Das Mädchen im Boot
13.06.2005 um 12:42"Wir alle sitzen im selben Boot" erinnerte sich das Mädchen einst ihre Mutter sagen. Die Erinnerungen jedoch waren verblasst - denn auch an ihr ist die Zeit nicht spurlos vorbeigegangen. Innerlich aber ist sie immer noch das kleine Mädchen von damals, in jener Zeit an die sie sich zurückerinnern versucht. Ihre Haare waren lang und blond und wehten auch jetzt noch im Wind der Strömung. Wenn man ihr nur tief genug in ihre grünen Augen sah, erkannte man das weite Meer dass sich im inneren ihrer Augen spiegelte.
"Wir alle nehmen unterschiedliche Wege - erreichen am Ende aber das gleiche Ziel" war auch so etwas, was ihre Mutter immer wieder zu ihr sagte. So richtig verstanden hatte sie es damals jedoch nie. Als die Mutter ihr "Ziel" erreichte, verstand sie es, wünschte sich aber, sie würde es nicht verstehen.
Und so kam es, dass sich das kleine Mädchen ihr eigenes Boot baute. Und sie
entschloss hinauszufahren auf das offene weite Meer - gespannt blickte sie dem entgegen was auf sie zukommen würde. Zu ihrem eigenen Erstaunen musste sie feststellen dass sie dort draußen viele weitere ihresgleichen fand, die sie auf ihrem Weg begleiteten. Es gab viele Menschen, die sie traf, doch nur mit einer Hand voll beschloss sie die gemeinsame Reise anzutreten. War es das was ihre Mutter meinte als sie sagte: "Wir alle sitzen im selben Boot"?
Doch die Stürme die sie durchsegeln mussten, machten ihr zu schaffen. Eines Tages kam es, dass zwei ihrer Gefährten zu schwach wurden um die Reise fortzusetzen. Als DER Sturm kam, gab es kein zurück. Erbarmungslos ergriff er die Schwachen und brachte sie an einen Ort an den niemand sie je wiedersehen würde.
Gezeichnet von der Reise dachte das Mädchen nach. Über sich, ihre Gefährten und dem Weg den sie ging. War es wirklich das Ziel aller das sie erreichen
wollte? Wohin führt dieser Weg den sie eingeschlagen hat? Es war ein Weg voller Schmerzen, Verluste, Streitigkeiten, Habgier und Eifersucht. War es wirklich das was sie wollte? Nein das war es nicht. Sie machte sich Gedanken über sich, die Liebe, Freundschaft und Familie. Letztendlich kam sie zu einem Entschluss.
Sie sagte zu ihren Freunden: "Ich werde meinen Weg ändern und gegen die Strömung fahren". Und da sagten ihre Freunde "Bist du verrückt? Nur die wenigsten tun das, und von denjenigen die es getan haben hat man nie mehr etwas gehört". Und sie sagte: "Ja aber woher wollt ihr wissen dass es nicht der richtige ist? Ihr habt selbst gesehn, dieser ist so voller Leid und Grausamkeit". Und da sagte eine Gefährting:"Tu was du willst, eines ist sicher - dieser Weg kostet dich mehr Kraft als unserer - und dass du die Ausdauer hast, eine solche
Anstrengung in Kauf zu nehmen, unsicher dessen was dich erwartet, bezweifle ich". Da sagte sie: "Ja ich weiß, aber ich werde es auf mich nehmen, denn ich kann so nicht weitergehen. Ich will keinen dazu zwingen mit mir zu gehen, aber ich würde es begrüßen".
Und so wartete sie auf eine Reaktion - vergeblich. "Alle so bequem" dachte sie sich, und verabschiedete sich ein letztes mal, bevor sie fuhr. Ganz alleine auf sich gestellt fuhr sie dahin, unwissend was ihr bevorstand. Gegen die Strömung war es anstrengender - das musste sie ohne Zweifel feststellen, trotzdem war sie zufrieden mit ihrer Entscheidung.
Eines Tages sah sie ein Boot in der Ferne. Von ihrer Einsamkeit getrieben, fuhr sie hin um zu sehen wer es steuerte. Ihre Neugier war größer als ihr Verstand. Es war ein Mann der da saß - offensichtlich erschöpft des Weges den er fuhr. Als er sie sah lachte er, oder versuchte es zumindest, war sein schmales Gesicht doch gezeichnet von seiner Reise. Er war etwa in ihrem Alter, was sie sehr erstaunte - denn seine Sorgenfalten waren unübersehbar. Sie unterhielten sich eine ganze weile und stellten fest, dass sie das gleiche Schicksaal ereilt hatte, dass sie die gleichen Gedanken hatten, und den gleichen Weg gingen.
