Der Mensch Jens Söring
30.03.2022 um 14:20dwt schrieb:Das hat nicht zwingend mit Naivität zu tun @higan7 hat es gut erklärt
Danke, @dwt , für deine Verteidigung der Unterstützer von J.S. . Vielleicht hat es auch mit Naivität zu tun,
wie @ElvisP schrieb, aber es ist auch schwer, zu leben, wenn man gar nichts mehr hat, an das man naiv glauben darf. Die Welt ist völlig undurchschaubar. Man hat einfach den Wunsch, etwas glauben zu können.
Es soll von dieser Undurchschaubarkeit der Welt auch herkommen, daß viele Menschen Verschwörungstheorien anhängen.
Außerdem hat es in den USA wirklich den Fall von Debra Milke gegeben, die ja heute eindeutig unschuldig
gesprochen worden ist. Sie soll nur aufgrund der Aussage eines Polizisten, ohne Tonbandaufzeichnung, verurteilt worden sein. Wie das US-amerikanische Justizsystem nun wirklich ist, ob abgrundtief schlecht oder doch im Grunde in Ordnung, konnte ich persönlich nicht wissen. Zumindestens in dem einen Fall von
D.Milke scheint es nicht gut funktioniert zu haben. Dass J.S. jahrelang Lügen über das US-Justizsystem verbreitet hat, hat diesem dann tatsächlich Schaden zugefügt, indem sein Ruf so sehr verschlechtert wurde.
Allerdings : warum sagen auch Leute wie John Grisham, der Anwalt ist, das Justizsystem sei so kaputt ?
Und im Podcast wurde am Anfang gesagt, Personen wie J.Grisham und andere, auch die Anwälte von J.S.,
hätten J.S. im Grunde deshalb unterstützt, weil sie gegen das Justizsystem protestieren wollten. Das erscheint mir dann aber doch sehr unüberzeugend. Warum einen einzelnen Verurteilten unterstützen, ohne
sich genau eine Übersicht zu verschaffen, ob er unschuldig ist, nur um gegen das Justizsystem zu protestieren ? Herr Hammel sagt, das US-Justizsystem ist nicht so schlecht, und J.S. hat einen fairen Prozess gehabt. Gut, das mag so sein. Aber wie sollte ich in der Lage sein, das beurteilen zu können.
Annabel H. hat im Podcast auch gesagt, daß fast niemand das ganze Material zur Einsicht gehabt hat. Sie
fragte sich auch, ob z.B. Journalisten, auch wenn sie das ganze Material zur Einsicht gehabt hätten, die
Bedeutung dieser Schriftstücke überhaupt hätten verstehen können.
Das glaube ich nicht, daß so viel verschriftlicht war. Die Anwälte, ja die hätten Zugriff auf die ProzessaktenElvisP schrieb:Es war auch vieles verschriftlicht.
haben müssen. Aber die anderen Unterstützer, auch der Freundeskreis, nicht, so weit ich weiß. Bücher gab
es zum Thema sonst keine, außer dem Buch von Eglade, das für Unterstützer sowieso in den Giftschrank
gehörte. Dann gab es noch ein juristisches Buch über den Fall Söring, was sich auch kein Nichtjurist einfach
mal kauft und liest.
Ich selbst habe auch wirklich eine Menge davon gelernt, daß ich die Version von J.S. geglaubt habe, also
sozusagen auf ihn hereingefallen bin. Zum Beispiel, daß man ein Narrativ, wenn man es einmal glaubt, nicht mehr so leicht in Frage stellt. Daß man Ungereimtheiten glättet und sie nicht mehr wahrnimmt. Man braucht wahrscheinlich auch andere Menschen, mit denen man sich darüber unterhalten kann. Aber das ist nicht immer einfach, weil nicht viele Menschen an derselben Sache Interesse haben. Und weil man sich wahrscheinlich eher die Menschen zum Austausch aussucht, die die Meinung haben, die man selber favoriert. Deswegen finde ich dieses Forum eine gute Gelegenheit, sich auszutauschen.
