , wenn Sie ihren Job aufgeben müssen einen Lohn für die Pflege erhalten. Damit man nicht noch verarmt ect.
Dafür wäre ich auch. Ich glaube auch, dass diese Pflege oft liebevoller ist als wenn eine "fremde" Person pflegt.
Fellhase schrieb am 21.03.2023:Ja. Wobei meine Mutter dort kaum gepflegt wurde, was wir nicht erkennen konnten.
Der Vater meiner Kollegin ist jetzt 88 oder 89 und seit letztem Jahr in einem Pflegeheim. Da sie dort in der Nähe wohnt, geht sie des öfteren dorthin.
Bis vor einigen Monaten war es Angehörigen nicht möglich, ins Heim zu kommen. Durch Corona war alles dicht. Sie hat da schon oft Missstände entdeckt. Das natürlich nur, weil sie oft dort ist. Sie geht absichtlich zu unterschiedlichen Zeiten.
PrivateEye schrieb am 22.03.2023:Der erste große Abbau im ganzen sozialen Umfeld wurde ja durch die SPD und die Agenda 2010 begründet und gestartet.
Eine Schweinerei von "Gas-Gerd" und Konsorten.
Gestern Abend kam in der SWR Landesschau ein Bericht zum Thema Personalmangel in der Pflege. Es ging um das Problem der Leiharbeiter:innen. Die Kosten dafür sind sehr hoch, ca. 10.000 Euro/Monat. Durch Personalmangel muss man öfters auf Leiharbeiter:innen zurückgreifen.
Um Kosten zu sparen, stehen z.B. in der gezeigten Einrichtung derzeit 15 Zimmer von insgesamt 75 leer.
Eine Pflegekraft sagte, sie würde als Leiharbeiterin ca. 1000 Euro netto im Monat mehr erhalten, bei besseren Arbeitszeiten.
Ich finde das
skandalös. Da muss dringend eine
Reform her. Wie auch im Krankenhausbereich.
Vor allem für die Senior:innen ist es doch nicht gut, wenn das Pflegepersonal ständig wechselt.
Die Pflegekraft kann ich aber voll verstehen. 1000 Euro netto mehr im Monat ist sehr viel.
Diätbrötchen schrieb am 22.03.2023:Eine Pflegekraft arbeitet übrigens durchschnittlich 8 Jahre in ihrem Beruf, bevor sie die Branche wechselt.
Das ist verdammt kurz.
Eine Schwägerin, gelernte Krankenschwester, macht seit schätzungsweise 25 Jahren Dauernachtwache im Seniorenheim. Durch ihre Kinder kam das. Diese
wurden dann ja vom Vater betreut.
Do-X schrieb am 23.03.2023:Mal angenommen, es gebe einen "Familien-Pflege-Generationenvertrag", in welchem die Eltern durch ihren Nachwuchs und nicht durch ein Pflegesystem abgesichert wären, wäre das doch die Idealvorstellung oder?
Nein, wäre es nicht. Ich z.B. möchte meinen Kindern nicht zumuten, mich mal pflegen zu müssen.
Und viele Menschen sind kinderlos. Will man sie zwingen, Kinder zu bekommen, die sie dann pflegen sollen? Eine dystopische Vorstellung...
Diätbrötchen schrieb am 23.03.2023:Konrad Adenauer hat bei der Rentenreform von 1957 gesagt: Kinder wirds immer geben
Damals war das auch noch zutreffend.
Es gab noch nicht die Pille und so konnten die Leute die Kinderzahl nicht so gut regulieren.
Damals wurde ein kleines Kindergeld nur ausgezahlt, wenn man mindestens drei Kinder hatte.
Der Babyboom war dann aber schon vor gut 50 Jahren vorbei.