sacredheart schrieb:Wie lächerlich der Begriff «Studierende» ist, wird deutlich, wenn man ihn mit einem Partizip Präsens verbindet. Man kann nicht sagen: «In der Kneipe sitzen biertrinkende Studierende.»
Doch, das kann man sagen. Eben weil "sie studieren" nicht nur die exakt jetzt stattfindende Tätigkeit beschreibt, sondern auch eine generell aktuell bestehende. Das Präsens kann beides bedeuten. Schon immer.
Wenn jemand beim Mittagessen sagt, sie studiere Physik, bedeutet es nicht ausschließlich, dass sie in dem Moment anhand des Essens die Gravitation der Soßenreste bewertet, sondern dass sie aktuell in ihrem Lebensabschnitt Physik studiert. Und nur der Kontext gibt darüber Auskunft, was es bedeutet.
Schau Dir andere Beispiele an, das Präsens kann beides bedeuten.
"Klar esse ich Eis", kann bedeuten, dass ich eben an einem Eis schlecke - oder dass ich generell Eis esse und mich über eine Einladung zum Eisessen freuen würde.
borabora schrieb:Ist das nicht auch einfach so dahergesagt, um die eigene Argumentation zu untermauern?
Eigentlich nicht. Betrachte mal die Unterschiede in den Berufsfeldern in der DDR und der BRD z.B. kurz vor der Wende.
borabora schrieb:Welche Berufe schweben Dir da vor.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/167555/umfrage/frauenanteil-in-verschiedenen-berufsgruppen-in-deutschland/borabora schrieb:das kann doch ernsthaft keinen davon abhalten, einen Wunschberuf zu ergreifen
Du meinst also, es wäre gar keine Hürde, in einem solchen Umfeld einen Beruf zu ergreifen?
Ich empfehle Dir mal den Film "Kaltes Land", um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es sein kann, in einer "fremden Domäne" tätig zu sein.
Natürlich muss das nicht gleich so extrem werden, aber eine initiale Ablehnung ist dennoch eine Hürde.
borabora schrieb:Wenn jemand meint, das ein bestimmter Beruf für eine Frau nichts ist, wird Gendersprache ihn wohl kaum umstimmen können.
Durch Sprache ändern sich aber Normalitäten. Also was als "normal" wahrgenommen wird. Nicht in jedem Einzelfall, aber es senkt die Hürden.
borabora schrieb:Letzten Endes werden sie sowieso das denken, was sie wollen u. wie sie es für richtig halten, mein ich.
Es soll ja auch keinem vorgeschrieben werden, was man zu denken hat. Aber Sprache verändert die Wahrnehmung auf einen Sachverhalt. Ob Gendern dafür besonders geeignet ist, kann man vermutlich nur einigermaßen prognostizieren. Aber es kann schon dazu beitragen, gefühlte Normalitäten zu verschieben.
Der Preis dafür ist eine Äbderung in der Sprache. Das ist nicht garnichts - aber es ist auch keine riesen Ding. Ich mag Sprache, ich lese viel und ich erfreue mich an der Ästhetik der Sprache. Aber ich kann mir gendern gut vorstellen, da schmerzen mich grammatikalische und orthografische Verfehlungen in den Kommentaren, welche sich der Rettung der deutschen Sprache verschrieben haben, oft viel mehr. Nicht hier, aber schau Dir Kommentare an, in denen die Sprachverstümmelung gescholten wird und die selbst definitiv nicht den Eindruck erwecken, dem Verfasser oder der Verfasserin wäre das auch sonst wichtig.
Ich denke - nicht immer aber vermutlich in vielen Beispielen - ist das ein vorgeschobenes Argument.