JosephConrad schrieb:Wenn das vom Tathergang möglich ist, so glaube ich stark daran, dass beide die Tat gemeinsam begangen haben. Warum sollte Herr Söring allein einen Kampf auf Leben und Tod mit dem Vater von EH führen, ihn dann fast köpfen und danach dann ähnliches mit der Mutter machen, wenn er ganz allein in der Wohnung ist? Was für ein Stress. Gemeinsam mach das mMn. schon mehr Sinn: EH hat mit Hand angelegt und die starken Verstümmelungen aus Hass begangen. Sie hat ihn dabei bestärkt. JS hat zunächst alles auf sich genommen. Im Nachgang hat sie für das Bestialische aber keine Verantwortung mehr übernehmen- und sich die Hände nicht schmutzig gemacht haben wollen. Er merkte, dass sie ihn ausnutzte, ist zutiefst enttäuscht und schaltete dann in den "ich bin unschuldig" Modus. Schließlich stand er ja mit leeren Händen da, während sie ihr Ziel erreicht hatte. Über die Jahre im Gefängnis hat dann jeder seine Version verinnerlicht.
Ich halte ihn zwar - was sein Motiv betrifft - für durchaus fähig für die Verstümmelungen. Aber ganz ausschließen kann man deine Variante nicht, weil sie einige Löcher erklären würde. Auch wenn ich sie - dazu weiter unten - für extem unwahrscheinlich halte.
Der Tathergang wäre dann so gewesen:
- Beide kaufen zusammen die Kinotickets (im Irrglauben, dies würde als Alibi reichen), fahren dann mit Mordabsicht los, können sich leicht Zutritt zum Haus verschaffen.
- Mord ist leichter durchzuführen: sie lenkt kurz die Mutter ab, er startet den Überaschungsangriff.
- Im Kampf hält sich E.H. raus oder ist nur so leicht involviert, dass sie nicht verletzt wird.
- Verstümmelungen beide oder einer, evtl. auch auf Kommandos des anderen
- danach Taktikbesprechung: sie wissen, dass er Blut verloren hat, also eh dran glauben wird, falls sie verdächtigt werden
- Fokus liegt dann also darauf, ihre Anwesenheit zu verschleiern. Von DNA-Spuren wissen sie damals noch nichts. Bei der forensischen Untersuchung 2009 sind sowohl DNA-Spuren von J.S. wie auch von E.H. nicht mehr zu gebrauchen oder nachzuweisen.
- Als die Versuche scheitern, andere Menschen als Verdächtige in den Vordergrund zu schrieben, fliehen beide.
- Ihre Verabredung ist, dass er die Schuld ganz auf sich nimmt. Dazu müsste sie dann aber schweigen. Er wiederum darf sie nicht als Anstifterin belasten, er muss sie ganz draußen halten.
- Verhaftung in London: Er verplappert sich und belastet sie beim Geständnis als Mitwisserin vor der Tat. Das geben W. & Beever & Gardner natürlich brühwarm in die Zelle von E.H, weiter. Die hatte bislang geschwiegen - als sie das aber hört, muss sie Angst haben, dass er auch ihre Anwesenheit und direkte Tatbeteiligung gesteht (also auch, dass sie die Verstümmelungen anrichtete oder ihn dazu mit Anweisungen dirigierte).
- Sie übernimmt deshalb völlig die Rolle der Anstifterin.
- Er versucht nur, den aktiven Part an den Verstümmelungen abzuschütteln - mit der Massie-Voodo-Story, die ihn wegen den Briefen aber nur noch mehr belasten.
- Kehrtwende bei seiner Verhandlung: Er ist sauer, weil sie nicht auch gestanden hat, und schiebt nun alles auf sie. Funktioniert aber nicht ... er kann sich nun entscheiden, ob er sagt, dass beide dort waren, oder bei seiner Story "Sie war es! Ich bin unschuldig!" bleibt. Er entscheidet sich für Weg 2 und muss bis heute die Variante anpassen, weil er die eigentliche Wahrheit nicht sagen kann bzw. will.
Ja, das wäre denkbar. Aber es spricht eben einiges auch dagegen:
- Das Außenlicht brannte, weil Söring den Schalter nicht fand. Wäre sie dabei gewesen, hätte sie es gewusst. Die Spurensicherung bei einem Mord verschlechtert sich, je länger Zeit verstreicht, bis die Leichen gefunden werden.
- Nicht einmal er bestätigt diese These.
- Er gesteht weiter munter mehrmals, der Alleintäter gewesen zu sein (auch als sie schon verurteilt wurde), anstatt auch sie als direkte Mittäterin zu belasten.
- Sie kann im Kampf nicht beteiligt gewesen sein - oder wenn, dann nur so leicht, dass sie eben keine Verletzungen erlitt. Wie soll das möglich sein?
Und warum diese Version auch nicht nachvollziehen kann, ist die Grundannahme von
@JosephConrad: J.S. wäre nicht dazu fähig gewesen, die Verstümmelungen anzurichten. Zu stressig? Also, bei dem Stress eines Mords ist das Stresslevel doch eh so hoch. Es kann auch Jähzorn nach der Tat gewesen sein und, wie die Briefe nahelegen, auch ein sexuelles Motiv vorliegen. Und er hatte eben auch ein Motiv: ein von ihr übertragener Hass, den sie manpulativ in ihm nährte.
Ich finde es eben nicht nachvollziehbar, warum er so unbedingt als "unfähig" angesehen wird, die Verstümmelungen angerichtet zu haben. Ich glaube, beide wären dazu psychisch in der Lage gewesen. Was aber stimmt: ein Mord zu zweit würde sicherlich auch mehr "entfesseln" und gegenseitige Ermutigung auch für solche Leichenschändung entfachen. "Our little nasty", so hat J.S. das immer beschrieben (was ich übrigens eine sehr zynische Umschreibung finde und wieder ein Zeichen dafür ist, dass er sehr wohl in der Lage gewesen wäre, solche Leichenzurichtung anzustellen.)