Ist ja toll, wenn alle hier so viel Feingefühl besitzen, so vorurteilsfrei sind und so unvoreingenommen und interessiert an Menschen. Ehrlich.
Ich erlebe aber in meinem Alltag im Handwerk oft genug, dass es eine ganze Menge Menschen gibt, die genau das Gegenteil sind.
Da wird vom Namen auf den Geschmack geschlossen: "Frau Ücüncü? Ich dachte, die möchten sowas gar nicht!" - Klar hat eine Frau mit türkischem Namen einen ganz bestimmten Geschmack!
Und es gab in den Artikeln genug Beispiele, wo jemand sofort, noch vor jeder anderen persönlichen Frage, nach der Herkunft fragt (also eindeutig auf die Hautfarbe bezogen), und sich auch nicht mit einem "aus Deutschland" zufrieden gibt.
Ich hatte mehrere Jahre einen schwarzen Freund (auf den traf das zumindest nach dem Urlaub auch wörtlich zu). Der war mit mir in der Karibik, auf Trinidad, wo es Menschen aller Hautfarben und von allen Kontinenten gibt, in allen Mischungen. Nach drei Tagen war er total begeistert und wäre gerne ausgewandert: Der erste Ort, wo sich niemand dafür interessierte, welche Farbe Du hast. Höchstens waren sie mir, der Weißen gegenüber, ein bisschen mitleidig. "You must go to the beaches!" ... hol Dir ein bisschen Farbe, Mädchen.
Ich hatte aber auch nicht das Gefühl, dass weiß und blond sein besonders attraktiv oder exotisch wäre. Erst recht nicht fremd und einschüchternd, wie ich es in Indien erlebt hatte.
Dort wurde mein Freund allerdings immer auf Anhieb als Amerikaner erkannt ... als er sich wunderte, machte ich ihn darauf aufmerksam, dass sonst niemand in Shorts und Hawaiihemd mit Strohhut herumläuft.
:D Das empfand er aber auch nicht als Diskriminierung.
Die beiden Kinder meines Freundes können allerdings Lieder davon singen, wie sie immer und immer wieder erklären müssen, woher sie ihre Hautfarbe haben.
Und zwar auch Wildfremden, die es überhaupt nichts angeht.
Und ich habe erlebt, welchen Unterschied es macht, mit einem weißen oder schwarzen Freund die Straße entlang zu gehen ... ob auf dem Dorf, oder in Berlin.
Vieles muss gar nicht gesagt werden. Das ist in den Blicken ("Aha! Die Blondine mit dem Neger! Hat der einen großen ...! Braucht der eine Doofe, die ihm eine Aufenthaltsgenehmigung verschafft! Ein Urlaubsflirt! (...)".
Ich war anfangs ziemlich schockiert, denn das hätte ich mir nicht vorstellen können, in einer Großstadt wie Berlin. Und man muss es am eigenen Leibe erfahren, sonst kann man es nicht nachvollziehen, wie ätzend das ist.
Und jetzt, wo wir längst nicht mehr zusammen (aber noch sehr gute Freunde) sind, kommen immer noch Fragen aus dem entfernteren Freundes- und Bekanntenkreis, warum ich denn mit ihm zusammen gewesen wäre. Und es läuft immer darauf hinaus: War es der Sex??? Idiotisch. Zum Fremdschämen.
"Anlass zu interessanten Gesprächen" ... ja, sicher. Aber eben auch oft genug Anlass, sich über die Voreingenommenheit jener anderen zu ärgern, die nur ihre Vorurteile bestätigt sehen wollen.
@insideman Wenn jemand in einer Tracht auftritt, die ihn als Angehörigen einer Kultur und Religion identifiziert, dann ist eine Frage nach der Herkunft (zwar Zeichen für Unwissenheit, aber) keine Diskriminierung. Er möchte sich ja ganz bewusst abheben und z.B. auch seinen gesellschaftlichen Stand darstellen, sonst würde er sich angepasst kleiden.
Fragt man aber
nur aufgrund der Hautfarbe, die sich jemand nicht selbst wählt, dann
kann das, je nach Gesprächssituation, diskriminierend sein.
Klar genug?