So kam es dass sie zusammen dem Ungewissen entgegenfuhren. Irgendetwas, sie konnte es nicht erklären, zog sie wie magisch in seinen Bann. Ja sie musste sich sogar eingestehen dass sie verliebt war. Da sie ihn jedoch nicht verlieren wollte behielt sie es für sich. Im nachhinein, so dachte sie für sich selbst, hätte sie es ihm sagen sollen, ja sogar müssen. Denn eines Nachts, kam wie aus dem nichts während sie schliefen ein Wind auf. Ein Wind mit einer Stärke wie sie es noch nie vernommen hatte. Wie sie sich in ihrem Boot halten konnte weiß sie bis heute noch nicht. Aber er war zu schwach und der Wind trug ihn hinfort.
Also segelte Sie alleine weiter in trauer und erinnerte sich an damals - an eine Zeit der unbeschwertheit. Und sie wünschte sich zurück in diese Zeit. Jetzt, da ihre Gedanken sie in der Vergangenheit festhielten, sie in trauer und vorwürfen schwelgte, verlor sie das Ziel vor Augen. Ihr Gesicht war nun gezeichnet von einer anstrengenden Reise. Hatte sie sich falsch entschieden? Was wäre wenn? Ist es die Anstrengung noch wert? Nun lies sie sich vom Wind und von der Strömung gleiten. Kraftlos und erschöpft. Und sie erinnerte sich an ihre Mutter:
"Wir alle sitzen im selben Boot".
Lächerlich dachte sie und fuhr einsam und allein in ihrem eigenen Boot die Strecke namens "Leben" entlang. Es sitzt DOCH jeder in seinem eigenen Boot und vollendet seine eigene Reise, erkannte Sie. "Ich habe mein Ziel erreicht - der Weg ist zu Ende" hörte man sie zuletzt schreien, bevor der Wind ihre Stimme davon trug. Ein Reisender, der ihren Weg zuletzt gekreuzt hatte, sah ihr in die Augen. Doch was er darin sah war nicht das Meer. Es sah aus, als würde er in den Sternenhimmel blicken, doch es waren keine Sterne zu sehen.
Als er ihren Schrei in der Ferne hörte, begann er zu lächeln.
by Lowfiler
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Wie denkt ihr über diese Geschichte - ich hoffe sie gefällt euch? Ist es denn nicht wirklich so, dass jeder im Endeffekt seinen Lebensweg allein beschreitet?
"Wir alle nehmen unterschiedliche Wege - erreichen am Ende aber das gleiche Ziel" war auch so etwas, was ihre Mutter immer wieder zu ihr sagte. So richtig verstanden hatte sie es damals jedoch nie. Als die Mutter ihr "Ziel" erreichte, verstand sie es, wünschte sich aber, sie würde es nicht verstehen.
Und so kam es, dass sich das kleine Mädchen ihr eigenes Boot baute. Und sie
entschloss hinauszufahren auf das offene weite Meer - gespannt blickte sie dem entgegen was auf sie zukommen würde. Zu ihrem eigenen Erstaunen musste sie feststellen dass sie dort draußen viele weitere ihresgleichen fand, die sie auf ihrem Weg begleiteten. Es gab viele Menschen, die sie traf, doch nur mit einer Hand voll beschloss sie die gemeinsame Reise anzutreten. War es das was ihre Mutter meinte als sie sagte: "Wir alle sitzen im selben Boot"?
Doch die Stürme die sie durchsegeln mussten, machten ihr zu schaffen. Eines Tages kam es, dass zwei ihrer Gefährten zu schwach wurden um die Reise fortzusetzen. Als DER Sturm kam, gab es kein zurück. Erbarmungslos ergriff er die Schwachen und brachte sie an einen Ort an den niemand sie je wiedersehen würde.
Gezeichnet von der Reise dachte das Mädchen nach. Über sich, ihre Gefährten und dem Weg den sie ging. War es wirklich das Ziel aller das sie erreichen
wollte? Wohin führt dieser Weg den sie eingeschlagen hat? Es war ein Weg voller Schmerzen, Verluste, Streitigkeiten, Habgier und Eifersucht. War es wirklich das was sie wollte? Nein das war es nicht. Sie machte sich Gedanken über sich, die Liebe, Freundschaft und Familie. Letztendlich kam sie zu einem Entschluss.
