Cachalot schrieb:Genau dafür gibt es in D und anderen westlichen Ländern die soziale Absicherung. Und dafür zahle ich gerne meine Abgaben. Damit Menschen die es Notwendig haben eine Unterstützung erfahren.
Aber das Problem ist ja genau, dass das nicht richtig passiert. Wenn hier gegen Arbeitslose gewettert wird, dann sind da all die Fälle, die ich aufgezählt habe, drin.
Und auch die werden sanktioniert, wenn sie was falsch machen. Auch die bekommen falsche bescheide. Auch bei denen sorgt bürokratie und teils wahllose und sinnlose kontrolle dafür, dass sie noch druck obendrauf bekommen.
Den warmen, trockenen Platz stellen wir nicht zur verfügung, bedingungslos, einfach weil es richtig ist und menschen ihn verdienen. Sondern wir knüpfen ihn an bedingungen. Oder auch einen Teil davon.
Schau mal, was wir machen:
https://www.welt.de/vermischtes/article818850/Hartz-IV-Empfaenger-stirbt-an-Unterernaehrung.htmlDer 20-Jährige war am Sonntag tot in seiner Wohnung in der Speyerer Innenstadt aufgefunden worden. Der Hartz-IV-Empfänger hatte mit seiner ebenfalls arbeitslosen Mutter in der Wohnung zusammengelebt. Bekannte der Mutter hatten die Polizei alarmiert. Nach dem Ergebnis der Obduktion war der junge Mann verhungert. In ersten Vernehmungen gab die 48-Jährige an, sie und ihr Sohn hätten aus Geldmangel seit längerer Zeit keine Lebensmittel mehr kaufen können.
Nach Angaben der Stadt waren die Betroffenen bis Ende 2004 vom sozialen Dienst der Stadt betreut worden. Nach In-Kraft-Treten der Hartz-IV-Gesetze sei die neu geschaffenen Gesellschaft für Arbeitsmarktintegration (GfA) mit Sitz in Ludwigshafen für Mutter und Sohn zuständig. Die GfA habe sich um Mutter und Sohn sehr bemüht. So sei der 48-Jährigen unter anderem ein Ein-Euro-Job vermittelt worden. Der Sohn dagegen habe sämtliche Angebote ausgeschlagen. Ab Oktober 2006 hätten die Betroffenen neue Anträge auf Gewährung von Arbeitslosengeld II stellen müssen. Entsprechende Anträge seien aber trotz mehrerer Anschreiben der Behörden nie eingegangen.
Und jetzt kann man 5 mal sagen "wieso, der hat keinen Antrag gestellt und sich quergestellt". Ja, hat er nicht, soll er deshalb verhungern?
Von den Leuten die ich aufgezählt habe bekommen es viele nicht hin, sowas wie Anträge zu stellen, oder reagieren mit vermeidungshaltung bei Druck. Weil sie nicht mehr können. Weil sie z.b. drogenabhängig sind, weil sie psychische probleme haben, weil sie angststörungen haben, weil sie vielleicht bereits obdachlos sind, weil sie vielleicht kein deutsch sprechen und nicht verstehen, wie das geht.
Und diese Leute sortieren wir mit jeder weiteren Hürde, die wir aufstellen, aus. Wir enthalten ihnen leistungen vor, die ihnen zustehen (stichwort bildungsgutschein für nachhilfe), wir kicken einige aus dem alg2 system raus und wir bauen Druck auf, der sie krank macht bzw. noch kränker macht.
Jedes Mal wenn wegen angeblich faulen arbeitslosen irgendwelche neuen hürden aufgebaut werden, neue Nachweise gefordert werden, neue sanktionen bemüht werden, leiden da nicht die echten betrüger drunter. Die umgehen das, relativ einfach. Darunter leiden die, die schon so fertig sind, dass es ihnen sogar schwer fällt, die post aufzumachen, rauszugehen oder überhaupt am Leben teilzunehmen. Das muss einem klar sein, wenn man über dieses Thema spricht.
Cachalot schrieb:Die Startchancen sind extrem unterschiedlich und willkürlich verteilt. Von der Natur bekommst du Gene, Veranlagungen etc. mit. Intelligenz, handwerkliches Geschick, soziale Kompetenzen, Gesundheit und vieles mehr. Manche haben Glück mit dem was sie erhalten, manche Pech. Kann man ungerecht nennen ist halt so. Evolution lässt grüßen.
Dazu kommen das Land, die Region, die Eltern die du hast. Alles Faktoren die das Leben massiv beeinflussen und auf die du genau Null Einfluss hast. Ungerecht? Klar. Zu ändern? Nur bedingt.
Zum einen durch einen selber. Versuchen das Beste aus dem zu machen was man in die Wiege gelegt bekommen hat.
Und die Gesellschaft kann versuchen allen eine möglichst gleichwertige Chance zu bieten.
Aber Gerecht ist das alles nicht. Und doch müssen alle damit leben.
Daran ist eine ganze Menge zu ändern. Denn momentan tut die Gesellschaft eher so einiges, damit die Startchancen sich nciht angleichen. Und damit müssenw ir nicht leben, das können wir beheben.
Wir müssen nicht dafür sorgen, dass kinder von hartz 4 Empfängern schlechtere Chancen in der Schule haben. Das machen wir aber leider. Um mal nur ein Beispiel zu nennen. Wir könnten eine Kindergrundsicherung machen und z.b. dafür sorgen, dass Eltern genug Geld für Nachhilfe haben, für gesunde ernährung, für soziale Teilhabe und so weiter.
Es hat nichts mti "reales leben" zu tun, dass wir menschengemachte (und von menschen behebbare) ungleichheit und ungerechtigkeit einfach hinnehmen.