blorgempire schrieb am 31.01.2022:Wobei: Wie man am Brief an Heusgen erkennen kann, lief im Hintergrund sehr viel politisches Engagement für seine Freilassung. Wahrscheinlich hat ihn deshalb auch Virginia freigelassen: Man war genervt, dass ständig Politiker (sogar die Bundeskanzlerin?) und Journalisten den "Fall Söring" ansprechen wollten.
Politisches Engagement gab es im Hintergrund für J.S., ja. Auch hat J.S. selbst darauf gehofft, daß Virginia
irgendwann so genervt ist, daß es ihn freiläßt, aus meiner Sicht damals aber völlig verständlicherweise.
Wie ja aus dem Brief an Dr.Heusgen hervorgeht, handelte es sich damals um einen zweiten von der Bundes-
republik gestellten Antrag auf Haftüberstellung. Weil der damalige Gouverneur McAuliffe diesen abgelehnt hatte und im Vorfeld die Chance verpaßt worden war, daß der damalige Botschafter in Washington, Dr.Wittig,
einmal mit dem Gouverneur spricht in S.'s Interesse, war J.S. sehr enttäuscht und hat dann diesen Brief geschrieben. Diesen fand ich eigentlich auch zu agressiv, habe aber bei der darauf folgenden Briefwelle an Dr.Heusgen dennoch mitgemacht. Ich hatte auch Verständnis für J.S. und Mitgefühl für ihn in seiner Situation.
Ich bin aber weiterhin der Meinung, daß das Engagement einiger deutscher Diplomaten für J.S.
gut war und rechne es dem damaligen Botschafter hoch an, daß er dann doch noch in der darauffolgenden Parole-Ausschuss-Sitzung sich für J.S. persönlich eingesetzt hat. Es haben eben all diese Personen nur die Informationen gehabt, die sie hatten.
Der jetzt folgende zweite Absatz bezieht sich auf das Zitat, was unten unter dem Text steht, es ist aus Versehen nach unten gerutscht.
Das mag jetzt, wenn man annimmt, daß J.S. schuldig sei, so aussehen. Damals sah es aber aus der Sicht der Unterstützer von J.S. anders herum aus.
Aus der Sicht der Virginianer sah es sowieso so aus, daß man J.S. nicht überstellen sollte, das ist klar. Aus "unserer" deutschen Sicht sieht es tatsächlich anders aus, wenn wir mal davon ausgehen, daß wir das nicht
bejahen, daß jemand wirklich lebenslänglich im Gefängnis bleiben muß. Natürlich geht es eigentlich nicht, daß das Justizsystem anderer Länder durch die Bemühungen der Bundesrepublik, verurteilte Straftäter nach
Dtld. überstellen zu lassen, ausgehebelt oder unterlaufen wird. Aber solche Bemühungen könnten in humanitär begründbaren Fällen mal gerechtfertigt sein, meine ich. Es sind fast alle in J.S.' Fall davon ausgegangen, daß er ein Justizopfer sei. Vielleicht seine Anwälte in Bonn, von denen einer an dem juristischen Verfahren in England teilgenommen hat und es besser wissen konnte, nicht. Ich war durchaus
auch von einem "Bias" beeinflusst. Jemand, der sympathisch ist und auftritt, in meinen Augen jedenfalls, der Zugang zu Bildung hat, der kann doch so etwas nicht tun.
Ich habe mich auch im November 2019, als die Haftentlassung J.S.' und E.H.' bekannt wurde, darüber gefreut, daß
beide nun entlassen werden würden, auch ohne daß J.S. eine Unschuldserklärung bekam, auch wenn ich ihn damals noch für unschuldig gehalten habe. Wenn es so gekommen wäre, daß nur J.S. freigekommen wäre und sie nicht, hätte ich das auch nicht so schlimm gefunden, weil er eben Glück gehabt hätte, weil die Bundesregierung so etwas für ihn tat und sie eben nicht. Völlige Gerechtigkeit auf dieser Welt kann man nicht bewirken, aber man kann dem einen oder anderen ja vielleicht helfen. Außerdem, so herum, daß ihn dann die größere Schuld treffen würde als sie, hatte ich das nicht gesehen, da ich ihn für nicht schuldig hielt.
Ich stehe auch heute völlig zu meinem damaligen Engagement und es hat mir viel gebracht. Aber ich habe
daraus die Erfahrung gewonnen, daß doch nicht alles so ist, wie es erscheint und daß man gar nicht weiß, wem man eigentlich glauben kann und wem nicht.
Darüber, daß ich es nicht verstehen kann, wie J.S. heute seine Unschuld weiterhin behaupten kann und wie
z.B. K.Steinberger und M.Vetter seine Unschuldstheorie weiterhin vertreten können, ohne sich überhaupt mit dem, was A.Hammel sagt, auseinanderzusetzen, bin ich derselben Meinung wie ihr. Ich bin wirklich mal gespannt darauf, was das ehemalige Mitglied des Unterstützungskreises im Podcast dazu sagen wird.
blorgempire schrieb am 30.01.2022:@higan7
Danke nochmal für die Hintergründe zu 2010.
Eigentlich ist aber doch klar, dass dies Virginia nicht hätte machen können. Denn dann wäre ja der verurteilte Mörder 2012 freigekommen, die Anstifterin aber weiterin zig Jahre hinter Gitter geblieben.
Ich denke, es war richtig, dass beide exakt dieselbe Zeit im Kittchen verbrachten.