Sie sagte zu ihren Freunden: "Ich werde meinen Weg ändern und gegen die Strömung fahren". Und da sagten ihre Freunde "Bist du verrückt? Nur die wenigsten tun das, und von denjenigen die es getan haben hat man nie mehr etwas gehört". Und sie sagte: "Ja aber woher wollt ihr wissen dass es nicht der richtige ist? Ihr habt selbst gesehn, dieser ist so voller Leid und Grausamkeit". Und da sagte eine Gefährting:"Tu was du willst, eines ist sicher - dieser Weg kostet dich mehr Kraft als unserer - und dass du die Ausdauer hast, eine solche
Anstrengung in Kauf zu nehmen, unsicher dessen was dich erwartet, bezweifle ich". Da sagte sie: "Ja ich weiß, aber ich werde es auf mich nehmen, denn ich kann so nicht weitergehen. Ich will keinen dazu zwingen mit mir zu gehen, aber ich würde es begrüßen".
Und so wartete sie auf eine Reaktion - vergeblich. "Alle so bequem" dachte sie sich, und verabschiedete sich ein letztes mal, bevor sie fuhr. Ganz alleine auf sich gestellt fuhr sie dahin, unwissend was ihr bevorstand. Gegen die Strömung war es anstrengender - das musste sie ohne Zweifel feststellen, trotzdem war sie zufrieden mit ihrer Entscheidung.
Eines Tages sah sie ein Boot in der Ferne. Von ihrer Einsamkeit getrieben, fuhr sie hin um zu sehen wer es steuerte. Ihre Neugier war größer als ihr Verstand. Es war ein Mann der da saß - offensichtlich erschöpft des Weges den er fuhr. Als er sie sah lachte er, oder versuchte es zumindest, war sein schmales Gesicht doch gezeichnet von seiner Reise. Er war etwa in ihrem Alter, was sie sehr erstaunte - denn seine Sorgenfalten waren unübersehbar. Sie unterhielten sich eine ganze weile und stellten fest, dass sie das gleiche Schicksaal ereilt hatte, dass sie die gleichen Gedanken hatten, und den gleichen Weg gingen.
So kam es dass sie zusammen dem Ungewissen entgegenfuhren. Irgendetwas, sie konnte es nicht erklären, zog sie wie magisch in seinen Bann. Ja sie musste sich sogar eingestehen dass sie verliebt war. Da sie ihn jedoch nicht verlieren wollte behielt sie es für sich. Im nachhinein, so dachte sie für sich selbst, hätte sie es ihm sagen sollen, ja sogar müssen. Denn eines Nachts, kam wie aus dem nichts während sie schliefen ein Wind auf. Ein Wind mit einer Stärke wie sie es noch nie vernommen hatte. Wie sie sich in ihrem Boot halten konnte weiß sie bis heute noch nicht. Aber er war zu schwach und der Wind trug ihn hinfort.
Also segelte Sie alleine weiter in trauer und erinnerte sich an damals - an eine Zeit der unbeschwertheit. Und sie wünschte sich zurück in diese Zeit. Jetzt, da ihre Gedanken sie in der Vergangenheit festhielten, sie in trauer und vorwürfen schwelgte, verlor sie das Ziel vor Augen. Ihr Gesicht war nun gezeichnet von einer anstrengenden Reise. Hatte sie sich falsch entschieden? Was wäre wenn? Ist es die Anstrengung noch wert? Nun lies sie sich vom Wind und von der Strömung gleiten. Kraftlos und erschöpft. Und sie erinnerte sich an ihre Mutter:
"Wir alle sitzen im selben Boot".
Lächerlich dachte sie und fuhr einsam und allein in ihrem eigenen Boot die Strecke namens "Leben" entlang. Es sitzt DOCH jeder in seinem eigenen Boot und vollendet seine eigene Reise, erkannte Sie. "Ich habe mein Ziel erreicht - der Weg ist zu Ende" hörte man sie zuletzt schreien, bevor der Wind ihre Stimme davon trug. Ein Reisender, der ihren Weg zuletzt gekreuzt hatte, sah ihr in die Augen. Doch was er darin sah war nicht das Meer. Es sah aus, als würde er in den Sternenhimmel blicken, doch es waren keine Sterne zu sehen.
Als er ihren Schrei in der Ferne hörte, begann er zu lächeln.
by Lowfiler
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Wie denkt ihr über diese Geschichte - ich hoffe sie gefällt euch? Ist es denn nicht wirklich so, dass jeder im Endeffekt seinen Lebensweg allein beschreitet?