Weil es heute in der Früh zwischenzeitlich wieder um die Grundsatzfrage nach Sörings Schuld oder Unschuld ging: wir sollten aufpassen, nicht Sörings Vorstellung von Schuld zu übernehmen. Die zeigt sich meines Erachtens darin, wie er darauf rumreitet, Elizabeth hätte ja kurzfristig die Tat gestanden. Und er hätte die Tat widerrufen.
Darum geht es aber nicht.
Elizabeth hat ja gestanden. Und zwar das, was Söring auch im Prozess eingeräumt hat: "unwissentlich" für ein Mord-Alibi gesorgt zu haben. Das war Elizabeths Geständnis, worauf sie angeklagt und nach Virginia ausgeliefert wurde. Das hätte man bei Söring auch machen können.
Kurz vor ihrem Prozess hat Elizabeth dann einen Deal gemacht, weil sie sich weitmöglichst von der Tat distanzieren wollte. Da das im Strafmaß keinen Unterschied machte, ging die Anklage drauf ein. Auch Söring versuchte im Prozess dieselbe Strategie der Distanzierung: Mein Name ist Hase, ich wusste von nichts.
Sörings Vorstellung von Schuld (die sich allein am Akt des Tötens festmacht) führt also in die Irre, dennoch kann sie ihm helfen.
Denn es ist gut möglich, dass die Fixierung der Anklage darauf, er wäre am Tatort gewesen, Sörings Chance sein wird, doch noch freizukommen. In dem Moment, wo sich durch neue Erkenntnisse die Spurenlage zu seinen Gunsten ändert, kann er möglicherweise darauf hoffen, freigelassen zu werden.
Deswegen ist er meiner Meinung nach laut und umtriebig. Deswegen sagt Elizabeth nichts - bei ihr werden auch neue Erkenntnisse nichts an ihrer Lage ändern können. Mit Demut und Reue muss das nicht unbedingt was zu tun haben.
Das wäre die bittere Ironie in diesem verdrehten Fall: dass die, die ihn unbedingt als brutal zustechenden Doppelmörder sehen wollten, Söring in die Hände spielen, in seinen Bemühungen, vorzeitig entlassen zu werden.
Der Sockenabdruck, die Blutspuren, all die halbgaren Indizien, die ihn mit dem Tatort in Verbindung bringen sollen - das sind Nebenschauplätze, die die Anklage geschaffen hat, und auf denen Söring nun seine Gefechte austragen und punkten kann.
Inspiriert von folgendem Beitrag von
@MisuteriMisuteri schrieb am 11.07.2017:Also: ist er als Einzeltäter verurteilt worden oder allgemein als "Täter / Helfer im Haysom-Fall"?
Müsste er trotzdem weiter im Gefängnis bleiben, weil man sagt, er war ja irgendwie dabei (auch wenn er z.B. nicht zugestochen hat oder nur allgemein geholfen hat)?
Oder käme er frei, weil die Tat anders ablief als im Prozess gesagt (obwohl er evtl. dabei war oder geholfen hat)?