Der Mensch Jens Söring
16.12.2019 um 08:19Jamegumb schrieb:Das wird in Amerika nicht viel anders sein.Na ja, ich will es mal so sagen: die meisten Mediziner, die ich kenne, haben schon immer angestrebt, einmal niedergelassener Arzt zu werden, das heisst selbstständig zu sein. Ärzte in Institutionen wie Gefängnissen sind aber Angestellte oder Beamte.
Das hat, wie man weiss, Vorteile und Nachteile. Der niedergelassene Arzt muss auch Unternehmer sein, er trägt unternehmerisches Risiko, er hat kein garantiertes Einkommen. Aber er ist in seiner Arbeit sehr flexibel.
Der angestellte Arzt hat ein festes Einkommen, braucht keine Angst haben, nicht genug Patienten zu finden, welche die teure Praxiseinrichtung finanzieren werden usw.
Das ist bei Juristen ja nicht anders. Ich habe lange für den Staat gearbeitet, war Beamter, und viele meiner Freunde haben nicht verstanden, dass ich diese Absicherung aufgegeben habe. Ich aber habe nie bereut, selbstständiger Anwalt geworden zu sein, ich liebe es, mein eigener Boss zu sein und die damit einhergehende Flexibilität.
Aber ich kann mir schon vorstellen, dass die besten Ärzte eher die Niederlassung anstreben als eine Stelle als Gefängnisarzt, und das kann dann eben schon mal Auswirkungen auf die Qualität der Versorgung im Gefängnis haben. Allerdings will ich da ganz vorsichtig sein. Ich kenne hervorragende Staatsanwälte und Pflichtverteidiger, die es sicherlich selbstständig auch schaffen würde, eine gute Existenz zu haben, und sich dennoch dagegen entschieden haben. Pauschal kann man da nichts sagen.
@calligraphie
Zum Gefängnisessen. Freilich, wer Drei-Sterne Menüs erwartet, der muss schon das Glück haben in Hessen in die JVA Schwalmstadt zu kommen. Ich habe damals als Mitarbeiter beim Justizministerium oft dienstliche Sitzungen in der JVA gehabt, weil man dann ein hervorragendes Essen kostenlos bekam. Der Grund: die JVA betreibt eine Lehrküche, in der Gefangene die Ausbildung zum Koch machen können. Das Essen ist das beste Gefängnisessen, das ich je gesehen habe :)
Im normalen "Knast" ist das sicher nicht so. Ich will das Essen mal als Kantinenessen mittlerer Qualität bezeichnen, hier in den USA und in Deutschland. Langweilig, da sich der Speiseplan ständig wiederholt, langweilig, da es jedem schmecken soll und daher meist extrem lasch gewürzt ist und keine Experimente gemacht werden. Jeden 5. Tag Hamburger, ein Steak höchstens mal an Weihnachten. Es gibt eine mittelgrosse Portion, an der niemand verhungern kann, es gibt drei Mahlzeiten am Tag. Damit kann man leben, aber nicht von schwärmen. Es gibt Richtlinien, wievie Kalorien und wieviele Nährwerte das Essen haben muss. Und es gibt nicht sonderlich begabte Köche, die dann alles zusammenpappen und vielleicht auch mal versalzen.
So ist es nun mal. Der gerne kolportierte Ausreisser des Sheriffs Arpaio in Arizona war allerdings ein solcher, da gab es alles jeden Tag als einen undefinierbaren Eintopf zusammengepanscht, und möglichst billig. Der gute Mann ist aber in Pension und sein berüchtigtes Essen gibt es nicht mehr.
Dann hat jeder Gefangene die Möglichkeit sich im Gefängnisladen Essen zu kaufen, das er auf der Zelle selbst zubereiten kann. Maccaroni-cheese genauso wie Instant-suppen oder sonst was. Das tun auch erstaunlich viele, obwohl Gefangene ja nicht sonderlich viel Geld haben. Man kann sogar Gummibären kaufen - ohne die ich keinen Gefängnisaufenthalt überleben würde.
Verhungern muss keiner, und wenn man sich mal die diversen Youtube Videos anschaut, die es über Gefängnisse gibt, wird auch keiner einen Insassen dort entdecken, der ausgehungert ausschaut. Dass es nicht sonderlich gesund ist, jeden Tag nur Hamburger mit Pommes zu essen oder so, ist ein anderes Thema. Aber auch in einer typischen deutschen Studentenmensa waren die Schlangen zu meiner Zeit am längsten, wenn es Schnitzel mit Pommes gab. :)
Knast ist kein Ponyhof und auch kein *** Hotel. Das ist nun mal so.